14. November 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Zinsen sind und bleiben niedrig. „Die Unsicherheit in der Ukraine stützt Bundesanleihen“, erklärt Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Außerdem komme die Konjunktur in Europa nicht in Gang. „Diese Woche haben auch die Wirtschaftsweisen ihre Prognosen reduziert.“ Daher spreche viel dafür, dass die EZB im kommenden Jahr ihre Anleihekäufe noch ausweiten und über kurz oder lang auch Staats- und Unternehmensanleihen einbeziehen werde. Bislang hat sich die EZB auf Covered Bonds beschränkt. Der Ankauf von Staatanleihen ist stark umstritten, da er vielen als indirekte Staatsfinanzierung gilt.
Der Euro-Bund-Future kletterte abermals in die Höhe und ist von seinem im Oktober erreichten Allzeithoch von 152,49 Prozent nicht mehr weit entfernt. Am Freitagmittag liegt der Indikator für langfristige Zinserwartungen bei 151,79 Prozent, vor einer Woche waren es 151,38 Prozent. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren nur noch mit 0,79 Prozent nach 0,82 Prozent am vergangenen Freitag. Der deutsche Staat darf sich weiter freuen: Am Primärmarkt platzierte die Finanzagentur eine neue Schatzanweisung mit Laufzeit bis Dezember 2016 und einem 0 Prozent-Kupon, wie Sabine Tillman von der Hellwig Wertpapierhandelsbank berichtet.
Nur Griechenland schwächelt
Brunner
Die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen stiegen diese Woche leicht an. Mittlerweile liegen die Renditen der zehnjährigen Anleihe wieder bei über 8 Prozent, im September waren es nur 5,5 Prozent. Die Volatilität ist Brunner zufolge zwar etwas zurückgegangen, die Papiere profitierten aber nicht von dem allgemein positiven Trend. „Für Staatsanleihen der anderen europäischen Peripheriestaaten gilt nämlich weiter: Im Notfall springt die EZB ein.“ Die Risikoaufschläge für Italien oder Frankreich, die im Oktober zwischenzeitlich wieder in die Höhe geschnellt waren, sind wieder gesunken. „Daran haben auch das Unabhängigkeitsvotum der Katalanen sowie enttäuschende Konjunkturdaten nichts geändert.“
Portugiesische Staatsanleihen kommen ebenfalls gut an. Tillman zufolge versteigerte Portugal am Mittwoch erfolgreich neue Stücke der zehnjährigen Papiere. „Die Aufstockung lag mit einem Volumen von 1,2 Milliarden Euro erfreulich über dem eigentlichen Emissionsziel von einer Milliarde.“
Beliebte DAX-Konzerne
Unterdessen bleiben Unternehmensanleihen mit „überschaubaren Risiken“ gefragt, wie Klaus Stopp von der Baader Bank feststellt: „Dies sorgt dafür, dass die Kurse von Corporate Bonds immer wieder neue Jahreshochs erklimmen.“ Gefragt sei diese Woche unter anderem eine Anleihe von Thyssen-Krupp (WKN A1R041) mit Laufzeit bis Oktober 2019 und Kupon von 3,125 Prozent, die am heutigen Freitag mit knapp 2 Prozent rentiert. Ähnlich verlaufe die Entwicklung bei einem 2019 fällig werdenden Bond von Hochtief mit Kupon von 2,625 Prozent und aktueller Rendite von 1,67 Prozent (WKN A12TZ9). Beide notierten auf Jahreshochs, ebenso ein bis 2022 laufender Titel von Daimler (WKN A1R04X), der bei einer Laufzeit bis 2022 nur noch 0,93 Prozent abwirft. „Betrachtet man die Aspekte Bonität und Rendite, so entpuppen sich für manche Anleger einmal mehr Corporate Bonds als die besseren Staatsanleihen“, kommentiert der Händler.
Daneben steigt mit dem Bieterstreit um Portugal Telecom die Nachfrage nach Anleihen des Unternehmens (WKN A1UB78), wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft meldet. Seit Mittwoch dieser Woche bieten auch die beiden Finanzinvestoren Bain Capital und Apax Partners mit, sie liegen mit ihrem Angebot noch über der Offerte der Luxemburger Holdinggesellschaft Altice. Außerdem hat die afrikanische Milliardärin Isabel dos Santos, Tochter des angolanischen Präsidenten Jose Eduardo dos Santos, Interesse gezeigt.
Leicht unter Druck gerieten Brunner zufolge Anleihen des staatlich kontrollierten brasilianischen Ölkonzerns Petrobras (WKN A1G97H, A1G97J). „Die Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Quartal wurde verschoben.“ Hintergrund sind Korruptionsvorwürfe: Angeblich sollen Schmiergeldzahlungen von Subunternehmen in die Kasse der Arbeiterpartei von Präsidentin Dilma Rousseff geleitet worden sein.
Probleme im Hochzinsbereich
Stopp
Laut Tillman gibt es auch Probleme bei einer Anleihe des Photovoltaik-Kraftwerksbetreiber Solar8 Energy. „Auf der Gläubigerversammlung wurden Änderungen der Anleihebedingungen (WKN A1H3F8) beschlossen.“ Zum einen sei die Laufzeit von April 2016 bis Mai 2021 verlängert, zum anderen der Zinssatz rückwirkend ab dem 7. April 2014 von 9,25 auf 3 Prozent gesenkt worden. Der Handel werde in Kürze wieder aufgenommen.
Weiter nach unten geht es für die MS Deutschland-Anleihe (WKN A1RE7V), wie Daniel anmerkt. Die MS Deutschland Beteiligungsgesellschaft hatte Ende Oktober einen Insolvenzantrag gestellt. Bei der zweiten Gläubigerversammlung in dieser Woche schlug Insolvenzverwalter Reinhold Schmid-Sperber den Anleihehaltern abermals vor, auf die Auszahlung der Zinsen in Höhe von 6,875 Prozent im Dezember zu verzichten. Wenn kein Investor gefunden wird, droht ein Notverkauf. Am heutigen Freitag notiert das Papier nur noch bei 16 Prozent.
Neues von SAP, OMV und German Pellets
Das Neuemissionsgeschäft läuft weiter gut: Etwa hat die Walldorfer Softwareschmiede SAP drei neue Anleihen mit 1.000 Euro-Stückelung begeben, wie Brunner berichtet: Die erste bietet einen Kupon von 1,75 Prozent und läuft bis 2027 (WKN A13SL3), die zweite 1,125 Prozent und läuft bis 2023 (WKN A13SL2), die dritte, ein Floater, Euribor plus 30 Basispunkte und läuft bis 2018 (WKN A13SL1). Stopp berichtet von einem bis 2018 laufenden Papier des österreichischen Öl- und Gasunternehmen OMV (WKN A1ZSFB) mit Kupon von 0,6 Prozent.
Gestern startete außerdem die Zeichnungsfrist für die neue Anleihe von German Pellets, einem der weltweit größten Hersteller und Händler von Holzpellets. Das Papier, das in den Prime Standard für Unternehmensanleihen der Frankfurter Wertpapierbörse aufgenommen werden soll, bietet einen Kupon von 7,25 Prozent und läuft bis 2019.
von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 14. November 2014