Anleihen: Hoffen auf Annäherung

europa+flaggen+188x80.jpg

22. August 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zurückhaltung prägt das Bild im Anleihehandel. Händler machen die Urlaubszeit und die anstehende Notenbankkonferenz in Jackson Hole mitverantwortlich. Investoren erhofften sich insbesondere vom Auftritt der Notenbankchefin Janet Yellen Aufschluss darüber, ob die Zinswende in den USA womöglich früher als geplant eingeläutet wird.

Somit bleiben Bonds bonitätsstarker Länder wie Deutschland im Anlegerfokus. „Auch Anleihen der Peripheriestaaten aus dem Euroraum behaupten sich gut“, meint Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Mit einer Rendite von 3,2 Prozent hielten sich etwa portugiesische Staatsanleihen auf einem sehr stabilen Niveau.

Der Euro-Bund-Future, Indikator für langfristige Zinserwartungen, bewegt sich knapp unterhalb des Höchststandes der vergangenen Woche und notiert am Freitagmittag bei 150,47 Prozent. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt mit 0,984 weiterhin unter 1 Prozent.

Knflikt könnte beigelegt werden

brunner+arthur+120x125.jpg
Brunner

Auf eine Deeskalation scheinen Anleger im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland zu hoffen. Das geplante Treffen von Putin und Poroschenke am kommenden Dienstag hat nach Beobachtung von Klaus Stopp von der Baader Bank für eine leichte Entspannung bei Bonds beider Länder gesorgt. Anleger interessierten sich beispielsweise für eine bis April 2020 laufende russische Staatsanleihe (WKN A1AWTB) mit einem jährlichen Kupon von 5 Prozent. Der in US-Dollar geführte Wert hat sich seit Anfang August von 101,10 Prozent auf derzeit 104,14 Prozent erholt. Gefragt seien auch Langläufer wie eine US-Dollar-Anleihe (WKN 248505) mit Fälligkeit im Juni 2028. Die mit 12,75 Prozent Zinsen ausgestattete Anleihe stieg auf 164,83 Prozent.

Rege Nachfrage hat es laut Stopp auch nach einer ukrainischen Staatsanleihe (WKN A0GGXG) mit geplanter Rückzahlung im Oktober 2015 gegeben. Der auf Euro lautenden Bond mit 4,95 Prozent Zinsen kletterte in dieser Woche auf rund 94,25 Prozent nach einem Stand von 89,25 Prozent am 8. August. Eine US-Dollar-Anleihe aus Kiew (WKN A1A1H7) mit Fälligkeit im September 2020 und einem Kupon von 7,75 Proeznt hätten sich Anleger ebenfalls ins Depot gelegt und sorgten so für einen Anstieg von 90,33 Prozent auf 94 Prozent seit Monatsbeginn.

Argentinische Bonds unter Druck

stopp+klaus+120x125.jpg
Stopp

Der Streit mit den US-Hedgefonds NML Capital und Aurelius über Forderungen in Höhe von 1,65 Milliarden US-Dollar aus argentinischen Altanleihen geht laut Hellwig in die nächste Runde. Staatspräsidentin Kirchner möchte Gläubiger der Umschuldung von 2005 bis 2010 über Treuhandkonten in Argentinien bedienen, wie der Händler berichtet. So könne die richterlich angeordnete Blockierung der Auszahlungen in New York umgangen werden. „Der bisherige Treuhänder würde durch die Zentralbank Argentiniens ersetzt.“ Zudem stehe ein Tausch in Anleihen nach lokalem Recht im Raum. „Ein Zeitrahmen zur Umsetzung enthält die Regierungsvorlage allerdings nicht“, bemerkt Hellwig.

„Argentinien steckt also weiterhin in der Zwickmühle“, meint Stopp. Sollte die argentinische Regierung den Forderungen der Hedgefonds nachkommen, könne der milliardenschwere Schuldenschnitt rückwirkend platzen. Besitzer argentinischer Euro-Bonds klagten nun ihrerseits gegen das US-Gerichtsurteil. Diese Anleihen seien nach britischem Recht begeben und würden somit nicht dem US-amerikanischen Richterspruch unterliegen.

Anleger reagieren auf die neusten Entwicklungen mit weiteren Verkäufen. Stopp spricht von Abgabedruck bei argentinischen Altanleihen (WKNs 246620, 197356, 134090, 130020), die seit Ende Juli von rund 80 Prozent auf ein Niveau um 70 Prozent gesunken sind.

Anleihen der Österreichischen Volksbanken brechen ein

Deutlich Federn lassen musste eine im November 2016 fällig werdende Nachranganleihe der teilstaatlichen Österreichischen Volksbanken (WKN A0G178). Innerhalb der vergangenen zwei Wochen ist der Wert von 78 auf 50 Prozent abgesackt. Die Ratingagentur Moody’s hat Anfang diesen Monats die Bonität des Unternehmens um zwei Stufen von Ba1 auf Ba3 mit negativem Ausblick herabgesetzt. Dennoch versteht Brunner die Aufregung nicht so ganz. Es gebe zwar Gerüchte über zusätzlichen Kapitalbedarf, für den die österreichische Regierung eventuell nicht gerade stehen werde. „Wenn Nachranganleihen vom Unternehmen nicht bedient werden, muss Insolvenz angemeldet werden.“ Das scheint dem Händler zu diesem Zeitpunkt eher unwahrscheinlich.

Wienerberger gesucht

In der Offenlegung seiner Bücher sieht Gregor Daniel das erhöhte Interesse an einer Anleihe von Wienerberger (WKN A0G4X3) mit jährlichen Zinsen von 6,5 Prozent und einer unbestimmten Laufzeit. Das Unternehmen sei im ersten Halbjahr kräftig gewachsen und habe den Abbau von Schulden vorangetrieben. „Das hat den Kurs leicht gesteigert“, vermutet der Händler der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft.

VW beliebt

Im Handel mit Unternehmensanleihen erkennt Brunner eine Vorliebe für Qualität. Zu den meist gefragten Unternehmenswerten gehöre eine Hybridanleihe von VW (WKN A1ZE21) mit einem Kupon von 4,625 Prozent. Auf Wochensicht hat der Bond um 1 Prozent auf 106,65 zugelegt.“

Deutsche Bank überzeugt

Auf den Umsatzlisten ganz oben stehen bei Hellwig Nachranganleihen der Deutschen Bank (WKNs A1ALVC, A0TU30 und A0DTY3). „Ein klarer Trend war nicht festzustellen, Käufer und Verkäufer hielten sich in etwa die Waage.“

von Iris Merker, Deutsche Börse AG

© 22. August 2014