Auslandsaktien: Substanz ist gefragt

28. April 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vor dem Hintergrund weiter steigender Börsen in aller Welt berichten die Skontroführer im Handel mit Auslandsaktien von eher österlich ruhiger Stimmung. Die laufende Rallye bei den großen Indizes bezeichnet die Baader Bank indes als eine Art Verdrängungsmechanismus bei Anlegern. „Obwohl die großen Probleme nach wie vor ungelöst sind, werden diese eher in den Hintergrund geschoben“, meint Roland Stadler. Anleger suchten bei steigender Teuerungsrate nach Werten und würden sie in den Basisinvestments finden. Selbst Japan knüpfe nach dem zwischenzeitlichen Tief von fast 8.400 Punkten bei aktuell nahezu 9.900 Punkten bereits wieder an die Zeit vor der Katastrophe an. Vieles davon seien vorweg genommene Lorbeeren mit Blick auf den Wiederaufbau. „Über kurz oder lang werden diese Aufbauarbeiten beginnen und für Umsatzschübe bei japanischen Unternehmen sorgen“, vermutet Stadler.

Alles so weiter wie gehabt heißt es aus den USA. Weder ein vorzeitiger Zinsanstieg sei vorgesehen, noch werde die Politik des lockeren Geldes früher beendet als im Fahrplan stehe, berichtet Walter Vorhauser. Anders als die Europäische Zentralbank sehe die Federal Reserve in der derzeitigen inflationären Entwicklung keine Gefahr für die weitere konjunkturelle Entwicklung und halte deshalb den Zinssatz stabil zwischen 0 und 0,25 Prozent. „Das Aufkaufprogramm der US-Staatsanleihen für 600 Milliarden US-Dollar wird planmäßig Ende Juni abgeschlossen“, berichte der Händler der Close Brothers Seydler Bank. So richtig springe der US-Arbeitsmarkt immer noch nicht an, und die inflationären Tendenzen halte der Notenbankchef durch den Anstieg der Rohstoffpreise bedingt nur für ein vorüber gehendes Phänomen.

Gute Stimmung bei Ericsson

Stadler
Stadler

Die Netzwerksparte sorgt bei Ericsson für Zufriedenheit. Eine Verdreifachung des Nettogewinn im ersten Quartal 2011 durch deutliche Steigerungen im Netzwerkgeschäft hat das Unternehmen (WKN 850001) in dieser Woche verkündet. Statt 1,3 Milliarden Kronen blickt der schwedische Mobilfunkausrüster auf einen Verdienst von 4,1 Milliarden Kronen in den ersten drei Monaten. „Das lag deutlich über den Erwartungen der Marktbeobachter“, meldet Stadler. Vor allem der Zuwachs von Marktanteilen bei 3-G Netzen und den neuen 4G-LTE-Netzen hätten für die ansehnlichen Erträge und einem stolzen Ebita von 20 Prozent gesorgt. Mittlerweile seien über 50 Prozent des weltweiten Marktes für Mobilfunknetze in der Hand des schwedischen Konzerns, der vor allem in den USA und China auftrumpfen könne.

Weder der Tsunami noch die Erdbebenkatastrophe habe die Geschäfte von Ericsson bisher nennenswert beeinträchtigt. Das könne sich zwar im weiteren Jahresverlauf ändern. „Ericsson hat aber offensichtlich vorgesorgt und plant eventuelle Lieferverzögerungen bis Ende des dritten Quartal im Griff zu haben“, berichte der Händler. Über zwölf Prozent fester notierte die Aktie des Schweden nach Bekanntgabe der Ergebnisse.

Boeing startet gut ins neue Jahr

Weniger Verkehrsflugzeuge, aber eine stabile Rüstungssparte, so könne man die Geschäfte von Boeing (WKN 850471) im ersten Quartal zusammenfassen. Trotz eines Umsatzrückgangs um zwei Prozent auf 14,9 Milliarden US-Dollar ist der Gewinn um 13 Prozent auf 586 Millionen US-Dollar gewachsen und übertrifft damit die Markterwartungen. „Eine geringe Steuerbelastung und Einschnitte bei den Kosten schlagen hier zu Buche“, erklärt Walter Vorhauser. Für Forschung und Entwicklung habe der US-Flugzeugbauer ebenfalls weniger ausgegeben als geplant.

Vorhauser
Vorhauser

Für das Gesamtjahr wolle Boeing mit der Auslieferung von insgesamt mindestens 485 Verkehrsflugzeugen einen Umsatz von 68 Milliarden US-Dollar machen, wobei im ersten Quartal lediglich 104 Maschinen fertig gestellt worden seien. „Im Herbst soll auch der lang ersehnte Dreamliner an den Start gehen“, weiß der Händler. Für diesen Typ lägen mittlerweile 835 Bestellungen vor. Auch werde der vergrößerte Jumbo-Jet 747-8 im Sommer den Flug zu den Kunden antreten. Der Gewinn je Aktie soll sich für das Gesamtjahr zwischen 3,80 und 4,00 US-Dollar bewegen. An den Märkten seien die Bekundungen mit Kurszuschlag von 1,5 Prozent belohnt worden.

Mit Synthes an die Spitze des Orthopädiemarkts

Mit der Übernahme von Synthes (WKN A0B5F2) plane Johnson & Johnson (WKN 853260) die Spitzenposition im Orthopädiegeschäft zu erobern, berichtet Stadler. Rund 21 Milliarden US-Dollar lasse der US Konzern sich den Schweizer Weltmarktführer für Implantate zur Behandlung von Knochenbrüchen kosten. Große Hürden bis zum Abschluss der Transaktion würden nicht mehr erwartet. „Beide Unternehmen sprechen sich für den Kauf aus und eine Konkurrenzofferte ist nicht in Sicht.“

Das Angebot an die Aktionäre von 159 Schweizer Franken je Aktie in einer Kombination aus Bargeld und eigenen Aktien liege rund acht Prozent über dem Schlusskurs von Dienstag. „Wenn man den Kurs von Mitte April zugrunde legt, kommt man auf eine Prämie von gut 20 Prozent“, erklärt der Händler der Baader Bank. „Zu dem Zeitpunkt kamen erste Gerüchte über den möglichen Mega-Deal auf.“

Begeisterung habe dqw Geschäft bei Investoren indes nicht ausgelöst. „Das kann an dem hohen Aktienanteil im Übernahmeangebot liegen“, vermutet Stadler. 55,65 Franken biete Johnson & Johnson den Synthes-Aktionären in bar für eine Aktie, der Rest werde mit Anteilen des US-Unternehmens beglichen. Das berge Währungsrisiken. Zudem werde das Geschäft erst im kommenden Jahr besiegelt. Auch das Kartellamt könnte noch ein Wörtchen bei der möglichen marktbeherrschenden Stellung im Bereich Trauma-Behandlung mitreden wollen. „Dann kann sich das Ganze noch weiter hinziehen“, begründet Stadler die Skepsis der Anleger.

Chip-Designer ARM auf Erfolgskurs

Der Boom bei Smartphones und Tablets bescherte dem britischen Chip-Designer ARM (WKN 913717) ein kräftiges Plus bei Umsatz und Gewinn. 130 Millionen Euro oder 26 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres habe der Brite mit Prozessor-Lizenzen im ersten Quartal umgesetzt. Beim Gewinn sei eine Steigerung von 34 Prozent auf 57 Millionen Euro möglich gewesen. „Das Design von ARM bildet die Grundlage für fast alle aktuellen Handys und Tablets“, rückt Vorhauser das Unternehmen ins rechte Licht. ARM habe mit seiner effizienten Chip-Architektur und einem niedrigen Stromverbrauch die mobile Revolution mitgestaltet. Fast alle großen Hersteller zählten zu seinen Kunden. Wenn etwa von einem Snapdragon-Chip in Googles Handy Nexus One, einem Tegra2 im aktuellen Android-Tablets oder einem A5-Prozessor im iPad 2 die Rede ist, arbeite im Hintergrund ARM-Technologie. An den Märkten seien die positiven Ergebnissen kaum zur Kenntnis genommen worden. Die Aktie hat sich um 0,7 Prozent wenig nach oben bewegt und notiert am Donnerstag bei 21,74 Euro.

© 28. April 2011 / Iris Merker

Ausländische Unternehmen im Überblick

Unternehmen Branche Land WKN
Ericsson Telekommunikaton Schweden 850001
Boeing Co. Industrie USA 850471
Synthes Medizintechnik Schweiz A0B5F2
Johnson & Johnson Pharma USA 853260
ARM Elektrotechnologie GB + Northern Ireland 913698