6. Juni 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Strafzinsen, „Dicke Bertha“, ABS-Käufe – vor der Sitzung der Europäischen Zentralbank am gestrigen Donnerstag wurde viel spekuliert. Alles blickte gen Frankfurt. „Die EZB hat ganz klar dominiert“, meint Arthur Brunner von ICF Kursmakler. „Die nahende Zinsentscheidung war im Wochenverlauf themenbestimmend“, erklärt auch Sabine Tillman von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Bis zum gestrigen Donnerstag hielten Anleger daher die Füße still.
Es war, wie erwartet, ein ganzes Maßnahmenbündel, das die Notenbanker vorstellten: Der Hauptleitzinssatz wird auf ein Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt, der Einlagensatz auf -0,10 Prozent. „Damit zahlen Kreditinstitute erstmals einen Strafzins für überschüssige Liquidität, die bei der EZB geparkt wird“, erläutert die Helaba. Dazu kommt ein umfangreiches Liquiditätsprogramm für Banken, eine neue „Dicke Bertha“. Allerdings soll diesmal sichergestellt werden, dass das Geld auch tatsächlich als Kredite an Unternehmen weitergereicht wird. Nicht zuletzt sollen Käufe von Staatsanleihen nicht mehr „sterilisiert“ werden, geprüft werden auch Käufe von Kreditverbriefungen, den ABS.
Kontraktwechsel beim Bund-Future
Brunner
Brunner zufolge kommt besonders die zusätzliche Liquidität für Banken in Höhe von 400 Milliarden Euro gut an. „Das geht am Markt runter wie Öl.“ Profitieren würden einmal mehr Anleihen der europäischen Peripherie: „Die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen ist auf 2,79 Prozent gefallen, die spanischer auf 2,67 Prozent – das sind historische Tiefs.“
Auch Bundesanleihen werden derzeit gekauft, im Wochenvergleich gibt es aber kaum Veränderung – die Zinssenkung galt als eingepreist: Zehnjährige Bundesanleihen werfen am Freitagmittag 1,37 Prozent ab, vor einer Woche waren es 1,36 Prozent.
Der für den Anleihemarkt richtungsweisende Euro-Bund-Future liegt am Freitagmittag bei 145,44 Prozent und damit unter den 146,61 Prozent der Vorwoche. Das ist allerdings dem Wechsel vom Juni- zum September-Kontrakt geschuldet. „Durch den Kontraktwechsel in dieser Woche müssen sich die Akteure im Bund-Future-Handel an eine neue Basis gewöhnen“, kommentiert Tillman.
Blase in Südeuropa?
Der Höhenflug der Peripherieanleihen birgt laut Klaus Stopp von der Baader Bank mittlerweile enormes Rückschlagspotenzial. „Schließlich ist er weitgehend der expansiven Geldpolitik der EZB geschuldet und damit auf dünnem Eis gebaut.“ Stopp verweist auf die Reaktion portugiesischer Anleihen, als das dortige Verfassungsgericht einen entscheidenden Teil des Sparprogramms kippte. Fünfjährige (WKN A0T7AG) sowie zehnjährige Staatsanleihen (WKN A1HKUP) rutschten in der Folge deutlich unter ihre Jahreshochs. Mittlerweile haben sich die Papiere allerdings wieder erholt und fast die alten Rekordstände erreicht.
HDI-Gerling beliebt
Stopp
Der Handel mit Unternehmensanleihen gestaltete sich in dieser Woche eher lustlos, wie Tillmann berichtet. Zu den Favoriten der Anleger gehörten weiterhin Südzucker- (WKN A0E6FU) und Deutsche Bank-Anleihen (WKN A0TU30, A1ALVC). „Die nicht ganz glatt gelaufene Kapitalerhöhung der Deutschen Bank hat sich in den Notierungen der Nachranganleihen nicht bemerkbar gemacht.“
Daneben sei eine Nachranganleihe der HDI-Gerling (WKN A0BVPF) diese Woche stark gesucht worden. „Diese zahlt bis August 2014 noch einen Festkupon von 7 Prozent, dann erfolgt der Wechsel auf eine variable Verzinsung von Drei-Monats-Euribor plus 375 Basispunkte.“
Hohe Mittelzuflüsse bei Deutsche Rohstoff AG
Wie Brunner berichtet, stand die Anleihe der Deutschen Rohstoff AG (WKN A1R07G) unter Druck. Sorgen machen müssen sich Anleger aber nicht, das Papier wird am heutigen Freitag immer noch zu 109 Prozent gehandelt. „Das Unternehmen zahlt keine Dividende, allerdings nicht, weil kein Geld da ist. Es wird vielmehr umstrukturiert.“
Neue Unternehmensanleihe in der Zeichnung
Eine neue Anleihe (WKN A11QJA) gibt es von Vedes, dem Fachhandelsunternehmen für Spielwaren. Bis zu 20 Millionen Euro will Vedes aufnehmen, das Papier läuft fünf Jahre und ist mit einem Kupon von 7,125 Prozent ausgestattet. Die Zeichnungsfrist beginnt am kommenden Dienstag, den 10. Juni, und endet voraussichtlich am 20. Juni um 12 Uhr. Bewertet wurde das Papier im Rahmen eines Emissionsratings von der Feri EuroRating mit „BB“. Die Einbeziehung in den Entry Standard für Unternehmensanleihen ist für den 24. Juni vorgesehen.
von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG,
© 6. Juni 2014