Anleihen: Unternehmensanleihen in Bewegung

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21. November 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die jüngsten Konjunkturdaten zementieren die zweigleisige Entwicklung der USA und Europa. „Der US-amerikanischen Wirtschaft geht es gut, während der Euroraum immer noch angeschlagen ist“, beschreibt Arthur Brunner von der ICF-Bank. Das jüngste Stimmungstief der Konzerne aus der Novemberbefragung habe deutsche Staatsanleihen nach Verlusten wieder beflügelt. „Aktuell bringen zehnjährige Bundesanleihen eine Rendite von 0,78 Prozent.“ Auch die Bonds der Peripheriestaaten hielten sich trotz zahlreicher Verstöße gegen die Haushaltsdisziplin auf einem stabilen Niveau. „Anleger verlassen sich darauf, dass die EZB notfalls bereitstehen wird.“

Eine Ausnahme bilde Griechenland. Für eine Befreiung aus den Zwängen des Rettungsschirms reicht es Brunner zufolge immer noch nicht. Anleger scheinen dies ähnlich zu sehen „Die Renditen zehnjähriger griechischer Bonds haben auf über 8 Prozent zugelegt.“

Auf der Suche nach dem passenden Rezept

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Stopp

Die europäische Zentralbank lotet weiterhin kreativ die möglichen geldpolitischen Ansätze zur Ankurbelung der Kreditvergabe aus, wie Klaus Stopp bemerkt. Im Rahmen der angedachten Staatsanleihen-Käufe kam nach Beobachtung des Baader Bank-Analysten eine weitere Variante auf den Tisch. Zwei Wissenschaftler sprächen sich für die Schaffung einer synthetischen Euro-Staatsanleihe aus. Damit könne sich die EZB dem Vorwurf der Staatsfinanzierung entziehen.

„Aus diesem künstlichen Produkt würde wiederum ein abgeleitetes Wertpapier entstehen, das auf den sichersten 60 Prozent der Ursprungsanleihe beruht.“ Für Banken sei ein solches Konstrukt eigenkapitalneutral. Allerdings befürchtet Stopp eine Erhöhung der Refinanzierungskosten für den deutschen Staat, da Bundesanleihen ihre Rolle als Benchmark einbüßen würden. Aus Sicht des Händlers hätten diese Folgen mittlerweile System. „Fast alle Überlegungen sind derart angelegt, Deutschland zum Zahlmeister zu küren.“

Wie ein Lauffeuer

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Daniel

Der negative Zins für Einlagen über 500.000 Euro macht derweil Schule. Nach Strafzinsen zwischen 0,2 und 0,25 Prozent von der DZ Bank Luxembourg und der Skatbank legt nun die Commerzbank mit einer so genannten „Guthabengebühr“ nach. Privatanleger scheinen auf den ersten Blick nicht betroffen.

Wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft zusammenfasst, parkten auch Investmentfonds ihre Barreserven irgendwo. Würden dort Zinsen fällig, erhöhe dies die Kosten der Fonds und somit würden investierte Anleger belastet. kann sich vorstellen, dass so mancher Investor deshalb ans Umschichten denkt. „Davon könnte der Anleihemarkt profitieren.“

Russische und ukrainische Bonds werden verkauft

Die Entwicklung russischer und ukrainischer Anleihen spiegeln Stopp zufolge die nach wie vor angespannte Lage in der Ost-Ukraine wider. Trotz Verzicht auf zusätzliche Sanktionen gegen Russland vonseiten der Europäischen Union erreichten Anleihen dieser Staaten zum Teil neue Jahrestiefs, wie Stopp registriert. Etwa stünde mit 121,85 Prozent ein bis Juli 2018 laufender Bond der Russischen Föderation (WKN 249138) ebenso nahe seines 12-Monatstiefs wie eine im März 2030 fällige Anleihe (WKN 109370) bei einem Stand von 109,85 Prozent. Beide notieren in US-Dollar.

Eine ebenfalls auf US-Dollar lautende ukrainischen Anleihe (WKN A1G7QA) mit vorgesehener Rückzahlung im Juli 2017 bewege sich mit 81,90 Prozent auf das Jahrestief von 80,90 Prozent zu. Dasselbe gelte für einen US-Dollar-Bond aus Kiew (WKN A1A1H7) mit Fälligkeit im September 2020. „Mit 78,75 Prozent hat der Wert sich wieder etwas von seinem Wochentief bei 78,00 Prozent erholt.“

Schwankungen wie auf hoher See

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Brunner

Hinter der steigenden Volatilität von Unternehmensanleihen vermutet Brunner eine zunehmende Anlegernervosität. Etwa sei ein Bond von Areva (WKN A1AMPB) mit Fälligkeit im September 2024 und einer jährlichen Verzinsung von 4,875 Prozent innerhalb einer Woche von 112 Prozent auf zwischenzeitlich 101,5 Prozent gefallen. Aktuell ist die Anleihe für 105,5 Prozent zu haben. Nach dem Einkassieren der Ziele für 2014 und 2015 aufgrund anhaltender Probleme rund um den immer noch im Bau befindlichen finnischen Atomreaktor Olkiluoto 3 sei erst die Aktie und in Folge die Anleihe des französischen Atomkonzerns eingebrochen. „Unternehmensnachrichten beeinflussen Bondkurse scheinbar stärker als in der Vergangenheit.“

Ohne einen für Brunner ersichtlichen Grund bewege sich auch eine kündbare SeniVita-Anleihe (WKN A1XFUZ) mit einem Zins bis zu 7 Prozent plus gewinnabhängiger Komponente wie eine Achterbahn. „Innerhalb einer Woche standen Kurse zwischen 92 und 98 Prozent zu Buche.“ Derzeit notiert der Wert bei 96 Prozent.

Erholung von Heckler & Koch-Bond bleibt aus

Nach der fristgerechten Zinszahlung für eine Heckler & Koch-Schuldverschreibung (WKN A1KQ5P) am 15. November scheint die Skepsis der Anleger des Waffenproduzenten noch nicht ganz ausgeräumt, wie Annick Kleine von der Hellwig Wertpapierhandelsbank beobachtet. Der mit jährlich 9,5 Prozent verzinste Wert mit Fälligkeit im Mai 2018 wird weiterhin zwischen 79 bis 83 Prozent gehandelt.

Argentinische Altanleihen gefragt

Gut sechs Wochen vor dem Auslaufen der RUFO-Klausel bei argentinischen Staatsanleihen herrscht laut Kleine eine gewisse Grundspannung im Markt. Alt-Anleihen (WKNs 246620, 197356, 134090, 130020) gewinnen hinzu. „Teilweise werden für hohe Kupons und längere Laufzeiten Kurse jenseits der 90 Prozent gezahlt.“ In 2005 und 2010 neu ausgegebene Bonds (WKN A0DUDG) hätten leicht verloren. „Die Nachrichtenlage ist aktuell wenig ergiebig“ So mancher Anleger spekuliere auf den anstehenden Wechsel im Präsidentenstuhl im kommenden Jahr. „Hier steht die Frage im Raum, ob Christina Kirchner Fernandez ein „würdiger“ Abgang ermöglicht wird, oder ob diese Präsidentschaft unerfreulich endet.“

Neue German Pellets-Anleihe

Bis voraussichtlich 24. November können Anleger eine fünfjährige Anleihe von German Pellets (WKN A13R5N) mit einem Kupon von 7,25 Prozent in einer Stückelung von 1.000 Euro zeichnen. Der weltweit größte Hersteller und Händler von Holzpellets zielt auf die Aufnahme von bis zu 100 Millionen Euro. Der Bond soll in den Prime Standard für Unternehmensanleihen der Frankfurter Wertpapierbörse aufgenommen werden.

Von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 21. November 2014