Anleihen: Mal hü, mal hott

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28. Juni 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nervosität und Unsicherheit bestimmen auch in dieser Woche die Finanzmärkte. Die Angaben von US-Notenbankchef Ben Bernanke, voraussichtlich noch in diesem Jahr damit zu beginnen, den Geldhahn zuzudrehen, hätten nachgewirkt. „Am Montag waren die Nachwehen dieser Aussagen besonders stark“, meldet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. „Anleger haben teilweise die Nerven verloren und trennten sich über alle Anleiheklassen hinweg von ihren Engagements.“ Danach sei wieder Ruhe eingekehrt, die Nachrichten über eine mögliche Kreditklemme Chinas habe lediglich ein bis zwei Tage für Unruhe unter Anleihe-Investoren gesorgt.

„Der Einfluss der Zentralbanken ist weiterhin gewichtig, ebenso wie die internationalen Konjunkturdaten, an die weitere geldpolitische Entscheidungen gekoppelt sind“, ergänzt Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank.

Weniger robust als gedacht

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Halver

Mittlerweile gebe es Konjunkturdaten, die auf eine eher verhaltene US-Wirtschaftserholung deuteten. Etwa lägen die Neuaufträge des ISM Index für das verarbeitende Gewerbe klar unter der Expansionsschwelle von 50. Auch der Immobiliensektor als wesentlicher Stabilisierungsfaktor für die US-Wirtschaft leide unter den seit Mai von 3,4 auf 4,4 Prozent gestiegenen Zinsen. Dies setze dem Absatz von Immobilien zu, die dadurch weniger erschwinglich würden. „Das lässt der US-Notenbank keine andere Wahl, als ihre grundsätzliche Liquiditätsstütze aufrecht zu erhalten“, meint Robert Halver von der Baader Bank und vermutet, dass sich Ben Bernanke in punkto Abschwächung des Anleiheaufkaufprogramms zukünftig wohl zurückhaltender äußern wird.

Sorgenbarometer auf dem Prüfstand?

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Stopp

Heftige Bewegungen gab es für die Gemeinschaftswährung und den Euro-Bund-Future. So wurde der Euro in einer breiten Spanne zwischen 1,3415 und 1,2986 US-Dollar gehandelt. Der Euro-Bund-Future fiel von 142,60 Prozent bis auf zwischenzeitlich 139,90 Prozent und markierte somit nach Beobachtung von Klaus Stopp trotz nach wie vor bestehender Krisenherde im Euroraum ein neues Achtmonatstief. „Es scheint, als wäre den Marktteilnehmern der sichere Hafen nicht mehr sicher genug“, bemerkt der Rentenhändler der Baader Bank.

„Zur Wochenmitte entspannte sich die Lage aber wieder etwas durch Aussagen der EZB, die Politik des billigen Geldes angesichts der schwierigen Konjunkturlage in Europa für einen angemessenen Zeitraum weiter fortzuführen“, beobachtet Hellwig. Der Euro-Bund-Future pendele mittlerweile wieder um die Marke von 141,00 Prozent.

Bankenrettungskette: der Teufel steckt im Detail

Die Zustimmung des EU-Parlaments vorausgesetzt, stehe nun die Reihenfolge derjenigen fest, die zur Rettung einer ins Straucheln geratenen Bank mit ins Boot geholt werden. Nach den Aktionären treffe es Anleihebesitzer gefolgt von Privatpersonen mit Einlagen über 100.000 Euro. Trotz wochenlanger öffentlicher Diskussionen kommt die Einbeziehung der Halter von Anleihen nach Auffassung von Stopp für manche Investoren dennoch überraschend. „Zumal sich dadurch anschließend die Refinanzierungskosten für Banken erhöhen könnten.“

Vor der Einbindung von Gläubigern und Anteilseignern bestünde allerdings die Möglichkeit, den Euro-Rettungsfonds ESM anzuzapfen. Unter bestimmten Voraussetzungen erhalte die Bank neben einer Beteiligung des Heimatstaates in Höhe von 10 bis 20 Prozent eine Kapitalspritze. An Einzelheiten für die ab Mitte 2014 einsetzbare neue ESM-Hilfe würde noch gefeilt. „Es gilt den Teufelskreis zwischen schwächelnden Banken und steigenden Staatsverschuldungen zu durchbrechen.“

Euroländer emittieren übers Ziel hinaus

Als unerwartet aktiv bezeichnet die HSBC die Emissionstätigkeit der Eurostaaten mit Blick auf das erste Halbjahr. „Insgesamt beläuft sich das Emissionsvolumen im Primärmarkt auf 531,6 Milliarden Euro.“ Gemessen am Zielvolumen für das Gesamtjahr seien dies 60,5 Prozent und so viel, wie zu diesem Zeitpunkt in den vergangenen sechs Jahren nicht mehr. Im Januar, März, April und Mai hätten Anleger jeweils neue Staatsanleihen der Euroländer in Höhe von 90 und 100 Milliarden Euro gekauft. Auch Italien habe fleißig emittiert und liege mit 62,5 Prozent trotz Erhöhung des angestrebten Volumens im Laufe des 1. Halbjahres gar über dem Durchschnitt.

Mit 50,5 Prozent rangierten Deutschland und Österreich auf den hinteren Plätzen, Schlusslicht Finnland hinke mit 48,1 Prozent hinterher, wobei diese Staaten sich um ausufernde Refinanzierungskosten nicht sorgen müssten. Die Niederlande belege mit 70,2 Prozent einen Top 5-Platz. „Gemessen am Emissionsvolumen ist das Land mit Abstand am weitesten fortgeschritten.“ Ein größer als erwartetes Cash-Defizit in Höhe von fünf Milliarden Euro plane die niederländische Regierung über eine steigende Geldmarktaktivität zu kompensieren, die Emissionen neuer niederländischer Staatsanleihen blieben unverändert bei 50 Milliarden Euro für das Gesamtjahr.

Anleger greifen zu Deutschland-Bond

Auf viel Gegenliebe ist laut Hellwig der erste gemeinsam von Bund und zehn Ländern herausgegebene Deutschland-Bond gestoßen. „Die Nachfrage war deutlich größer als das Angebot.“ Die siebenjährige mit AAA benotete Anleihe im Volumen von 3 Milliarden Euro böte eine Rendite von 1,663 Prozent.

Genussschein von Hypothekenbank gefragt

Ebenso gesucht ist Hellwig zufolge ein Genussschein (WKN 556838) der Hypothekenbank Frankfurt AG. Das Unternehmen werde ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 2013 umsetzen und die ausgefallenen Ausschüttungen zum 1. Juli vornehmen. „Obwohl dieser Sachverhalt bereits in den Kursen eingepreist ist, konnte sich der Kurs bei guten Umsätzen auf ein Niveau von rund 130 Prozent weiter verbessern.“ Ab kommenden Montag werde das Wertpapier dann ex Ausschüttung gehandelt, wodurch sich der Preis um rund 28 Euro verringere.

Neue Mittelstandsanleihen im Entry Standard

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Am heutigen Freitagmittag endete die Zeichung einer bis 2018 laufenden Anleihe der paragon AG (WKN A1TND9). In der üblichen Stückelung von 1.000 Euro bietet der Automobilzulieferer einen jährlichen Zins von 7,25 Prozent. Die Handelsaufnahme per Erscheinen ist für Montag, 1. Juli geplant.

Ein weiterer Kandidat im Entry-Standard ist die Deutsche Rohstoff AG. Das Rohstoffunternehmen begibt eine Anleihe (WKN A1R07G) mit einem Volumen von bis zu 100 Millionen Euro. Der Zinssatz liegt bei 8 Prozent bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Die Zeichnungsfrist läuft seit dem 26. Juni bis voraussichtlich 9. Juli.

Jährlich 8,250 Prozent lässt sich die RENA GmbH die Aufnahme von bis zu 40 Millionen Euro über den Kapitalmarkt (WKN A1TNHG) kosten. Die Anleihe kann seit heute bis voraussichtlich 9. Juli gezeichnet werden und wird im Juli 2018 fällig.

© 28. Juni 2013 / Iris Merker