Anleihen: Warten auf den Dezember

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13. November 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach den guten US-Arbeitsmarktzahlen am vergangenen Freitag wird am Markt nun überwiegend von einer US-Leitzinserhöhung im Dezember ausgegangen. Äußerungen von EZB-Chef Mario Draghi bei einer Anhörung vor dem Europaparlament am gestrigen Donnerstag verstärkten derweil Hoffnungen auf eine weitere geldpolitische Lockerung im Euroraum. Draghi verwies auf die weiter sichtbaren Risiken für die Konjunktur und die schwache Inflationsentwicklung. Die EZB sei daher bereit, ihr Stützungsprogramm im Dezember auszuweiten. Die Rendite für zweijährige Papiere, in der sich die Geldpolitik besonders deutlich widerspiegelt, fiel daraufhin bis auf ein Allzeittief von minus 0,36 Prozent, wie Arthur Brunner von der ICF Bank berichtet.

Der Euro-Bund-Future zeigt sich nach einigen Schwankungen gegenüber der Vorwoche kaum verändert und notiert am Freitagmittag bei 156,75 nach 156,46 Punkten vor einer Woche, zehnjährige Bundesanleihen werfen unverändert 0,60 Prozent ab. Durch die guten US-Arbeitsmarktzahlen in der Vorwoche hatten Bundesanleihen zwischenzeitlich allerdings verloren: „Von einem Renditetief von 0,42 Prozent für die zehnjährige Bundesanleihe im Oktober kletterte die laufende Verzinsung am Montagmittag bis auf 0,72 Prozent“, meldet Oliver Schellmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Bis zur Wochenmitte seien das Kursminus aber wieder mehr als aufgeholt worden.

Deutliche Verluste bei Portugals Anleihen

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Brunner

Unter Druck geraten sind portugiesische Staatsanleihen nach dem Sturz der Mitte-Rechts-Regierung durch die Linksparteien, wie Brunner berichtet. Das neue Bündnis könnte nun Lohn- und Rentenkürzungen rückgängig machen, die im Rahmen des Sparprogramms mit EU, EZB und IWF vereinbart worden waren. Die Rendite zehnjähriger portugiesischer Staatsanleihen kletterte auf 2,88 Prozent, aktuell sind es 2,78 Prozent. „Anfang des Monats waren es nur 2,6 Prozent, im Oktober rund 2,5 Prozent.“

Auch spanische Papiere verloren, die Rendite für zehnjährige Papiere stieg in der Spitze auf 1,98 Prozent, aktuell sind es 1,82 Prozent. „Das katalanische Parlament hatte am Montag beschlossen, die Region von Spanien abzuspalten“, erläutert Brunner. Beruhigt habe sich die Lage nach der Entscheidung des Madrider Verfassungsgerichts, das eine Abspaltung Kataloniens am Mittwoch vorerst stoppte.

Von Nachrichten aus Portugal und Spanien lässt sich Griechenland offenbar nicht beirren. „Hellas plant die Rückkehr an den Anleihemarkt“, meldet Klaus Stopp von der Baader Bank. Die Regierung in Athen habe bekannt gegeben, dass Griechenland sich im kommenden Jahr wieder Geld am Anleihemarkt besorgen wolle, und zwar in der zweiten Jahreshälfte. „Seit Mitte 2014 hat Athen keine Staatsanleihen bei privaten Investoren platziert.“

Etwas mehr Zuversicht bei Air Berlin

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Petz

Im Bereich der Unternehmensanleihen hat Rainer Petz von Oddo Seydler wieder Interesse an Air Berlin-Anleihen festgestellt. „Das hängt wohl mit der Pressekonferenz am Mittwoch zusammen.“ Die angeschlagene Fluggesellschaft hatte angekündigt, mit Langstreckenflügen, Kostensenkungen und der Konzentration auf Geschäftsreisende die Wende einläuten und innerhalb von zwölf bis achtzehn Monaten profitabel werden zu wollen. Gekauft wurden die bis 2018 laufenden Papiere mit Kupon von 8,25 Prozent (WKN AB100B) und die bis 2019 laufenden mit 6,75 Prozent (WKN AB199L). Der Kurs der bis 2018 laufenden Anleihe war Ende Oktober bis unter 90 Prozent gefallen, jetzt liegt er wieder bei knapp 100 Prozent.

Fitch-Urteil belastet VW

Daneben bleiben VW-Anleihen im Fokus. „Bei den Hybridanleihen (WKN A1ZE21) überwiegen wieder Abgaben“, stellt Brunner fest. Das hänge mit der Herabstufung von VW-Anleihen durch die Rating-Agentur Fitch zusammen, die zudem einen negativen Ausblick gegeben hatte. „Hybridanleihen werden jetzt nur noch mit BBB- bewertet, eine Stufe über Ramschniveau. Da sind einige Investoren gezwungen zu verkaufen.“

Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft spricht von einer umsatzschwachen Woche – trotz einiger Nachrichten. „RWE hat zum Beispiel gestern Zahlen gebracht, doch auch da ist nicht viel passiert.“ Eigentlich sei Umsatz in RWE-Anleihen (WKN A14KAB, A13SHX) zu erwarten gewesen.

Neues von BMW

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Daniel

BMW hat eine neue fünfjährige Anleihe mit Kupon von 0,875 Prozent begeben (WKN A18UWD), wie Daniel außerdem berichtet. Mit einer Mindestanlagesumme von 1.000 Euro richtet sich die Emission auch an Privatanleger.

Am Dienstag hat die Joh. Friedrich Behrens AG, Produzent von Werkzeugmaschinen, die Emission der bis 2020 laufenden Unternehmensanleihe mit Kupon von 7,75 Prozent (WKN A161Y5) beendet. Insgesamt konnten inklusive des Umtauschanteils von Schuldverschreibungen der Unternehmensanleihe 2011/2016 15 Millionen Euro der neuen Anleihe bei institutionellen Investoren und Privatanlegern platziert werden. Am Freitagmittag wird das Papier zu 101,1 Prozent gehandelt, was einer Rendite von 7,58 Prozent entspricht.

Alternativen zum Euro

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Stopp

In Erwartungen steigender Zinsen in den USA hat der US-Dollar zuletzt deutlich aufgewertet, ein Euro kostet am Freitag nur noch 1,07 US-Dollar – Mitte Oktober waren es noch 1,14 US-Dollar. „Um mit ihrem Depot für den Jahresendspurt gerüstet zu sein, fragen Privatanleger vornehmlich Anleihen auf türkische Lira, US-Dollar und brasilianische Real nach“, stellt Stopp fest. Bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft hat sich die Euro-Schwäche noch nicht niedergeschlagen. „Das scheint bei Anlegern noch nicht ganz angekommen zu sein“, vermutet Daniel.

von Anna-Maria Borse,

Deutsche Börse AG © 13. November 2015