19. Mai 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ob eine Konsolidierung der Märkte ins Haus steht oder nicht, beschäftigt auch in dieser Woche die Marktteilnehmer und sorgt den Skontroführern zufolge für eine ruhige Handelswoche bei Auslandsaktien. Dabei habe sich etwa der chinesische Markt am Mittwoch trotz erwarteter Schwächung der Wirtschaftsaktivität fest präsentiert. „Analysten gehen davon aus, dass der Bankensektor und die Stahlbranche aus der sich abzeichnenden Abkühlung der chinesischen Konjunktur relativ unbeschadet hervorgehen werden“, erklärt Walter Vorhauser von der Close Brothers Seydler Bank. Beide Bereiche seien Schwergewichte im Index und hätten deshalb durchaus Signalwirkung.
Aus Japan würden erste Stimmen laut, nach der sich das Land nach dem Jahrhundertbeben in einer Rezession befinde. „Das Bruttoinlandsprodukt ist mit 0,9 Prozent fast doppelt so stark wie erwartet geschrumpft“, weiß Roland Stadler von der Baader Bank. Es seien die Meldungen über Lieferengpässe in der Industrie und Stromausfälle, die Ökonomen zu dem Schluss kommen ließen, dass die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt wohl erst in der zweiten Jahreshälfte wieder etwas auf die Beine komme.
In den USA nehme eine Wende in der Geldpolitik Gestalt an. In ihrer jüngsten Sitzung hätten die Währungshüter über eine Exit-Strategie aus der Politik des ultralockeren Geldes debattiert. Eine schnelle Abkehr erwartet Vorhauser jedoch nicht. Es bestehe noch Diskussionsbedarf im Offenmarktausschuss der Federal Reserve. Wahrscheinlich sei, dass es eine Zinsanhebung geben wird. „Wann und in welcher Höhe steht aber noch aus “, erklärt der Händler. Er erwarte die ersten Schritte nicht vor Herbst oder Winter. „Die zwei Sorgenkinder Häuser- und Arbeitsmarkt springen immer noch nicht so richtig an“, bemerkt Vorhauser. Und diese beiden Faktoren würden für eine Zinsentscheidung durchaus in die Waagschale gelegt. So hätten die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den letzten Wochen enttäuscht und bei den Eigenheimverkäufen gebe es ein regional uneinheitliches Bild. Während die schwebenden Hausverkäufe leicht gestiegen seien, gebe es etwa bei den Verkäufen in Kalifornien ein großes Minus.
Börsengang von Glencore erfolgreich
Einnahmen von rund zehn Milliarden US-Dollar könne Glencore (WKN A1JAGV) mit dem erfolgreichen Börsengang am Donnerstag verbuchen. Der Rohstoffkonzern sei nun in London und Hongkong notiert. In Frankfurt werde man die Aktie des größten Schweizer Konzerns ab der kommenden Woche ebenfalls handeln können, berichtet Roland Stadler. Der Preis wurde auf 530 Pence je Aktie festgelegt. Damit liege der Ausgabekurs wie erwartet in der Mitte der Preisspanne von 480 bis 580 Pence.
Stadler
„Nur Branchenkenner können in der Regel mit dem Namen Glencore etwas anfangen“, glaubt Stadler. Denn der Konzern sei in den Medien bisher kaum in Erscheinung getreten. Mit einem Jahresumsatz von 145 Milliarden US-Dollar und einem Gewinn von 3,8 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr spiele der Rohstoffkonzern aber in der Liga der ganz Großen mit. Mit den Erlösen aus dem Börsengang plane der Rohstoffhändler, der mit Metallen, Öl, Kohle und landwirtschaftlichen Produkte wie Baumwolle, Weizen und Zucker sein Geld verdient, nun Zukäufe.
Dämpfer für Hewlett-Packard
Die Aussichten für Hewlett-Packard (WKN 851301) sind getrübt. Am Dienstag habe der Konzern die Umsatzerwartungen für das laufende Geschäftsjahr, das zur Hälfte vorbei sei, um eine Milliarde auf nun rund 130 Milliarden US-Dollar nach unten revidiert. Statt eines Gewinns von 5,20 bis 5,28 US-Dollar je Aktie gehe der Computergigant nun noch von rund fünf US-Dollar aus. Zwischenzeitlich über 10 Prozent leichter habe die Aktie daraufhin notiert. „Dem Technologieschwergewicht macht vor allem die schwache Nachfrage von Privatkunden nach PCs das Leben schwer“, bemerkt Walter Vorhauser. Ein Umsatzminus von 23 Prozent im zweiten Quartal 2011 spreche eine deutliche Sprache. „HP hinkt bei den Tablet-PCs hinterher“, beobachtet der Händler. Als Zweit-PC legten sich viele Kunden statt eines Netbooks oder Laptops lieber die flachen Geräte zu. Und obwohl das Unternehmen mit dem Touchpad ein gutes Produkt im Angebot habe, überzeugten die Preise nicht. „Es kostet genauso viel wie das ausgereifte iPad von Apple“, weiß Vorhauser. Damit könne man keine Marktanteile bei Privatkunden gewinnen. Im Geschäftskundenbereich liefe mit einem Umsatzplus von 13 Prozent alles rund.
Auch die Ergebnisse auf Dreimonatsbasis könnten sich sehen lassen. Ein Umsatzplus von drei Prozent auf 31,63 Milliarden US-Dollar im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr sei durchaus ordentlich. Erwartet worden waren 31,52 Milliarden US-Dollar. Der Nettogewinn von 2,3 Milliarden Dollar liege auch über dem Vorjahresergebnis.
Gartensaison noch nicht eröffnet.
Trotz schleppend anlaufendem Frühjahrsgeschäft mit Gartenprodukten kann Home Depot (WKN 866953) beim Gewinn über Erwartung zulegen. Dank geringerer Kosten ist dieser im ersten Quartal um 12 Prozent besser ausgefallen als im Vorjahr. Netto hat die US-Baumarktkette 812 Millionen US-Dollar oder 0,50 US-Dollar pro Aktie verdient.
Vorhauser
„Schlechtes Wetter hat dem Unternehmen in den ersten Monaten das Geschäft etwas verdorben“, weiß Walter Vorhauser. Dennoch zeige sich Home Depot bei den Gewinnprognosen von 2,24 US-Dollar für das Geschäftsjahr 2011 selbstsicher. „Das liegt sicher auch an dem gerade gestarteten Aktienrückkaufprogramm der Baumarktkette“. Das werde sich positiv auf die Erträge für das Gesamtjahr auswirken. Börsenteilnehmer hätten die guten Aussichten von Home Depot zunächst mit einem Aufschlag von zwei Prozent für die Aktie belohnt. Bei knapp 26 Euro am Donnerstag notiere sie aber wieder etwas leichter. Belastet werde der Kurs durch das Ausbleiben einer spürbaren Erholung der US-Baubranche.
Luxusgüter von Richemont in Asien gefragt
Gute Geschäfte in Asien und Nordamerika haben Richemont (WKN A0Q9J3) zu einem deutlichen Gewinnsprung von 79 Prozent für das vergangene Geschäftsjahr verholfen. Mit einem Gewinn von 1,08 Milliarden Euro sei der Schweizer Luxusgüterkonzern dennoch unter den Erwartungen von 1,17 Milliarden Euro geblieben. „Schmuck von Cartier, Uhren von Jaeger LeCoultre und Mantblanc Füllfederhalter waren besonders gefragt“, berichtet Stadler. Mit diesen Produktgruppen habe Richemont mit 6,89 Milliarden Euro ein Drittel mehr Umsatz gemacht. Nach 0,35 Franken im Vorjahr plane das Unternehmen nun Dividenden in Höhe von 0,45 Franken.
Auch werde das Aktienrückkaufprogramm aufgestockt. Zusätzlich zu den bereits angekündigten zehn Millionen Aktien plane das Unternehmen den Erwerb von nochmals fünf Millionen Stück. Auch für das laufende Jahr setze der Konzern auf Wachstum. Allein im April habe Richemont 32 Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet. Dennoch habe die Aktie über vier Prozent nachgegeben. „Die Schwäche des Wertpapiers scheint aber eher die Luxusgüterbranche insgesamt zu reflektieren“, beobachtet Stadler.
© 19. Mai 2011 / Iris Merker