Anleihen: Schwankungen wie auf hoher See

10. Juni 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Alles zunächst wie gehabt lautet es aus den Chefetagen der Europäischen Zentralbank. Im Euroraum werde es beim aktuellen Zinssatz von 1,25 Prozent bleiben. Mit „erhöhter Wachsamkeit“ beobachte der EZB-Präsident die Inflationsentwicklung innerhalb der Währungsunion und habe mit dieser Formulierung die Marktteilnehmer auf den nahenden Zinsschritt vorbereitet. Denn mit nun 2,6 Prozent sei die erwartete Teuerungsrate für dieses Jahr erneut um 0,3 Prozent angehoben worden. Für das Jahr 2012 halte Trichet noch an den prognostizierten 1,7 Prozent fest. Die Helaba wertet dies als Absicht, es zunächst bei der voraussichtlichen Zinserhöhung im Juli zu belassen.

Gegen eine Erhöhung des Leitzinses hätten sich auch die Bank of England entschieden. Den Engländern mache weiterhin das schwache Wirtschaftswachstum zu schaffen, berichtet die Helaba. Wie beim Gros der Länder im Euroraum belaste zudem die angespannte Schuldenlage. Zuletzt habe die Rating-Agentur Moody’s gedroht, den Briten das Toprating abzuerkennen, hätten den Ausblick aber erst einmal weiterhin auf „stabil“ belassen.

Renditeschere weitet sich

Mit Schwankungen wie auf hoher See hätten die Kurse europäischer Staatsanleihen auf die jüngsten Ereignisse reagiert. „Am Ende überlagerten die anhaltenden Diskussionen um die Schuldenkrise in Griechenland einmal mehr das Geschehen im Anleihemarkt“, beobachtet Thomas Weidmann. Angeführt von griechischen Bonds mit Risikoaufschlägen von 60 Basispunkten gegenüber Bundesanleihen mit 10-jähriger Laufzeit, zeigten sich die Rentenmärkte der EU-Peripherie weiterhin schwach. „Ein Plus von 10 Basispunkten hat es auch für spanische, italienische, irische und portugiesische Bonds gegeben“, berichtet der Helaba-Analyst.

Euro-Bund-Future gewinnt

Dem Bund-Future habe die zunächst ausbleibende Zinserhöhung im Euroraum erst einmal auf die Sprünge über die Marke von 125,37 Punkten verholfen. Bei Anheben der Zinsen im Juli müssten Marktteilnehmer sich aber die Frage stellen, ob 2-jährige Bundesrenditen von 1,6 Prozent bei einem Leitzins von 1,5 Prozent Nachhaltigkeit versprächen.

Aus technischer Sicht erkennt die UBS keinen klaren Trend für die weitere Entwicklung des richtungsweisenden Zinsbarometers. Auf der einen Seite seien Stochastik- und MACD-Indikatoren nach unten gekreuzt, was auf eine Korrektur deute. Auf der anderen Seite notiere der MACD-Trendfolgeindikator über der Nulllinie und damit mit bullishem Vorzeichen. Sollte der Euro-Bund-Future zum Ende der Woche unterhalb seinem Tief der vergangenen Woche von 124,63 Punkten schließen, so sei für die UBS der Weg bis 123,35 Punkten frei.

Lieber auf Nummer sicher



Daniel

Unterstützt worden seien Bundesanleihen in dieser Woche zudem durch die erneute Herabsetzung des griechischen Wachstums, dass mit 5,5 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr im Minus stehe. Das erklärt Gregor Daniel zufolge die erneute Bewegung weg von griechischen und hin zu hiesigen Bonds. „Zahlen wie diese treiben so manchen Anleger lieber in die als sicher geltenden Arme des deutschen Staates.“ Auf Wochenbasis habe beispielsweise der Kurs einer im März 2012 fällig werdenden griechischen Anleihe (WKN A0T6US) noch bei über 90 Prozent gelegen und stünde am heutigen Freitag bei 86,85 Prozent.

Die Rendite von zweijährigen Hellenen-Bonds sind dem Händler der Wertpapierhandelsgesellschaft Walter Ludwig zufolge von 22 Prozent zu Beginn der Woche auf nun 25,5 Prozent gewachsen. „Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung sind die Bemühungen des deutschen Finanzministers Schäuble, in Zukunft auch Privatgläubiger an den Hilfspaketen für Griechenland zu beteiligen“, vermutet Daniel. Zudem habe das geschichtsträchtige Land eine Pro-Kopf Verschuldung von rund 30.000 Euro. „Zwar hat auch jeder US-Bürger allein durch die Verschuldung des Staates so viel zu schultern“, erklärt Daniel. Im Gegensatz zu den Verbindlichkeiten der Griechen seien diese aber durch eine funktionierende Wirtschaft gedeckt.

Nokia bricht ein

Rege gehandelt würden derzeit Unternehmensanleihen. Viel Zuspruch registriert Daniel beispielsweise für ein Angebot von Fresenius Medical Care (WKN A1GLY6). Die bis 15. Februar 2021 laufende Anleihe biete einen Kupon von 5,25 Prozent.

Einen regelrechten Kursverfall habe etwa eine Anleihe von Nokia (WKNA0T6DF) gesehen. Herabstufungen des Technologiekonzerns durch die Rating-Agenturen Standard & Poor’s und Fitch hätten zu massiven Abgaben der im Februar 2019 fällig werdenden Anleihe geführt. „Mit der jüngsten Anpassung der Bonität liegt das einst so stolze Unternehmen lediglich zwei Stufen über Ramschniveau“, bemerkt Gregor Daniel. Zum derzeitigen Kurs komme das mit einem Kupon von 6,75 Prozent ausgestattete Wertpapier des Finnen auf eine Rendite von rund 6 Prozent.

© 10. Juni 2011 / Iris Merker