Anleihen: Erleichterung ist zu spüren

2. Dezember 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt).  Ereignisreich war die Woche auch im Rentenhandel. Das ist das Credo der Anleihenhändler an der Börse Frankfurt. Die konzertierte Aktion der Notenbanken hätte die Finanzmärkte entspannt. Beispielsweise erleichterten die gesenkten Kosten für bestehende US-Dollar-Swaps um 50 Basispunkte europäischen Banken den Zugang zur US-Währung. Gleichzeitig sei vereinbart worden, bis Februar 2013 untereinander die Versorgung mit den jeweiligen Währungen sicherzustellen. „Die Geldhäuser hatten zuletzt große Probleme, sich in US-Dollar zu refinanzieren“, berichtet ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank.

EFSF-Ziel noch nicht erreicht

„Nach der Aktion der Notenbanken zur besseren Liquiditätsversorgung ist zwar eine Schlacht gewonnen, der Krieg tobt jedoch weiter“, fasst die Helaba mit Hinweis auf pessimistische Konjunkturaussichten und eine nach wie vor schwierige Refinanzierungssituation vieler Banken zusammen. Bei der Bewältigung der Staatsschuldenprobleme hätten sich am Dienstag die Euro-Finanzminister geeinigt, die Schlagkraft des Rettungsschirms EFSF zu erhöhen. „Das Ziel, im Notfall auf bis zu eine Billion Euro zugreifen zu können, wurde jedoch nicht erreicht“, bemerkt Arthur Brunner von ICF Kursmakler. „Schätzungen gehen davon aus, dass bisher etwa 600 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.“ Man wisse aber nicht, wer noch alles mit ins Boot geholt werden könne.

Ein Schritt Richtung Fiskalunion?


Brunner

Die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer richtet sich nun auf den anstehenden EU-Gipfel am 9. Dezember. Änderungen der EU-Verträge von Maastricht und Lissabon in Richtung Fiskalunion stehen auf der Agenda. „Dazu gehören klare Definitionen von Schuldengrenzen und deren Einhaltung, verbunden mit Sanktionen, wenn dies nicht gelingt“, berichtet Brunner. Diskutiert wird der Helaba zufolge auch ein Vorschlag von Finanzminister Schäuble, Schulden über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukt in nationale Tilgungsfonds auszulagern. Für dieses Szenario fehle bislang ein verbindlicher Weg zum Abbau dieser Schulden.

Renditedifferenz schmilzt

Spanische, italienische sowie französische Staatsanleihen seien in dieser Woche reibungslos platziert worden, wenn auch für Spanien und Italien nur zu deutlich höheren Zinsen. Von den geplanten 4,5 Milliarden Euro sei Frankreich die Aufnahme von insgesamt 4,35 Milliarden Euro gelungen. Der Kupon für zehnjährige Anleihen habe sich für die Franzosen von zuvor 3,22 Prozent auf 3,18 Prozent reduziert, 15-jährige Bonds seien für 3,65 Prozent nach zuletzt 3,77 Prozent über den Tisch gegangen. Trotz der Warnung vor dem möglichen Verlust der Bestnote AAA Richtung Frankreich durch die Rating-Agentur Fitch sei der Renditeabstand zehnjähriger französischer Bonds im Vergleich zu Bundesanleihen unter 100 Basispunkte gefallen. „Vor zwei Wochen betrug der Unterschied noch 200 Basispunkte“, berichtet der Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank.

Rekordzinsen für Italien

Auch Italien konnte mit der Platzierung von Bonds in Höhe von 7,5 Milliarden Euro das obere Ende des anvisierten Betrags erfolgreich abschließen – zu neuen Rekordzinsen von durchschnittlich 7,89 Prozent für dreijährige und 7,66 Prozent für zehnjährige Anleihen. „Bei italienischen Anleihen besteht eine inverse Zinsstruktur mit höheren Renditen für kurze als für lange Laufzeiten“, beobachtet die Hellwig Wertpapierhandelsbank.

Spanische Bad Bank im Gespräch


Daniel

Spanien muss für die zuletzt aufgenommenen Kredite ebenfalls tiefer in die Tasche greifen. Im Durchschnitt 100 Basispunkte mehr seien es für Anleihen mit Fälligkeiten im April 2015, Januar 2016 und Januar 2017. Es kursieren laut Helaba Gerüchte, dass eine einzige Adresse Anleihen in Höhe von knapp drei Milliarden Euro gekauft habe. „Die spanische Zentralbank zieht zudem die Schaffung einer nationalen Bad Bank zur Entlastung der Bilanzen heimischer Banken in Betracht“, meldet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank.

Talfahrt von Bund-Future gestoppt

Den Bund-Future haben die jüngsten Entwicklungen ab Mitte der Woche gefestigt. Das Zinsbarometer notiert am Freitagmittag ähnlich wie in der Vorwoche bei 134,88 Punkten. Anleger bevorzugten tendenziell Bundesanleihen mit mittleren und langen Laufzeiten. Die Marktsituation bei einjährigen Schuldverschreibungen des Bundes sei zeitweise so angespannt, dass diese negative Renditen auswiesen. „Rund um die Lehman-Pleite war dies auch zu beobachten“, schaut Daniel zurück. Das hohe Sicherheitsbedürfnis habe damals die Entscheidungen der Anleger getrieben.

Autobauer überzeugen

Im Handel bevorzugten Anleger angesichts des gegenwärtigen Zinsumfeldes Unternehmensanleihen mit mittlerer Laufzeit , wie Daniel berichtet „Kaum einer fasst Langläufer an“, meldet der Händler. Verhalten gekauft werde etwa eine Anleihe von Peugeot (WKN A0VSYU) mit einer Fälligkeit im Oktober 2016, einem Kupon von 5 Prozent und einer aktuellen Rendite von 6,57 Prozent. Gesucht sei zudem sei ein Corporate Bond des französischen Autobauers Renault (WKN A1AYQ9) mit einer Laufzeit bis Oktober 2015, einem Zinssatz von 5,625 Prozent und einer Rendite von aktuell 5,57 Prozent.

Die kleinste handelbare Einheit von 100.000 Euro mache eine neue Anleihe der Marseille-Kliniken (WKN A1MASB) laut Hellwig Wertpapierhandelsbank eher für Großanleger interessant. Die bis November 2013 laufende Schuldverschreibung ist mit einem Kupon von 9,5 Prozent ausgestattet.

© 2. Dezember 2011 / Iris Merker