Anleihen: Immer mehr Minusrenditen

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17. April 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Und es geht noch tiefer: Die Bundrenditen fallen und fallen, bald könnten auch die der zehnjährigen Papiere in den Minusbereich abtauchen. Der aktuelle Auslöser: Die EZB hat in dieser Woche bekannt gegeben, dass sie an ihrem Kurs festhält und kein vorzeitiges Ende des Anleihekaufprogramms in Betracht zieht. Der Euro-Bund-Future kletterte daraufhin erstmals über 160 Punkte, am heutigen Freitag wird ein neues Hoch von 160,43 Punkten markiert. Die Rendite zehnjähriger Staatstitel fiel heute Morgen auf nur noch 0,069 Prozent – ein Rekordtief.

Gros der Bundesanleihen im Minusbereich

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Brunner

„Bundesanleihen mit Restlaufzeiten bis neun Jahre rentieren schon negativ“, bemerkt Arthur Brunner von der ICF Bank. „Nach Berechnungen des Hedgefondshauses Astellon Capital Partners werfen sage und schreibe 71,3 Prozent der hiesigen Staatsschuldtitel Minuszinsen ab“, heißt es in der ‚Welt’ von gestern. Heute dürften es sogar schon mehr sein.

Was nicht erwartet war: Auch die Renditen von Staatsanleihen anderer Peripherieländer steigen wieder etwas. „Anders als von der EZB beabsichtigt, müssen Italien, Spanien und Portugal wieder höhere Zinsen zahlen – wegen Griechenland“, erklärt Brunner.

Griechenland: Es wird immer enger

Die Fronten im Streit zwischen Griechenland und den anderen Euroländern sind völlig verhärtet, für das am 24. April anstehende Treffen der Euro-Finanzminister in Riga gibt es nur noch wenig Hoffnung auf eine Einigung. „Die Befürchtungen steigen, dass Griechenland seinen Verbindlichkeiten nicht nachkommen kann und die nächste Kredittranche an das Land dementsprechend nicht ausgezahlt würde“, erklärt Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank.

Die Rendite zehnjähriger griechischer Staatsanleihen steigt immer weiter und liegt mit aktuell 12,72 Prozent mehr als doppelt so hoch wie vor einem Jahr. „Die Rendite für die dreijährige Anleihe kletterte allein gestern von 24,18 auf ein Rekordhoch von 27,77 Prozent“, meldet Brunner. „Ende März waren es noch 18 Prozent.“ Eine von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft gehandelte 2023 fällige Anleihe (WKN A1G1UA) notiert mittlerweile nur noch bei gut 50 Prozent. „Da sehen wir, wenn überhaupt, fast nur Verkäufe“, berichtet Gregor Daniel. Einige wenige extrem spekulativ eingestellte Anleger setzten aber auch tiefe Kauflimits.

Beliebte Fremdwährungsanleihen

Im Bereich der Unternehmensanleihen stößt Daniel zufolge weiter der Anfang des Monats emittierte Stada-Bond (WKN A14KJP) mit einem Zins von 1,75 Prozent und Laufzeit bis 2022 auf großes Interesse. Derzeit notiert die Anleihe des Arzneimittelherstellers um 100,3 Prozent.

Daneben bleiben Fremdwährungsanleihen beliebt. „US- und Neuseeland-Dollar sind hier die Favoriten“, melde Tillmann. Laut Daniel ist das Interesse an einer auf Kiwi-Dollar lautenden Anleihe der BNP Paribas (WKN BP7TP5) groß. „Da steckt wohl eine Empfehlung dahinter.“ Die 2020 fällige Anleihe mit Kupon von 6 Prozent wird mittlerweile zu 106,75 Prozent gehandelt, was eine Rendite von 4,25 Prozent ergibt.

Riskante Hybridanleihen

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Daniel

Was immer etwas interessantere Zinsen verspricht, wird Händlern aus den Händen gerissen. Das war laut Daniel zum Beispiel der Fall bei einer neuen Anleihe der österreichischen Immobiliengesellschaft S Immo (WKN A1ZZ63), die einen Kupon von 3,25 Prozent bietet und bis 2027 läuft. „Die ist direkt nach Aufnahme in den Handel durch die Decke geschossen.“ Aktuell notiert das Papier bei 103,10 Prozent.

Daniel berichtet außerdem von zwei neuen Hybridanleihen von RWE mit Fälligkeit im April 2075. Die eine (WKN A14KAB) ist durch den Versorger im April 2025 vorzeitig kündbar und mit einem Kupon von 3,5 Prozent ausgestattet. „Wir sehen durchaus Nachfrage“, berichtet der Händler. Wahrscheinlich würde dafür eine ewige Anleihe von RWE (WKN A1EWR0) bald gekündigt. Die zweite Anleihe (WKN A14KAA) bietet einen Kupon von 2,75 Prozent und ist seitens des Emittenten im Oktober 2020 kündbar. Bei beiden liegt die Mindeststückelung bei 1.000 Euro.

Brunner warnt allerdings vor den bei Emittenten derzeit sehr beliebten Hybridanleihen: „Für Privatanleger eignen sie sich nicht, in Krisenzeiten leiden Hybridanleihen wegen der Nachrangigkeit sehr.“ Der Zinsaufschlag decke die Risiken nicht mehr ausreichend ab.

Down Under-Bonds gefragt

Im Bereich der Fremdwährungsanleihen erfreuen sich Tillmann zufolge neue Bonds des Staates Australien (WKN A1ZZ3E) mit Laufzeit bis 2020 und Zinssatz von 1,75 Prozent großer Beliebtheit, ebenso neue Anleihen der Europäischen Investitionsbank EIB (WKN A1ZZ2K) mit Kupon von 2,90 und Laufzeit bis 2025 – beide in australischen Dollar. Gut nachgefragt würden auch neue US-Dollar-Anleihen des Rohstoffhändlers Glencore (WKN A1ZZ2L) mit Kupon von 2,125 Prozent und Laufzeit bis 2018 und ein Papier von Daimler auf neuseeländische Dollar (WKN A14J6Z) mit Zins von 4 Prozent und Laufzeit bis 2019. Die Stückelung ist in allen Fällen kleinanlegerfreundlich.

Von Anna-Maria Borse,
Deutsche Börse AG© 17. April 2015