Anleihen: Unternehmenspapiere extrem beliebt

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8. März 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Am Aktienmarkt war die Italienwahl schnell vergessen, am Rentenmarkt dauerte es etwas länger. Doch der Trend ist klar: Anleihen der Peripherieländer werden wieder attraktiver, die Nachfrage nach deutschen Anleihen schrumpft. Zehnjährige Bundesanleihen werfen mittlerweile eine Rendite von 1,51 Prozent ab, vor einer Woche waren es nur 1,41 Prozent.

Analysten wie Stefan Gäde und Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank gehen davon aus, dass sich der Trend noch fortsetzten wird: „Das Niveau halten wir für zu niedrig und rechnen kommende Woche mit einem Anstieg in Richtung 1,60 Prozent.“ Der Euro-Bund-Future notiert am heutigen Freitag bei 142,70 Punkten nach 145,60 Punkten vor einer Woche.

Geldschwemme geht weiter

Es ist die expansive Geldpolitik der großen Notenbanken, die am Aktienmarkt für Jubelstimmung sorgt. „Die EZB setzt die Politik der ruhigen Hand fort“, erläutern Viola Julien und Ulrich Wortberg von der Helaba mit Blick auf die gestrige Notenbankentscheidung. So habe die EZB weder das Leitzinsniveau noch ihre Haltung zu den Liquiditätsmaßnahmen verändert. Auch die Bank of England hielt die Füße still. Anders als erwartet blieb auch der Leitzins in Japan konstant. „Das Anleiheprogramm wurde nicht ausgeweitet“, ergänzt Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank.

US-Ausgabenkürzungen ohne Auswirkungen

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Daniel

Von den in den USA Anfang des Monats in Kraft getretenen automatischen Ausgabenkürzungen zeigen sich die Märkte unbeeindruckt, wie die HSH Nordbank bemerkt. Nun drohten jedoch schon bald die nächsten Klippen. Sollte bei den Verhandlungen über die Anhebung der Schuldenobergrenze keine Einigung erzielt werden, seien die Folgen dramatischer. „Ab Mitte März, spätestens aber Ende April, dürfte die Unsicherheit an den Finanzmärkten wieder spürbar werden.“

Unter Druck gerieten unterdessen Venezuela-Anleihen nach dem Tod von Staatschef Chavez, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft meldet. Das bis 2015 laufende Papier (WKN A0DZ45) verbilligte sich von 101,75 auf aktuell 98 Prozent. Nach dem Rücksetzer der vergangenen Wochen konnten Anleihen aus Argentinien und der Provinz Buenos Aires hingegen wieder zulegen, wie Hellwig festgestellt hat. „Sie notieren beinahe wieder bei ihren alten Niveaus.“

Unternehmensanleihen ziehen

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Petz

Insgesamt profitieren viele Unternehmensanleihen von der guten Stimmung am Aktienmarkt, wie Rainer Petz von Close Brothers Seydler beobachtet: „Es ist fast alles fester.“ Stark angezogen hätten etwa Praktiker-Anleihen (WKN A1H3JZ). „Vor einer Woche lag der Kurs bei 72 Prozent, jetzt sind es 79 Prozent.“ Im September ging das Papier der angeschlagenen Baumarktkette übrigens noch zu 33 Prozent über den Tisch.

Auch Air Berlin-Papiere (WKN AB100A, AB100B, AB100C) haben sich Petz zufolge von ihren Tiefstkursen vom vergangenen Jahr weit entfernt. Sie notieren mittlerweile deutlich über Pari – Grund ist vor allem der Einstieg der Fluggesellschaft Etihad.

Hoffnung für Alpine-Gläubiger

Klar zulegen konnten zu Wochenbeginn auch die beiden Bonds des österreichischen Baukonzerns Alpine Holding (WKN A1GR69, A1AYFX). „Die bis 2015 laufende Anleihe stieg von 52 auf 75 Prozent“, meldet Daniel. Auslöser war Hellwig zufolge eine Einigung über die weitere Finanzierung – und zwar in letzter Minute. „Der Staat verzichtete erst einmal auf Ansprüche, so dass Anleiheinhaber nicht mit einem Haircut rechnen müssen.“ Linde-Anleihen (WKN 881454) standen laut Daniel hingegen auf den Verkaufslisten. „Dabei waren die gestern veröffentlichten Zahlen für 2012 überdurchschnittlich.“

Windreich im Abwärtsstrudel

Für heftige Turbulenzen sorgte der Windparkbetreiber Windreich: Die bis 2015 laufende Anleihe (WKN A1CRMQ) fiel innerhalb weniger Tage von 55 auf 25 Prozent. „Die am Montag fälligen Zinsen wurden erst mit zwei Tagen Verzögerung gezahlt“, erläutert Hellwig. „Die bemerkenswerte Begründung seitens des Unternehmens lautete, dass die dafür vorgesehenen Mittel kurzfristig anderweitig disponiert werden mussten.“ Zeitungsberichten zufolge ermittelt auch die Staatsanwaltschaft gegen das Unternehmen, unter anderem wegen des Verdachts auf Bilanzmanipulation und Kapitalanlagebetrug. Auch die bis 2016 laufende Anleihe (WKN A1H3V3) ging auf Talfahrt.

Die Geschehnisse werfen abermals Schatten auf das Segment der Mittelstandsanleihen. „Wir haben allerdings keine Auswirkungen auf andere Anleihen feststellen können“, meint Petz. Von den 27 im Entry Standard der Börse Frankfurt gelisteten Papiere notieren nur vier deutlich unter Pari, einige sogar deutlich darüber, wie Wöhrl (WKN A1R0YA) oder Stauder (WKN A1RE7P) mit 110 Prozent.

Emissionsgeschäft brummt

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Stopp

Daneben nutzen Unternehmen weiter die Gunst der Stunde und refinanzieren sich billig. „Eine ganze Reihe von Neuemissionen von teilweise sehr guten Adressen drängte – wie schon lange nicht mehr – an den Markt und fand dort dankbare Abnehmer“, berichtet Stopp.

Zum einen stockte ThyssenKrupp seine erst kürzlich auf den Markt gebrachte Anleihe mit Laufzeit bis 2018 auf: „Mit einem Kupon von 4 Prozent liegt die Rendite derzeit bei circa 3,70 Prozent“, erläutert der Händler (WKN A1R1A9). Wie Petz anmerkt, ist die Aufstockung billiger als die erste Emission, dabei würden beide Anleihen bald zusammengeführt. Darüber hinaus hat Stopp zufolge Peugeot eine Anleihe (WKN A1HGW0) mit Laufzeit bis März 2018 emittiert, der Kupon liegt bei 7,375 Prozent. „Dies ergibt aktuell eine sehr respektable Rendite von rund 6,90 Prozent.“

Vorzeitig beendet wurde am gestrigen Donnerstag übrigens die Zeichnungsfrist für eine neue, sieben Jahre laufende Eyemaxx Real Estate-Anleihe (WKN A1TM2T), die im Entry Standard der Börse Frankfurt gehandelt werden soll. Der Kupon beträgt 7,875 Prozent. Die Mittelstandsanleihe, hierzulande die erste mit Inflationsschutz, wurde sowohl von institutionellen Investoren als auch von Privatanlegern gleichermaßen stark nachgefragt.

Guter Name, schlechte Zinsen

Unternehmen mit Spitzenbonität zahlen allerdings weiter nur Minizinsen: Etwa hat Daimler eine 1 Milliarde Euro schwere Anleihe mit einem Kupon von nur 1 Prozent platziert, wie Stopp weiter berichtet. Der bis Juli 2016 laufende Bond (WKN A1R068) rentiere mit rund 0,92 Prozent. „Gut aufgenommen vom Markt wurden auch zwei Siemens-Unternehmensanleihen im Volumen von jeweils 1 Milliarde Euro.“ Die Erste läuft bis März 2021 (WKN A1UDWM) und wird mit 1,75 Prozent verzinst, die Zweite (WKN A1UDWN), bis März 2028 laufend, mit 2,875 Prozent.

© 8. März 2013 / Anna-Maria Borse