Anleihen: Politik bleibt am Zug

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20. Februar 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der brüchige Waffenstillstand in der Ukraine und das Tauziehen zwischen Griechenland und seinen Partnern aus dem Euroraum dominieren in dieser Woche den Anleihemarkt. „Je nach Nachrichtenlage reagieren Investoren im Wechsel zwischen Zuversicht und Unsicherheit“, bemerkt Arthur Brunner von der ICF Bank. Abzulesen sei die Risikobereitschaft am Euro-Bund-Future, der im Zweifel als „Fels in der Brandung“ gekauft würde. Im Wochenverlauf ging es beim deutschen Rentenbarometer zu wie auf einer Achterbahn. Der Stand von 158,58 Prozent am Freitagmorgen lasse gegenwärtig auf eine eher abwartende Anlegerhaltung schließen.

„Die Fieberkurven am Anleihemarkt sind auch an den Renditen für griechische Staatsanleihen ablesbar.“ Während die Erträge für dreijährige Hellas-Bonds zu Beginn der Woche bei 19,4 Prozent lagen, gibt es derzeit 15,61 Prozent. Hingegen sind Anleihen der südlichen Euroländer bislang relativ ungeschoren davongekommen, wie Brunner registriert. „Rendite-Spreads zehnjähriger italienischer, portugiesischer oder spanischer Bonds hätten sich zu Bundesanleihen mit gleicher Laufzeit auf Wochensicht wenig verändert.“

Zitterpartie geht in die nächste Runde

Mit dem eingegangenen griechischen Antrag auf weitere Milliardenkredite aus dem Rettungsfonds sei eine gewisse Erleichterung an den Kapitalmärkten spürbar. „Kurz vor knapp hat Griechenland Vorschläge unterbreitet, die die europäischen Partner zurück an den Tisch holen sollen“, berichtet Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank, wobei die Position der Griechen der eines Pokerspielers mit schwachen Karten gleiche.

Das Schreiben enthält laut Helaba die bindende Anerkennung der Inhalte sowie der bisherigen Prozeduren des bestehenden Rettungsprogramms. Die griechische Regierung werde die finanziellen Verpflichtungen gegenüber allen Gläubigern akzeptieren. Auch einer fortgesetzten Überwachungen durch das Dreigestirn Europäische Union, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds könne Tsipras zustimmen. Ziel sei es, einen Reformplan für vier Jahre auszuhandeln und die gegebene Flexibilität im aktuellen Paket bestmöglich zu nutzen.

Vorbehalte bleiben

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Hellmeyer

„Wie groß die Skepsis angesichts der Verhandlungsführung von Varoufakis und Tsipras inzwischen ist, zeigt sich daran, dass London und Berlin blocken“, meint Hellmeyer. Neben Finanzminister Schäuble vermissen laut Pressemeldungen auch Finnland, Belgien und Litauen Angaben darüber, wie die griechische Regierung angesichts der gesunkenen Steuereinnahmen ihre Rechnungen bezahlen wolle. Es fehlten zudem eindeutige Zusagen zur erfolgreichen Beendung des aktuellen Programms und darüber, keine Reformmaßnahmen zurücknehmen.

Türen offen halten

„Die Interpretation der Vorschläge geht weit auseinander“, urteilt Hellmeyer, der nichts von einer vorschnellen Ablehnung des Antrags hält. Angesichts der bisherigen Spitzfindigkeiten in den Verhandlungen sei gegenüber den griechischen Planungen zwar durchaus Vorsicht geboten. Ohne ein aufeinander Zugehen ziehe sich die Schlinge um Griechenlands Hals allerdings immer enger.

Der vielfach vertretenen Meinung, die Griechen säßen am kürzeren Hebel, schließt sich Klaus Stopp nicht vorbehaltlos an. Für den Analysten der Baader Bank sitzen die Geldgeber in der Zwickmühle. „Wenn sie den Griechen nachgeben, müssen sie mit weiteren Forderungen rechnen, womöglich auch von anderen Schuldenländern.“ Blieben die Verhandlungen ergebnislos, kämen die Gewährleistungen des Euro-Rettungsschirms zum Tragen.

Geldhahn einen Spalt weiter geöffnet

Im Übrigen verschaffe die EZB der griechischen Regierung mit der Erhöhung der Notfallhilfe von 65,0 auf 68,3 Milliarden Euro zunächst mehr Zeit für Verhandlungen. Im Bedarfsfall könne die Athener Zentralbank Kapitallücken der heimischen Banken über diese „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA) auf eigenes Risiko decken.

ThyssenKrupp beliebt

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Brunner

Im Handel mit Unternehmensanleihen gab es nach Beobachtung von Brunner rege Nachfrage für zwei Neuemissionen von ThyssenKrupp. Über eine fünfjährige Anleihe (WKN A14J57) mit einem Kupon in Höhe von 1,75 Prozent und einen zehnjährigen Bond (WKN A14J58) mit einem jährlichen Zins von 2,5 Prozent habe sich der Stahlkonzern insgesamt 1,35 Milliarden frisches Geld am Kapitalmarkt besorgt. Durch die Stückelung von 1.000 Euro hätten auch Privatanleger zugegriffen. „Beide Anleihen waren deutlich überzeichnet.“

Travel24 auf Erholungskurs

Im Bereich der Mittelstands-Anleihen verbucht Brunner spürbares Interesse an einem im September 2017 fällig werdenden Travel24.com-Wert (WKN A1PGRG). Presseberichte über eine mögliche Übernahme des Reiseportals durch Pro Sieben habe sowohl den Aktienkurs des Unternehmens als auch die Anleihe beflügelt. „Innerhalb einer Handelswoche stieg der Kurs von 41,99 auf 57,50 Prozent.“ Wobei das Wochenhoch bei 65,95 Prozent lag.

Von Iris Merker, Deutsche Börse AG

© 20. Februar 2015