Anleihen: Warten auf die Federal Reserve

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11. September 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vor der Sitzung der US-Notenbank in der kommenden Woche läuft das Bond-Geschäft Händlern zufolge trotz starker Schwankungen an den Aktienmärkten eher schleppend. „Niemand weiß momentan, ob die Zinsen im September erhöht werden oder nicht“, beschreibt Klaus Stopp von der Baader das gegenwärtige Vakuum. Denn mit der reinen Beurteilung der Wirtschaftsdaten komme man nicht so recht weiter. „Zu unterschiedlich sind die Zahlen, als dass man sich klar als Taube oder Falke outen könnte.“ Stopp erwartet, dass so manches Ausschussmitglied seine Entscheidung für oder wider eine Erhöhung nach intensiver Diskussion durchaus spontan treffen wird.

Für seinen Kollegen Robert Halver ist die US-Leitzinswende „so unnötig wie ein Kropf“. Neben einem weltweit schwächeren konjunkturellen Umfeld litten die Amerika unter dem starken, exportschädlichen US-Dollar. Mit 46,5 liege der Subindikator für Exportaufträge des Einkaufsmanagerindex ISM mittlerweile klar unterhalb der Expansionsschwelle von 50. Der Händler steht mit seiner Meinung zwar nicht allein. Dennoch agierten viele Marktteilnehmer getreu dem Motto „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“. Wenn nicht im September, komme die Zinswende eben im Dezember oder vielleicht auch schon im Oktober.

Gegengewicht zur EZB-Politik

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Stopp

Durch die Kursgewinne an den Aktienmärkten Mitte der Woche gerieten als sicher geltenden Staatsanleihen laut Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank tendenziell ins Hintertreffen. „Die Erklärung seitens des chinesischen Finanzministeriums, expansiv gegen die drohende Konjunkturabschwächung vorzugehen, zeigte Wirkung.“

Für Stopp könnte die People’s Bank of China damit durchaus die Strategie der Europäischen Zentralbank durchkreuzen. Der Billionen schwere Devisenberg Chinas sei allein von Juli bis August um rund 94 Milliarden auf 3,56 Billionen US-Dollar geschmolzen. „Dies deutet darauf hin, dass die chinesische Notenbank den Yuan mit Devisenverkäufen massiv stützt.“ Sollte China seine Anlagen in den Industrienationen auflösen und Devisen verkaufen, könne dies in den betroffenen Staaten eine ungewollte geldpolitische Straffung samt Erhöhung der Marktzinsen nach sich ziehen. 

Brasilianische Bonds zeitweise unter Druck

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Brunner

Mit der Herabstufung Brasiliens von BBB- auf BB+ hat die Rating-Agentur Standard & Poor’s dem Land das Investment Grade entzogen, wie Brunner feststellt. „Damit verliert Brasilien seinen Status als sicherer Schuldner.“ Bonds brasilianischer Unternehmen etwa von Petrobas (WKN A1GX3A) sowie Staatsanleihen seien daraufhin ins Rutschen geraten, hätten sich im weiteren Handelsverlauf zum Teil aber wieder gefangen. „Vielen Schwellenländer macht der Preisverfall bei Rohstoffen zu schaffen.“

US-Konzerne bleiben aktiv

Unter den Neuemittenten befinden sich Brunner zufolge nach wie vor viele US-Anbieter. „Mit dem billigen Geld über Euro-Anleihen können die Firmen sich auf eine solidere Verschuldungsbasis stellen.“ Unter anderem würden die eingesammelten Mittel häufig für Aktienrückkäufe genutzt. Als prominentestes Beispiel nennt der Händler zwei Tranchen von Apple in Höhe von jeweils eine Milliarde Euro. Für eine Laufzeit bis 2024 (ISIN XS1292384960) bietet der Elektronikriese jährlich 1,4 Prozent Zinsen. Anleger, die in eine bis 2027 (ISIN XS1292389415) laufende Anleihen investieren, erhalten einen Kupon von 2,05 Prozent. Beide Emissionen sind im Moment noch nicht in Frankfurt handelbar.

Bewegungen bei Unternehmensanleihen

Ein Langläufer der größten deutschen Fluggesellschaft gehört bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft zu den meist gehandelten Unternehmensanleihen. Trotz Streik ist ein im August begebener bis 2075 laufender Lufthansa-Bond (WKN A161YP) mit einem Kupon von 5,125 Prozent rege gekauft worden, wie Gregor Daniel meldet. Die nachrangige Hybridanleihe, die aktuell für 101,65 Prozent zu haben ist, kann von der Lufthansa 2021 gekündigt werden.

An einer neuen, mit 1,125 Prozent verzinsten fünfjährigen BMW-Anleihe (WKN A1Z6M1) zeigten Anleger nach Beobachtung des Händlers bislang wenig Interesse. Aktuell notiert der Wert bei 99,80 Prozent.

Sabine Tillmann spricht von anhaltend regem Interesse an einer jährlich mit 9,5 Prozent verzinsten und bis Mai 2018 laufenden Anleihe von Heckler & Koch (WKN A1KQ5P). Allerdings sei der Kursgewinn der vergangenen Woche mitterlweile wieder dahin geschmolzen. Der Preis gab in den vergangenen Handelstagen von rund 82 auf knapp 80 Prozent nach. Die Händlerin führt dies auf eine Meldung zurück, demnach das G36 als Standardgewehr der Bundeswehr auf absehbare Zeit ausgemustert wird. 

von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 11. September 2015