Auslandsaktien: Bei Anruf Gewinn?

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5. März 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die „Volksaktionäre“ reiben sich derzeit die Augen: Nachdem die Deutsche Telekom-Aktie jahrelang nicht vom Fleck kam, kostet der Titel mittlerweile 16,72 Euro nach 13,33 Euro per Ende 2014 – ein Plus von 25 Prozent in gut zwei Monaten. Damit steht die Telekom nicht alleine da: Die ganze Branche ist im Aufwind, der Stoxx Europe 600 Telecommunications, der 22 europäische Unternehmen aus dem Sektor abbildet, hat seit Jahresanfang um 16,2 Prozent zugelegt und damit den marktbereiten Stoxx Europe 600, der „nur“ auf 14,4 Prozent kommt, hinter sich gelassen.

Die britische Barclays Capital versprühte in dieser Woche Optimismus in Sachen Telekombranche: Nachlassende regulatorische Risiken, Wachstumschancen im mobilen Datenverkehr und die Marktkonsolidierung sorgten für steigende Zuversicht, dass sich der Telekomsektor endlich stabilisieren und mittelfristig wachsen werde, erklärten die Analysten in einer Branchenstudie. Die Deutsche Telekom bleibt dabei „Top Pick“ der Bank.

T-Mobile macht viel Freude

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Vorhauser

Dass die Telekom-Aktie so gut läuft, liegt allerdings vor allem an der US-Tochter T-Mobile. „Eigentlich wollte die Deutsche Telekom T-Mobile verkaufen, erst an Sprint, dann an AT&T, was aus kartellrechtlichen Gründen nicht klappte. Jetzt hat sich die Tochter aber vom Sorgenkind zum Wachstumstreiber entwickelt“, bemerkt Walter Vorhauser von Oddo Seydler. Der Gewinn von T-Mobile US stieg 2014 um 11 Prozent, der Umsatz um 21 Prozent. „Im Gespräch ist jetzt eine Fusion von T-Mobile mit dem US-Bezahlfernsehanbieter Dish. Damit könnte T-Mobile sein Funkspektrum ausweiten und die Kosten senken.“ Das sei gerade angesichts der bald anstehenden Auktionen von Sendefrequenzen in den USA interessant. T-Mobile US kostet an der Börse Frankfurt (WKN A1T7LU) aktuell 29,32 Euro, Ende 2014 waren es nur 22,83 Euro.

Hohe Abschreibungen für Telefónica

Neben der Deutschen Telekom kommen auch andere europäische Branchenschwergewichte in diesem Jahr auf satte Gewinne, etwa Frankreichs Telekommunikationsriese Orange (WKN 906849) und die britische BT Group (WKN 794796). Der Kurs der spanischen Telefónica (WKN 850775) kletterte seit Jahresanfang von 11,93 auf 13,80 Euro. Dabei sind die jüngsten Zahlen des Konzerns alles andere als gut ausgefallen: Im vergangenen Jahr gab es einen Gewinneinbruch um ein Drittel auf 3 Milliarden Euro, der Umsatz schrumpfte um 12 Prozent auf 50,38 Milliarden. Ein Grund: Bei der venezolanischen Tochter musste der Konzern Milliarden abschreiben.

Aus Europa kommen aber nun guten Nachrichten: Nach dem Zusammenschluss der Telefónica-Tochter O2 mit E-Plus sollen ab Mitte April die UMTS-Netze der beiden Unternehmen gebündelt werden. „Wir werden mit der kombinierten Netzversorgung das beste Netzerlebnis über UMTS in Deutschland bieten“, erklärte der Deutschland-Chef von Telefónica Thorsten Dirks am Rande der noch bis heute laufenden Mobilfunkmesse Mobile World Congress in Barcelona. „Das kommt der Telefónica-Aktie zugute“, erklärt Roland Stadler von der Baader Bank.

Ebenfalls nach oben geht es in diesem Jahr für die Telefónica-Tochter Telefónica Brasil. Die ADRs des Unternehmens (WKN A1JMAT), also aktienvertretende Zertifikate, verteuerten sich in diesem Jahr von 14,41 auf aktuell 15,53 Euro. „Trotz schwierigem Umfeld mit rückläufigen Wachstumsraten und steigender Inflation in Brasilien konnte das Unternehmen seinen Nettogewinn im Schlussquartal 2014 steigern“, berichtet Vorhauser.

Nachzügler Vodafone?

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Stadler

Zulegen konnten auch Vodafone-Aktien in diesem Jahr – allerdings nur in Euro. An der Börse Frankfurt (WKN A1XA83) stieg der Titel von 2,83 auf aktuell 3,14 Euro. „In London hat sich der Preis kaum bewegt“, bemerkt Stadler.

Branchenanalysten sind für die Zukunft allerdings positiv gestimmt: So hat Barclays das Kursziel für Vodafone von 245 auf 265 Pence (aktuell 227 Pence) angehoben und die Einstufung auf „Overweight“ belassen, J.P. Morgan hat „Overweight“ bei einem Kursziel von 265 Pence bestätigt. Die zuletzt im Branchenvergleich unterdurchschnittliche Kursentwicklung reflektiere Sorgen über Wechselkursbelastungen sowie Unsicherheiten mit Blick auf anstehende Auktionen in verschiedenen Ländern, heißt es. Gleichzeitig verbesserten sich aber die Fundamentaldaten im europäischen Mobilfunkgeschäft des Konzerns.

Kein grünes Licht für alle

„Generell profitieren Telekomunternehmen, die ja häufig hoch verschuldet sind, von den niedrigen Zinsen“, meint Stadler. Doch längst nicht alle Konzerne kommen bei Analysten gut weg: Bei Telefónica fallen die jüngsten Beurteilungen eindeutig negativ aus. Etwa raten Deutsche Bank und Independent Research zum Verkauf, die grundsätzlich für die Branche optimistische Barclays stuft die Aktie nur auf „Equal weight“.

Independent Research hat das Kursziel für Telefónica zum Beispiel von 12 auf 11 Euro gesenkt. Das vierte Quartal sei noch enttäuschender ausgefallen als befürchtet, heißt es zur Begründung. Der Deutschen Bank zufolge kamen die Abschreibungen nicht ganz überraschend, allerdings spiegle der Aktienkurs dies noch nicht vollständig wider. Als Kursziel werden nur 10 Euro genannt.

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 5. März 2015