13. Januar 2012. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Während der Anfang der Woche noch von Suche nach Sicherheit geprägt war und Bankeinlagen bei der EZB auf einen neuen Rekordwert kletterten, setzte in den darauf folgenden Tagen eine deutliche Entspannung ein. „Momentan schwinden die schlimmsten Befürchtungen“, erklärt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Zur Erleichterung trugen unter anderem Äußerungen der Ratingagentur Fitch bei, nach denen Frankreich in diesem Jahr nicht mit einem Verlust der Bonitätsnote AAA zu rechen habe.
Spanien und Italien sammeln erfolgreich Kapital ein
Vor allem aber kamen die mit Spannung erwarteten ersten 2012er Emissionen der Wackelkandidaten Spanien und Italien am gestrigen Donnerstag gut an: „Spanien platzierte dreijährige Papiere und zahlt dafür 3,38 Prozent, nahezu zwei Punkte weniger als bei der letzten Auktion“, erklärt ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Auch bei zwei Aufstockungen seien die Zinsen von etwa 5 auf unter 4 Prozent gesunken. „Italien musste bei einjährigen Titeln nur 2,735 Prozent drauf schreiben, weniger als die Hälfte der Auktion im Dezember.“ Die heutige Emission Italiens konnte die hohen Erwartungen allerdings nicht ganz erfüllen. „Die Renditen sind zwar deutlich zurückgegangen, offenbar hatte man aber mit noch mehr Nachfrage gerechnet“, mutmaßt Arthur Brunner von ICF Kursmakler.
Stockende Verhandlungen mit Athen
Daniel
Überschattet werden diese Erfolge von den neuesten Nachrichten aus Griechenland: In Bankenkreisen heißt es, die Verhandlungen über den Schuldenschnitt stockten. Auf den 50-prozentigen Abschlag hatte sich Griechenland mit den EU-Staats- und Regierungschefs und den Gläubigern im Herbst verständigt, seitdem wird verhandelt. Griechische Medien berichten, dass zwar die meisten Banken den Schuldenschnitt akzeptierten, viele Hedgefonds sich aber weigerten.
„Laut einem FAZ-Bericht von heute spekulieren einige Hedgefonds darauf, dass die Anleihen voll getilgt werden“, erklärt Gregor Daniel. Diese Strategie sei in der Vergangenheit durchaus schon einmal von Erfolg gekrönt gewesen, etwa bei der Umschuldung Perus. Daniel ist aber skeptisch: „Ich weiß nicht, wie Griechenland das stemmen soll. Da ist doch nichts zu holen.“ Immerhin gehe es bei der im März fälligen Anleihe um 14,4 Milliarden Euro.
Griechenland-Anleihen geben nach
Einigen Anlegern werde die Geschichte ohnehin „zu heiß“, wie Daniel beobachtet hat. Der Kurs des in zwei Monaten fälligen Papiers (WKN A0T6US) hat seit Jahresanfang deutlich nachgegeben und beträgt mittlerweile nur noch 44,70 Euro, zum Jahresauftakt ging es noch zu gut 50 Euro über den Tisch. „Der Umsatz geht auch raus.“ Die im Mai fällige Anleihe (WKN 830275) hat ebenfalls deutlich an Wert verloren und notiert aktuell bei 35,60 Euro, Ende 2011 waren es noch 40 Euro.
Der Euro-Bund-Future zeigt keine Entspannung an und liegt heute Mittag bei 139,51 Prozent – fast unverändert zum Stand vor einer Woche und nahe am Allzeithoch von 139,58 Punkten. Für zehnjährige Bundesanleihen erhalten Anleger aktuell eine Rendite von 1,8 Prozent. „Irgendwer liegt mit seiner Einschätzung der Lage schief: entweder der Aktien- oder der Anleihemarkt“, kommentiert Brunner mit Blick auf die freundlichen Börsen.
Deutschland: Prämie statt Zins
Die Auktion deutscher Geldmarktpapiere mit einer Laufzeit von sechs Monaten erzielte zu Wochenanfang im Übrigen einen Durchschnittszins von minus 0,01 Prozent, wie die Commerzbank bemerkt. „Das bedeutet, dass der Staat für die kurzfristige Kreditaufnahme am Geldmarkt keine Verzinsung zahlen muss, sondern sogar eine kleine Prämie erhält.“ Eine Emission mit negativer Rendite habe es in Deutschland noch nie gegeben, was aber auch an der Umstellung des Auktionsverfahrens liege. „Im Sekundärmarkt sind die Geldmarktrenditen schon im November und die Renditen von Bundesschatzanweisungen im Dezember ins Negative gesunken.“
Ohne Auswirkungen blieben die Beschlüsse der Europäische Zentralbank am Donnerstag: Die EZB hat, wie erwartet, den Leitzins von 1 Prozent bestätigt und auch keine weiteren Liquiditätsmaßnahmen beschlossen.
Gute Nachfrage nach Unternehmensanleihen
Brunner
Im Handel mit Unternehmensanleihen werden gute Umsätze erzielt, wie Brunner berichtet. „Privatanleger sind durchaus bereit, ins Risiko zu gehen, um ein bisschen mehr Rendite zu erzielen.“ Gesucht seien etwa eine Fresenius-Anleihe (WKN A0GMAY) und ein Papier des niederländischen Versicherers Achmea (WKN A0TVM9). „Der Kurs von Achmea hat sich gut entwickelt und ist von 90 Prozent Anfang des Jahres auf heute 96,05 geklettert.“
Nach Gerüchten über einen RWE-Einstieg zog bei guten Umsätzen die Anleihe der SolarWorld (A1H3W6) von rund 57 Prozent auf in der Spitze rund 70 Prozent an, meldet die Hellwig Wertpapierhandelsbank. „Heute handelt das Papier in der Spannen von 63 bis 67 Prozent.“ Die Insolvenz von Solon (WKN A0S9JG) und Solar Millenium (WKN A1C94H) im Dezember hatte die Probleme der Branche nochmals verdeutlicht. Eher verkauft wird Daniel zufolge aktuell eine Anleihe des österreichischen Baustoffkonzerns Wienerberger (WKN A0G4X3).
Australische Währung weiter beliebt
Weiter gesucht werden Anleihen in australischen Dollar (WKNs A1GTPQ, A1AT3H) und, in geringerem Umfang, norwegischen Kronen, wie die Hellwig Wertpapierhandelsbank beobachtet hat. „Hingegen wurden Anleihen der Commerzbank in australischen Dollar abgegeben“, ergänzt der Händler (WKNs CZ224Z, CZ31PC).
Autokonzerne mit Neuemissionen
Unterdessen belebt sich der Markt für Neuemissionen: Daniel berichtet von einer neuen BMW-Anleihe mit siebenjähriger Laufzeit und einem Kupon von 3,25 Prozent (WKN A1GY1X) sowie einer Stückelung von 1.000 Euro. „Da kommt langsam Umsatz rein.“ Der Autokonzern hat gleichzeitig eine Tranche mit drei Jahren Laufzeit aufgelegt (WKN A1GY1W), hier liegt der Kupon bei 2,125 Prozent.
Seit heute würden außerdem zwei neue VW-Anleihen gehandelt, wie Daniel weiter meldet: Die eine (WKN A1GY7M) hat einen Kupon von 3,25 Prozent und läuft bis 2019, bei der anderen (WKN A1GY7L) sind es 2,125 Prozent, die Laufzeit geht bis 2015. Auch diese Emissionen seien aufgrund der Mindestanlagesumme mit 1.000 Euro privatanlegerfreundlich.
© 13. Januar 2012/Anna-Maria Borse