Anleihen: Stürmische Zeiten

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1. August 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Lange zeigten sich die Kapitalmärkte unbeeindruckt von der Ukraine-Krise und den Kämpfen in Gaza. Die neuen Sanktionen gegen Russland und die Zahlungsunfähigkeit Argentiniens brachten das Fass aber offenbar zum Überlaufen. Bereits am gestrigen Donnerstag ging es steil nach unten an den Börsen, heute setzt sich der Abwärtstrend fort. Anleger gehen lieber auf Nummer sicher: Schon am Dienstag fiel die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf 1,11 Prozent, ein neues Allzeittief.

Dann ging es aber nach oben: „Wieder einmal kommen die positiven Konjunkturmeldungen aus den USA“, berichtet Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank. Im zweiten Quartal habe die US-Wirtschaft überraschend kräftig um auf das Jahr gerechnet 4 Prozent zugelegt. Zudem sei der Rückgang im ersten Quartal von 3 auf 2,1 Prozent relativiert worden. In Deutschland hatte hingegen das ifo-Geschäftsklima enttäuscht.

US-Zinswende schon früher?

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Brunner

Am Mittwoch hat die US-Notenbank, wie erwartet, das Anleihekaufprogramm auf 25 Milliarden US-Dollar reduziert und das Ende der Käufe für den Oktober in Aussicht gestellt. „Mit den guten Konjunkturdaten wachsen aber die Sorgen, dass die Fed schon früher den Fuß vom Gas nimmt und die Zinsen schneller als erwartet hoch setzt“, bemerkt Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Der Euro-Bund-Future liegt am Freitagmittag bei 147,92 Prozent, nachdem zuvor ein neues Rekordhoch von 148,78 Punkten erreicht worden war. Zehnjährige Bundesanleihen werfen 1,17 Prozent ab.

Argentinien zahlungsunfähig

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Förtsch

Die Verhandlungen Argentiniens mit den US-Hedgefonds sind in der Nacht auf den Donnerstag gescheitert, von Standard & Poor`s wurde das Land bereits gestern auf „teilweiser Zahlungsausfall“ gestuft, am heutigen Freitag folgte die Rating-Agentur Fitch mit „eingeschränkter Zahlungsausfall“.

„Nach den gescheiterten Verhandlungen gab es bei den Anleihen zunächst einen Kursabsturz von etwa 30 Prozent“, berichtet Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Eine Stunde später seien die Kurse wieder bis in die Nähe der Eröffnungsniveaus gestiegen. „Es gab das Gerücht, dass eine Gruppe von Investoren, geleitet von J.P. Morgan und Citigroup, die Positionen der Hedgefonds kaufen würde.“

Auch Daniel Förtsch von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft berichtet von deutlichen Kursverlusten, gefolgt von einer Erholung, etwa beim bis 2033 laufenden Discount-Bond (WKN A0VTZV) und beim bis 2038 laufenden Par-Bond (WKN A0VTZ1).

Argentinien darf nach einem US-Gerichtsurteil seine Gläubiger nicht mehr auszahlen, solange Altschulden in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar bei den New Yorker Hedgefonds NML Capital und Aurelius nicht beglichen sind. Die Hedgefonds hatten sich nicht an der Umschuldung beteiligt und klagen nun auf volle Auszahlung.

Südeuropas Anleihen fest

Anleihen aus Europas Peripherie bleiben gesucht, Anfang der Woche waren besonders portugiesische Papiere beliebt, wie Tillmann feststellt. „Moody’s hatte das Rating des Landes am letzten Freitag von Ba2 auf Ba1 hochgestuft.“ Nachdem das angeschlagene Institut Banco Espírito Santo für das erste Halbjahr allerdings einen Verlust von 3,6 Milliarden Euro bekannt gegeben hatte, schwächelten die Anleihen, wie Brunner meldet.

Von Panik kann aber keine Rede sein: Portugiesische Anleihen mit Laufzeit von zehn Jahren werfen aktuell 3,59 Prozent ab, spanische 2,51 Prozent, italienische 2,70 Prozent und selbst griechische unter 6 Prozent. Damit zahlt Spanien weiterhin weniger als die USA.

Abflüsse aus Mittelstandsanleihen

Bedingt durch die diversen Krisenherde, aber auch die Sommerferien, gibt es derzeit kaum Neuemissionen bei den Corporate Bonds. Mit Käufen von Unternehmensanleihen halten sich Anleger aufgrund der Unsicherheiten eher zurück, wie Förtsch feststellt: „Die Geldseite ist schon sehr fragil, die Spreads steigen.“ Brunner berichtet von Abflüssen aus Hybridanleihen, etwa von VW (WKN A1ZE21) „Die waren aber vorher schon sehr gut gelaufen.“

Die Turbulenzen um MBB Clean Energy nehmen einige Anleger Brunner zufolge zum Anlass, um aus ihren Mittelstandsanleihen auszusteigen. Das Unternehmen hatte Anfang Mai die erste Zinszahlung ausfallen lassen. Daneben bleibt auch Travel24 (WKN A1PGRG) unter Druck. „Die Bilanz für 2012 war fehlerhaft, die Anleger scheinen nun die Geduld zu verlieren“, erläutert der Händler. Travel24 fiel im Tief auf 42 Prozent, am Freitag sind es 45 Prozent.

Allerdings notieren zahlreiche Mittelstandsanleihen weiter deutlich über Pari, etwa Paragon, Adler Real Estate und Karlsberg mit über 111 Prozent, Rudolf Wöhrl mit 110 Prozent oder FC Schalke, Grand City Properties und deutsche Rohstoff mit über 108 Prozent.

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 1. August 2014