27. Januar 2012. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Trotz zunehmend positiver Nachrichten in Sachen Eurokrise und Konjunktur bleiben die sicheren Häfen Bundesanleihen extrem beliebt. Zwar gibt es bei den Umschuldungsverhandlungen zwischen privaten Gläubigern und Griechenland immer noch kein Ergebnis. Seit Mittwoch profitieren deutsche Staatstitel aber auch von der abermals expansiveren Geldpolitik der US-Notenbank: Diese will die Zinsen nun sogar bis Ende 2014 niedrig halten, bisher war von Mitte 2013 die Rede. „Die Verlängerung ist ein weiteres Geschenk für die Märkte“, kommentiert Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft.
Der Euro-Bund-Future notiert heute bei 138,91 Prozent und damit wieder etwas höher als vor Wochenfrist, das Allzeithoch von gut 140 Prozent ist erneut in Reichweite. Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen liegt aktuell bei 1,85 Prozent.
Niedrigere Zinsen für Italien
Brunner
Gleichzeitig hat sich Beruhigung in den Peripherieländer in den vergangenen Tagen fortgesetzt: „Die Geldspritze der EZB scheint langsam zu wirken. Zumindest konnten die Euroländer diese Woche problemlos ihre Anleihen bei den Anlegern platzieren, und das zu niedrigeren Zinsen als zuletzt“, berichtet Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Italien habe am heutigen Freitag Geldmarktpapiere im Volumen von 11 Milliarden Euro platziert. „Bei halbjährigen Papieren lag die Rendite bei 1,969 Prozent und damit deutlich unter den 3,251 Prozent, die am 28. Dezember verlangt wurden.“
Um Griechenland und zunehmend auch um Portugal machen Investoren jedoch einen großen Bogen, wie die HSH Nordbank erklärt. „Portugiesische Staatsanleihen markieren derzeit von Tag zu Tag neue Renditehöchststände, denn die Anleger befürchten zunehmend, dass das Rettungspaket für das Land nicht reichen wird und es vielleicht sogar zu einer Schuldenrestrukturierung kommen wird.“
Griechenland-Anleihen etwas schwächer
Die Verhandlungen privater Gläubigern mit der griechischen Regierung sind immer noch nicht abgeschlossen, offenbar gibt es aber Fortschritte. „Laut Angaben der Beteiligten liegt eine Einigung in der Luft, aber das hat man in diesem Zusammenhang schon öfter gehört“, kommentiert Brunner. Griechenland-Anleihen werden jedenfalls nach wie vor rege gehandelt, vor allem das im März fällige Papier (WKN A0T6US). „In dieser Woche schwankte der Kurs zwischen 41,25 und 36,50 Prozent, mit Tendenz nach unten“, erklärt Daniel. „Er nähert sich der Wahrheit an.“ Länger laufende Anleihen, wie etwa die 2037 fällige (WKN A0DZVX), notierten bei 20 bis 25 Prozent. „Das ist keine Geldanlage, das ist eine Wette“, meint der Händler.
Das Ja der Kroaten im Referendum zum EU-Beitritt am vergangenen Wochenende lenkte die Aufmerksamkeit der Anleger zudem auf das kleine südosteuropäische Land: Daniel berichtet von Umsätzen mit einer Kroatien-Anleihe (WKN A0AYA2). Diese läuft bis 2014 und wird zu 5 Prozent verzinst. Außerdem sei eine Türkei-Anleihe (WKN A0AU93) mit Laufzeit bis 2014 gut gekauft worden.
Autokonzerne überzeugen
Der Handel mit Corporate Bonds brummt unterdessen wieder. „Der ifo-Geschäftsklimaindex gab Anlass zu Optimismus, der auch bei den Unternehmensanleihen zu spüren war“, heißt es von ICF Kursmakler. „Wir sehen lebhafte Umsätze“, erklärt auch Gregor Daniel und nennt als Beispiele eine bis 2017 laufende Celesio-Anleihe (WKN A1AWC7) mit einem Kupon von 4,5 Prozent sowie ein Papier von FMC mit Kupon von 5,25 und Laufzeit bis 2021 (WKN A1GLY6).
Petz
Rainer Petz von Close Brothers Seydler spricht ebenfalls von einer großen Nachfrage. „Die Risikobereitschaft ist gestiegen.“ Etwa kämen Anleihen von Autokonzernen gut an, zum Beispiel von BMW (WKN A1GY1X, A1GY1W), Renault oder Peugeot. „Die noch relativ neue, bis 2015 laufende Anleihe von Renault notiert mittlerweile bei 104,5 Prozent“, erklärt Petz (WKN A1GY0W).
Neuer Schlag für Solarbranche
Viel um geht dem Händler zufolge außerdem bei SolarWorld-Anleihen. Der Kurs des bis 2017 laufenden Papiers (WKN A1CR73) hatte sich Anfang des Monats aufgrund von Übernahmegerüchten auf 65 Prozent erholt, dann ging es aber nach unten. „Aktuell wird SolarWorld zu 60 Prozent gehandelt.“ Am Dienstag erschütterte der einst gefeierte Solarkonzern Q-Cells die Branche erneut: Das Unternehmen hat kein Eigenkapital mehr und kämpft ums Überleben. Im Dezember hatten die beiden Solarunternehmen Solon (WKN A0S9JG) und Solar Millenium (WKN A1C94H) Insolvenz angemeldet.
Praktiker-Anleihe wieder auf Tauchkurs
Viel beachtet wird daneben weiter die 2016 fällige Praktiker-Anleihe (WKN A1H3JZ), die nach deutlichen Kursgewinnen seit Mitte Dezember zuletzt wieder an Wert verloren hat. Nach Informationen der Financial Times Deutschland vom Montag spitzt sich die Lage der sanierungsbedürftigen Baumarktkette zu, die Verhandlungen mit Banken über die Vorfinanzierung des Frühjahrsgeschäfts stünden zunehmend unter Zeitdruck. „Der Bericht zeigte Wirkung, Anleger schwanken zwischen Hoffen und Bangen“, erklärt Petz. Heute wird Praktiker zu 54 Prozent gehandelt.
Kursgewinne bei Unicredit-Papieren
Für einen Kurssprung sorgte die Nachricht der Unicredit Group vom Mittwoch, Hybridanleihen in großem Umfang zurückzukaufen, wie Petz außerdem meldet. Die Bank, die, wie bereits die Commerzbank, mit der Maßnahme ihre Kapitalbasis stärken will, bietet Anlegern zwischen 51 und 87 Prozent. „Eine Anleihe kletterte von rund 60 Prozent auf den Rückkaufswert von 81 Prozent“, erklärt Petz (WKN A1AQM0).
© 27. Januar 2012 / Anna-Maria Borse