4. November 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Immer neue Coups aus Athen versetzen die Kapitalmärkte in dieser Woche in helle Aufregung. Am Dienstag ließ die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Papandreou, eine Volksabstimmung zum Sparpaket abzuhalten, die Wellen hoch schlagen. „Die Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung nach den Gipfel-Beschlüssen war schnell wieder weg“, kommentiert Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. „Sicherheit war gesucht, Bundesanleihen gingen durch die Decke“, berichtet ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Gleichzeitig hätten Risikoaufschläge für zehnjährige italienische Staatsanleihen mit 6,4 Prozent neue Höchststände erreicht: „Bei 7 Prozent soll der Punkt erreicht sein, an dem ein Land seine Refinanzierung nicht mehr schultern kann.“ Die höchsten Sätze seit 2008 wurden zum Teil bei Neuemissionen Spaniens gemessen.
EZB überrascht mit Zinssenkung
Am gestrigen Donnerstag machte Papandreou dann allerdings einen Rückzieher und ließ seinen Referendumsplan fallen, der Markt beruhigte sich etwas. „Das Risiko eines unkontrollierten Defaults und Austritts Griechenlands aus dem Euro ist damit stark gesunken“, meint die HSH Nordbank. In der Nacht zum Samstag will sich Papandreou nun einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen, bei Zustimmung soll eine Übergangsregierung zusammengestellt werden, die die Umsetzung der Sparmaßnahmen in die Wege leiten müsste.
Doch nicht nur Politiker hielten die Märkte in Atem, auch Geldpolitiker taten das Ihrige: Auf der ersten EZB-Ratssitzung mit dem neuen Präsidenten Mario Draghi wurde der Leitzins für die Eurozone überraschend um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent gesenkt. Damit hatten die meisten Analysten aufgrund der immer noch erhöhten Inflation nicht gerechnet.
Der richtungsweisende Euro-Bund-Future kletterte in den vergangenen Tagen über 138 Punkte und bewegte sich damit wieder auf sein historisches Hoch zu, heute notiert er bei 136,73 und damit immer noch deutlich über dem Niveau von vor einer Woche bei 133,74 Prozent. Die Renditen für 10-jährige Bundesanleihen liegen mit aktuell 1,924 wieder weit unterhalb von 2 Prozent.
Erneut Einbruch bei griechischen Staatsanleihen
Daniel
Gut ablesen lassen sich die politischen Turbulenzen an der Entwicklung von Griechenland-Papieren. „Die bis März 2012 laufende Anleihe wurde vergangene Woche zu 62 Prozent gehandelt, gestern waren es, bei hohen Umsätzen, nur noch 40 Prozent“, berichtet Gregor Daniel (WKN A0T6US). Aktuell notiert der Bond bei 46 Prozent. Auch andere griechische Staatsanleihen (WKN A0LN5U, A0G4X8) knickten abermals ein. „Anleger können den Politikern keinen Glauben mehr schenken“, kritisiert der Händler.
Hoher Zins versüßt Air Berlin-Anleihe
Je nach Nachrichtenlage wurde bei Unternehmensanleihen mal das Solide gesucht, mal griffen Anleger wieder zu Riskanterem, alles in allem bleiben sie aber zurückhaltend. Den Querelen zum Trotz wagte sich Air Berlin mit einer Neuemission (WKN AB100C) an den Markt. „Die Nachfrage war gut“, meldet Daniel. Allerdings kommt die dreijährige Anleihe der Fluggesellschaft extrem teuer zu stehen: Der Kupon beträgt 11,5 Prozent. Vor einem Jahr hatte sich Air Berlin mit einer bis 2015 laufenden Anleihe zu 8,50 Prozent Geld besorgt (WKN AB100A), im April dieses Jahres mit einem bis 2018 laufenden Papier zu 8,25 (WKN AB100B). Beide haben in den vergangenen Monaten stark im Kurs verloren, auch wenn es zuletzt etwas aufwärts ging. Insgesamt reagieren hoch verzinsliche Anleihen weiter empfindlich auf Tickermeldungen. „Die Umsätze sind aber nicht mehr groß“, erklärt Rainer Petz von Close Brothers Seydler. Wer verkaufen wollte, habe das bereits getan.
Bastei Lübbe trifft den Geschmack
Petz
Die Ende Oktober emittierte Anleihe des Verlags Bastei Lübbe (WKN: A1K016) mit einem jährlichen Zinssatz von 6,75 Prozent sowie einer Laufzeit von fünf Jahren konnte im Übrigen voll platziert werden, was angesichts der momentanen Unsicherheiten am Kapitalmarkt als großer Erfolg gewertet wird. „Wir sehen auch schöne Umsätze“, meldet Petz, aktuell werde Bastei Lübbe mit 100 zu 100,10 Prozent gehandelt. „Gerade bei Privatanlegern ist die Anleihe gut angekommen“, erklärt der Händler und verweist auf die Stückelung von 1.000 Euro. Der Verlag hat Bestseller-Autoren wie Dan Brown („Das Sakrileg“) und Ken Follett („Die Säulen der Erde“) im Programm.
Norwegische Krone überzeugt weiter
Unterdessen suchen Anleger weiter nach Alternativen zum Euro. „Papiere in norwegischen Kronen sind gefragt“, meldet der Hellwig-Händler. Rege Umsätze würden etwa mit einer BMW-Anleihe in der nordischen Währung (WKN A1GPV2) verzeichnet. Diese läuft bis 2014 und hat einen Kupon von 4,25 Prozent. „Doch auch Anleihen in anderen „Fluchtwährungen“ wie dem australischen Dollar, südafrikanischen Rand und zum Teil auch US-Dollar werden gekauft.“
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© 4. November 2011 / Anna-Maria Borse