Anleihen: Ruhe war trügerisch

2. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es bleibt ungemütlich an den Kapitalmärkten: „Die Berg- und Talfahrt geht weiter“, kommentiert etwa Rainer Petz von der Close Brothers Seydler Bank. Zwischenzeitlich habe es an den Aktienmärkten zwar nach Erholung ausgesehen, auch die zuletzt stark gebeutelten hochverzinslichen Anleihen seien im Kurs gestiegen. Heute biete sich aber schon wieder ein anderes Bild. „Der Markt bleibt supernervös.“ Arthur Brunner von ICF Kursmakler spricht von einer „trügerischen Ruhe“, die den größten Teil dieser Woche an den Märkten geherrscht habe.

Neue Sorgen um Griechenland drücken den DAX zum Wochenschluss wieder tief ins Minus. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future notiert unterdessen – nach etwas schwächeren Kursen an den Vortagen – wieder fast bei seinem Rekordhöchststand, aktuell bei 135,98 Prozent. „Sogar die Marke von 136 wurde kurzzeitig übersprungen“, wie Brunner berichtet. Mitte August war der Future auf 136,26 geklettert, so hoch wie noch nie. Zehnjährige Bundesanleihen werfen derzeit nur noch 2,106 Prozent ab.

AAA für Deutschland in Gefahr?


Stopp

Die Diskussionen um die Bonität Deutschlands kann den Bundesanleihen somit bislang nichts anhaben. In Deutschland hat das Kabinett in dieser Woche die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms beschlossen, Bundestag und Bundesrat müssen allerdings Ende September noch zustimmen. „Spätestens bis zum Jahresende sollte es eine Diskussion um die hohen Bonitätsstufen von Deutschland und Frankreich geben“, befürchtet Klaus Stopp von der Baader Bank. Die Zahlungen, die im schlimmsten Fall auf Deutschland zukämen, seien auch von der „Wirtschaftslokomotive Europas“ nicht zu leisten.

Druck in Griechenland, ähnliche Sorgen in Italien und Spanien

Von den Peripherieländern gibt es wenig Erfreuliches zu vermelden: In Griechenland ist ein parlamentarischer Fachausschuss gestern zu dem Ergebnis gekommen, dass die Schulden außer Kontrolle sind. Der griechische Finanzminister erwartet derweil einen Rückgang der Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr von rund 5 Prozent, wie heute morgen bekannt wurde. Griechische Anleihen verlieren an Wert. Wie die Hellwig Wertpapierhandelsbank berichtet rentiert eine knapp einjährige 4,1-Prozent-Anleihe (WKN A0LN5U) auf Kursbasis von 67 Prozent bei etwa 57 Prozent.

Italien und Spanien konnten dank der Käufe der EZB zu moderaten Zinssätzen Anleihen im Volumen von insgesamt 13,5 Milliarden Euro platzieren, wie Brunner meldet. Aber gerade aus Italien seien zum Ende der Woche wieder Störfeuer gekommen: „Das 40 Milliarden Euro schwere Sparpaket, das Voraussetzung für die Anleihekäufe der EZB war, soll nun doch wieder gekürzt werden. So rückt das Ziel, im Jahr 2013 einen ausgeglichenen Haushalt zu haben, doch wieder in weite Ferne.“ Die Märkte hätten dies sofort abgestraft. „Die Preise für Kreditausfallversicherungen notieren auf neuen Rekordständen.“

Im Zweifel für Qualität bei Unternehmensanleihen

Bei den Unternehmensanleihen sah es zwischenzeitlich gar nicht schlecht aus. „Nachdem die Stimmung leicht ins Positive gedreht ist, sind wieder einzelne Käufer an den Markt zurückgekehrt“, berichtete gestern Klaus Stopp. Allerdings sei der Markt nach wie vor gereizt, so dass beim kleinsten Warnzeichen die zaghaften Käufer wieder vertrieben würden. „Die Suche nach Qualitätstiteln steht daher bei den kaufwilligen Investoren im Vordergrund.“ Stopp hat etwa Interesse an einer Anleihe von ThyssenKrupp (WKN A0Z12Y) mit Laufzeit bis 2014 und Rendite von aktuell 4,3 Prozent registriert. Ebenso finde ein Papier von BMW (WKN A0T5WS), das bis Juli 2012 laufe und mit 6,3750 Prozent verzinst werde, Käufer. Anleihen der Deutschen Bank stehen heute nach Medienberichten über weitere Hypothekenklagen sowie ein mögliches Sparprogramm in Milliardenhöhe etwas unter Druck, wie die Hellwig Wertpapierhandelsbank erklärt (WKN A1ALVC, A0TU30). „Die Preise haben leicht nachgegeben, die Anzahl der Verkaufswilligen überwiegt.“ Laut ICF Kursmakler war eine 2016 fällige Anleihe von Porsche (WKN A0GMHG) in dieser Woche sehr gefragt.

Preiserholung bei Hochzinsanleihen

Gleichzeitig konnten die zuletzt arg gebeutelten Hochzinsanleihen etwas Boden gut machen, wie Petz beobachtet. „Die Hapag-Lloyd-Anleihe mit einem Kupon von 9 Prozent und einer Laufzeit bis 2015 (WKN A1EWQC) notierte vor einer Woche noch bei 80, jetzt sind es 85 Prozent.“ Die bis 2018 laufende Heidelberger Druck-Anleihe mit einem Kupon von 9,25 Prozent (WKN A1KQ1E) sei vor einer Woche noch zu 65 über den Tisch gegangen, gestern seien es 72 gewesen, heute immerhin noch 70 Prozent. Wer hierzulande nicht fündig wird, blickt gen Norden: „Weiter im Fokus stehen auf norwegische Kronen lautende Emissionen von soliden deutschen Schuldnern, wie die bis August 2013 laufende Anleihe von Daimler, die mit einem Kupon von 3,375 Prozent ausgestattet ist“, ergänzt Stopp (WKN A1GUUR). Aber auch Anleihen auf andere Währungen wie US-amerikanische, kanadische, australische und neuseeländische Dollar, türkische Lira, südafrikanische Rand und schwedischen Kronen würden nachgefragt. „Geringe Umsätze gab es dagegen in Anleihen in Schweizer Franken, obwohl dieser zum Ende der Woche wieder deutlich zulegen konnte“, bemerkt Brunner.

Neuemissionen schwieriges Terrain

Was Neuemissionen angeht, scheint die Lage immer noch äußerst angespannt: „Insgesamt ist es derzeit infolge der getrübten Konjunkturaussichten und der Staatsschuldenkrise selbst für Unternehmen mit guter Bonität schwierig, sich kostengünstig über den Kapitalmarkt zu refinanzieren“, stellt Stopp fest. Allerdings habe das Energieunternehmen EnBW für die kommende Woche eine Roadshow für Investoren angekündigt. Das Unternehmen plane eine Neuemission mit Hybridkapital. „Inwieweit der Markt aufnahmefähig ist, bleibt abzuwarten“, kommentiert Stopp. Mit Sicherheit werde EnBW aber einen hohen Kupon zahlen müssen.
Etliche Banken nutzen Arthur Brunner zufolge die zeitweilig gute Stimmung, um Covered Bonds mit größerem Volumen zu platzieren. „Darunter waren Namen wie Erste Group, Sparebank, Barclays, Royal Bank of Scotland, BPCE und Abbey.“ Covered Bonds sind Anleihen, die durch Hypotheken oder eine Staatsgarantie besichert sind.

2. September 2011/Anna-Maria Borse