8. Mai 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zinsen können auch steigen, und zwar ganz schnell, wie diese Woche mehr als deutlich wurde: Zehnjährige Bundesanleihen rentierten am gestrigen Donnerstag vorübergehend wieder mit knapp 0,77 Prozent – nach 0,05 Prozent Mitte April. Der Euro-Bund-Future, vor zwei Wochen noch bei fast 160 Prozent, rutschte bis auf 151,41 Punkte ab. „Die Mitte letzter Woche begonnene Abwärtsbewegung beim Bund-Future setzte sich weiter fort, die Renditekurve der Bundesanleihen zeigt sich als steiler Zahn“, schildert Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank die Lage. „Die Tiefpunkte um 0,05 Prozent Rendite sind erst mal Vergangenheit.“
Am heutigen Freitag hat sich die Lage etwas beruhigt, zehnjährige Papiere rentieren am Mittag mit 0,586 Prozent, der Euro-Bund-Future liegt bei 154,21 Punkten.
„Deutsche Staatsanleihen verlieren vorerst ihren Nimbus“, kommentiert Klaus Stopp von der Baader Bank. „Das war der größte Kursrutsch seit der Wiedervereinigung“, meint Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Streng genommen dürfe der Kursrückgang allerdings keine große Überraschung sein: „Viele Marktteilnehmer sehen doch schon seit Monaten die Anleihemärkte als die größten Blase überhaupt an.“
Noch keine Trendwende
Stopp
Der Zinsanstieg ist vor dem Hintergrund der EZB-Anleihekäufe, die eigentlich zu niedrigeren Zinsen führen sollten, allerdings besonders erstaunlich. Analysten verweisen auf die verbesserten Konjunkturaussichten für die Eurozone und die wieder ansteigenden Inflationserwartungen, Folge des anziehenden Ölpreises. Für die hohen Kursausschläge wird aber auch die geringe Liquidität in den Märkten verantwortlich gemacht. „Meines Erachtens kam der Druck aus den USA, Halter von Euro-Anleihen haben ihre Gewinne glattgestellt“, meint Arthur Brunner von der ICF Bank. Von einer Trendwende zu sprechen, sei aber noch zu früh. „Das gilt auch für die USA, die jüngsten Konjunkturdaten waren ja schwächer.“ Die massiven Anleihekäufe der EZB könnten nicht ignoriert werden.
Auf die EZB-Käufe weist auch Stopp hin. „Somit sollten sich die Anleger nicht schon jetzt auf eine Rückkehr zu den vermeintlich hohen Zinsen der Vergangenheit freuen. Diese Zinsen sind Geschichte und auch bei den aktuellen Schuldenbergen für die Staaten nicht bezahlbar.“
Spanien, Portugal und Italien zahlen wieder mehr
Deutlich gestiegen sind in dieser Woche auch die Zinsen sowie die Zinsaufschläge für Anleihen aus Europas Peripherie. „Das gilt vor allem für die Langläufer“, bemerkt Brunner. „Da lohnt sich die Anlage wieder.“ Am Donnerstag kletterten den Renditen für zehnjährige spanische Staatsanleihen auf 1,78 Prozent, im März waren es noch 1,15 Prozent, für portugiesische Papiere lag die Rendite wieder bei 2,55 Prozent nach 1,56 Prozent im März.
Wenig Neues gibt es in Sachen Griechenland. Eine Einigung zwischen Athen und den Gläubigern ist weiterhin nicht in Sicht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat zuletzt ausgeschlossen, dass die Sitzung der Eurogruppe am kommenden Montag ein „spektakuläres“ Ergebnis haben könnte. Hellas-Anleihen wie das erst im vergangenen Juli begebene Papier (WKN A1ZL72) hatten sich Ende April etwas erholt, dann aber wieder verloren. Die Renditen zehnjähriger Anleihen liegen aktuell bei 10,76 Prozent.
Unternehmensanleihen im Schatten
Brunner
Trotz hoher Volatilität, im Corporate Bond-Handel war Daniel zufolge nicht viel los. „Vielleicht wollen Anleger lieber abwarten und sehen, wie es weiter geht.“ Mittelstandsanleihen zeigten keine große Schwächen, wie Brunner feststellt.
Stopp zufolge war die Woche auch von Zurückhaltung der Emittenten geprägt. „Ob dies dem verlängerten Wochenende, der Unsicherheit bezüglich der weiteren Zinsentwicklung oder den prall gefüllten Kassen der Unternehmen geschuldet ist, darüber darf gemutmaßt werden.“ Eine der wenigen Neuemissionen mit kleiner Stückelung ist eine Anleihe des dänischen Energieunternehmens Dong Energy (WKN A1Z04K) mit Kupon von 3 Prozent und Laufzeit bis August 2020.
Anleger mögen Katjes
Auf viel Interesse stieß die neue Unternehmensanleihe von Katjes International (WKN A161F9), die Zeichnungsfrist wurde am Donnerstag vorzeitig beendet. Das Interesse ist Brunner zufolge auch heute groß, mittlerweile wird der Bond zu 101,7 Prozent gehandelt. Der Kupon des bis 2020 laufenden Papiers liegt bei 5,5 Prozent, am unteren Ende der genannten Spanne. „Dass vorab eine Spanne für den Kupon genannt wurde, ist gut angenommen worden, das könnte Schule machen“, meint Brunner.
Heute endete die Zeichnungsfrist der SeniVita Social Estate AG Wandelanleihe 15/20. Das Papier kommt am 12. Mai in den Handel.
von Anna-Maria Borse,
Deutsche Börse AG© 8. Mai 2015