Anleihen: Vor allem Emissionen solider Unternehmen gewünscht

20. Januar 2012. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Mit der guten Laune an den Aktienbörsen hebt sich auch die Stimmung im Anleihehandel. „Wir haben gut zu tun“, meldet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft, der von Kauffreude beispielsweise für Bonds bonitätsstarker Unternehmen berichtet.
„Von der guten Laune im Aktienhandel und einer erhöhten Risikobereitschaft der Anleger haben Unternehmensanleihen profitiert“, berichtet auch Arthur Brunner von ICF Kursmakler.

Spannung bringen die Verhandlungen hinsichtlich des angestrebten freiwilligen Schuldenschnitts für Griechenland in den Markt. „Eine Lösung scheint näher zu rücken“, beobachtet Daniel. „Es gibt bereits unbestätigte erste Medienberichte über eine vorläufige Einigung.“

Großes Interesse an einigen europäischen Anleihen

Von Lichtblicken bei der Refinanzierung Spaniens und Frankreichs spricht ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank. „Beide Länder konnten in dieser Woche zu vergleichbar moderaten Konditionen Anleihen verschiedener Laufzeiten platzieren.“
Zu 1,05 Prozent Zinsen seien etwa 2,96 Milliarden Euro für eine französische Staatsanleihe mit Fälligkeit im Jahr 2014 über den Tisch gegangen. „Bei der vorigen Auktion mussten die Franzosen noch 1,58 Prozent für eine vergleichbare Laufzeit bieten“, erklärt der Händler.

Zudem habe sich Spanien mehr frisches Geld als geplant über die Kapitalmärkte besorgen können. Anvisiert worden seien 4,5 Milliarden Euro mit Emissionen verschiedener Laufzeiten, bekommen habe die spanische Regierung in Summe 6,61 Milliarden Euro. Für siebenjährige Anleihen seien 5,58 Prozent, für zehnjährige 4,6 Prozent Zinsen fällig. Damit liege das Land in seinen Refinanzierungskosten vor dem Sanierungsplan.

Im Handel registriert die UBS zudem Kauffreude für französische Staatsanleihen mit Laufzeiten über drei Jahren, abgestoßen worden seien französische Bonds mit Fälligkeiten im Jahr 2013.


Brunner

„Abgestraft wurden auch portugiesische Anleihen, insbesondere mit dreijährigen Laufzeiten“, weiß Brunner. Mit 17,25 Prozent lägen die Renditen um 390 Basispunkte höher als in der Vorwoche. Andere Länder seien trotz Abstufung der Kreditwürdigkeit von neun EU-Ländern durch die Ratingagentur Standard & Poor’s relativ ungeschoren davongekommen. „Die Renditen italienischer Anleihen haben im Durchschnitt gar um 40 Prozent nachgegeben“, meldet Brunner.

Vorläufige Einigung in Sicht

Die Drohung von Ministerpräsident Lukas Papademos, den Forderungsverzicht der privaten Gläubiger wenn nötig gesetzlich zu erzwingen, habe offenbar Wirkung gezeigt. „Statt der bisher genannten 50 Prozent ist nun ein Schnitt von 68 Prozent nicht mehr ausgeschlossen“, meint Daniel. Ergebnisse könnten innerhalb der kommenden Tage vorliegen. „Von den verbleibenden 32 Prozent soll nur ein kleiner Teil in bar ausbezahlt und der Rest in langlaufende Bonds umgewandelt werden“, weiß Daniel. Je nach Laufzeit soll sich der Kupon zwischen 3 und 4,5 Prozent bewegen. „Gläubigern mit einer Kreditausfallversicherung wäre eine Pleite sicher lieber als eine freiwillige Lösung“, erklärt Daniel. Denn bei einem Kreditereignis wäre die Versicherung in der Pflicht. Häufig seien Banken aber gleichzeitig Versicherungsgeber und -nehmer. Auch drohten die ersten Gläubiger bei einer Enteignung den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bemühen.

Griechische Bonds geben nach

Im Handel mit griechischen Anleihen geht es weiterhin hoch her. Etwa eine im Mai dieses Jahres fällig werdende Emission (WKN 830275) gab dem Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank im Wochenverlauf von 36 bis auf 30 Prozent nach und bewegt sich derzeit wieder zwischen 31,5 und 32 Prozent. Auch die Spekulation bei der im März dieses Jahres auslaufenden Anleihe (WKN A0T6US) habe erneut angezogen. Derzeit notiert sie bei rund 40 Prozent. Dagegen tendiert der im Jahr 2037 fällig werdende Bond (WKN A0DZVX) eher seitwärts zwischen 20,5 und 22,60 Prozent.

Bund-Future muss Federn lassen

Dem deutschen Rentenbarometer haben die positiven Entwicklungen eher zugesetzt. „Die Höchststände jenseits der 140 Punkte hat der Bund-Future erst einmal aus den Augen verloren“, berichtet die HSH Nordbank. Technisch erkennen die Analysten in der Abwärtsbewegung des Indikators im mittleren Bollinger-Band bei 138,80 Punkten eine gute Unterstützung.

VW-Neuemissionen gesucht

Per Saldo deckten Anleger sich Daniel zufolge in dieser Woche mit Corporate Bonds ein. Gekauft würden beispielsweise Newcomer von VW (WKN A1GY7L) mit einer Fälligkeit im Januar 2015 und einem Kupon von 2,125 Prozent. Neu emittiert und rege nachgefragt worden sei zudem eine weitere VW-Anleihe (WKN 91GY7M) mit einer Laufzeit bis 2019 und einer Verzinsung von 3,25 Prozent. Eine Mindestanlagesumme von 1.000 Euro mache diesen Wert auch für Privatanleger interessant.


Daniel

Anleger interessieren sich in dieser Woche Daniel zufolge darüber hinaus für eine Lafarge-Anleihe (WKN A0DZ77), die bis 2020 läuft und eine derzeitige Rendite von rund 7 Prozent bietet. Eine EnBW-Hybridanleihe (WKN A1MBBB) mit Fälligkeit im Jahr 2072 sowie ein 2025 auslaufender EnBW-Langläufer (WKN A0DG9U) landeten ebenfalls verstärkt in den Depots der Anleger. Käufe etwa einer Repsol- Anleihe (WKN A1GZFN) hoben die Notierung laut Brunner in dieser Woche auf 102 Euro und damit deutlich über den Ausgabepreis.

© 20. Januar 2012 / Iris Merker