Anleihen: Bund-Future setzt neue Rekordmarke

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11. Juli 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Fußballkrimi und Feriensaison zum Trotz: Händler berichten von einer ereignisreichen Woche im Anleihegeschehen. Offene Fragen über die Finanzstärke des stark verschuldeten portugiesischen Espirito Santo Konzerns haben die Märkte verunsichert, wie Arthur Brunner von ICF Kursmakler erklärt. „Auslöser ist die Verschiebung einer am 15. Juli fällig werdenden Anleihe von Rioforte.“ In Folge seien Wertpapiere von Unternehmen der Gruppe, dazu gehöre mit Banco Espirito Santo die größte börsennotierte Bank Portugals, in Mitleidenschaft gezogen worden. „Raus aus Risiken, rein in als sicher geltende Staatsanleihen heißt die Antwort vieler Anleger.“ Auch Gold als Krisenwährung sei gesucht. „Das zeigt, auf was für einem fragilen Gebilde die Eurostaaten sitzen.“

Comeback der Eurokrise?

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Daniel

„Im Anleihehandel haben die Renditen zehnjähriger portugiesischer Staatsanleihen im Sog der Ereignisse in der Spitze wieder auf über 4,00 Prozent zugelegt“, bemerkt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Auch spanische und italienische Bonds seien aus den Depots rausgenommen worden, was die Renditen zwischenzeitlich Richtung 3,00 Prozent getrieben hätte.

Griechenland erfolgreich mit neuer Anleihe

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Brunner

Vor diesem Hintergrund habe Griechenland zum zweiten Mal in diesem Jahr einen langlaufenden Bond am Markt platziert. Die dreijährige Staatsanleihe (WKN DBFTGB) mit einer Ausgaberendite von 3,5 Prozent bei einem jährlichen Kupon von 3,375 Prozent habe 1,5 Milliarden Euro in die griechischen Kassen gespült. „Das Papier war zweifach überzeichnet“, weiß Brunner. Im aktuellen Umfeld könne das Land mit dieser Nachfrage durchaus zufrieden sein, auch wenn Anleger im Vergleich zur Emission der fünfjährigen Anleihe im April zurückhaltender agierten.

Bundesanleihen beliebt

„Als sicher geltende Staatsanleihen sind eher gesucht“, beschreibt Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Die Kurse von Bundesanleihen konnten in der Spitze bis auf rekordhohe 148,06 Prozent zulegen. Die Renditen des Rentenbarometers markierten mit 1,168 Prozent ein 14-Monats-Tief. Auch eine zunehmende Verschlechterung der Lage in Israel trage zum Bedürfnis nach mehr Sicherheit bei. „Am Donnerstag waren Staatsanleihen aus Deutschland, Großbritannien und den USA Tagessieger im Handel.“

Überzogene Reaktionen

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Hellmeyer

Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank bezeichnet die Bewegungen am Markt als übertrieben. Insbesondere die Banco Espirito Santo habe Ende des 1. Quartals die Mindestanforderungen der portugiesischen Zentralbank um 2,1 Milliarden Euro übererfüllt. „Maßgebliche Teileigentümer der Bank haben Probleme, nach aktuellen Sachstand nicht die Bank selbst.“ Ähnlich beurteilen dies die Analysten der HSBC: „Auf den Beginn einer Bankenkrise, die auch den portugiesischen Staat belasten würde, gibt es derzeit keine Hinweise.“ Kein anderes Institut des portugiesischen Bankensektors mache negative Schlagzeilen. „Abstrahleffekte auf spanische und italienische Staatsanleihen halten wir für rational nicht gerechtfertigt.“

Haushaltsdisziplin schwindet

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Stopp

Allerdings kann nach Auffassung von Klaus Stopp die zunehmende Verschuldung der Eurostaaten aufgrund verlockender Niedrigzinsen durchaus zu einem Problem werden. „Bei vielen Regierungen schwindet der Wille zum Sparen“, beobachtet der Händler der Baader Bank. Durch Schattenhaushalte und andere Tricksereien ähnlich der Bad Banken von Finanzhäusern könnten Finanzminister schon mal den Überblick über die tatsächliche Lage verlieren. Würde die Lawine losgetreten, könne kein Lawinenrucksack echten Schutz bieten.“ Der Abbau von Lawinenverbauungen wie der Stabilitätsregel beschleunige den Prozess.

Solar Energy-Anleihe unter Druck

Nachdem sich ein Bond der Solar8 Energy (WKN A1H3F8) von seinem Kurssturz zunächst wieder Richtung 70 Prozent erholen konnte, steht der Wert laut Tillmann derzeit wieder unter Druck. „Bei zum Segment passenden mäßigen Umsätzen wurde die Marke von 50 Prozent nicht ganz erreicht.“ Unter anderem sorgten kleinere höher limitierte Käufe für Unterstützung der mit einem jährlichen Kupon von 9,25 Prozent ausgestatteten und bis April 2016 laufenden Anleihe.

Espirito Santo-Anleihe im Sturzflug

Nach negativen Meldungen über die Gruppe und deren Führung sowie der verspäteten Zinszahlung steht Tillmann zufolge die Anleihe der portugiesischen Espirito Santo Financier (WKN A1HKHW) mit einem jährlichen Kupon von 5,25 Prozent und Fälligkeit im Juni kommenden Jahres stark unter Druck. „Im Vergleich zur Vorwoche stürzte der Wert von 82,75 Prozent auf unter 40 Prozent ab.“ Mittlerweile ist die Anleihe bei einem Kurs von knapp über 33 Prozent vom Handel ausgesetzt.

Argentinische Altanleihen beliebt

Zu den rege gehandelten Papieren bei der Hellwig Wertpapierhandelsbank zählen nach wie vor Alt-Anleihen Argentiniens (WKN 134090, 130020), wie Sabine Tillmann berichtet. „Diese Werte sind eher spekulativ gefragt, teilweise werden Preise von 90 Prozent gezahlt.“ Gläubiger, die Argentiniens Umschuldungsangebote zwischen 2005 und 2010 nicht akzeptiert hätten, hofften auf einen vollen Ausgleich ihrer Ansprüche. US-Gerichte hätten klagenden Anlegern recht gegeben und entschieden, dass diese zum gleichen Zeitpunkt mit ihren Forderungen bedient werden müssten, wie Investoren, die ihre Schuldtitel damals mit erheblichen Abschlägen getauscht hätten. Bislang sperre sich die argentinische Regierung. „Es gibt immer wieder Gespräche zwischen den Beteiligten.“ Falls das Geld nicht bis Ende Juli bei diesen Gläubigern sei, könne dies als Zahlungsausfall bewertet werden und Argentinien als Pleitestaat gelten, obwohl die Regierung über genügend Mittel verfüge, ihre Schulden zu begleichen.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 11. Juli 2014