Auslandsaktien: Trinkflaute in China

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30. Januar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Finanzkrise ist weitestgehend in den Hintergrund getreten, die Konjunktur zieht an und es wird sogar wieder gefeiert. Ein gutes Umfeld für die Hersteller von Spirituosen – könnte man meinen. Die allerdings haben gerade ein Problem am wichtigen Absatzmarkt China. Laut dem Handelsblatt fallen Luxusgeschenke unter die Anti-Korruptionskampagne der chinesischen Führung.

China ist weltweit der größte Absatzmarkt für Alkohol. 38 Prozent des globalen Spirituosenkonsums findet hier statt, zeigen Daten des Brancheninstituts International Wine & Spirit Research. Für europäische Hersteller hochprozentiger Getränke hatte China dementsprechend eine enorme Umsatzbedeutung.

Rémy Cointreau schon am Boden?

Deutlich zu spüren bekommt diesen politischen Wandel etwa die französische Remy Cointreau (WKN 883206). Der Umsatz der wichtigen Cognac-Sparte, die 80 Prozent des operativen Gewinns der Franzosen ausmacht, brach allein von Oktober bis Dezember um rund ein Drittel ein. In diesem Geschäftsjahr rechnet der Konzern beim operativen Gewinn mit einem prozentual „deutlich zweistelligen“ Rückgang. Personell hat dieser Einbruch bereits Konsequenzen: Nachdem erst vor vier Wochen Cointreau-Chef Frederic Pflanz sein Amt aufgegeben hatte, nahm vor wenigen Tagen auch der Chef der Tochter Rémy Martin, Patrick Piana, seinen Hut. Jetzt soll Eric Vallat, ehemaliger Manager des weltgrößten Luxusgüterkonzerns LVMH, der Cognac-Sparte Remy Martin zu neuem Schwung verhelfen.

Ob das den bereits anderthalb Jahre anhaltenden Abwärtstrend der Aktie stoppt, bleibt allerdings abzuwarten. Immerhin spricht aus Sicht von Michael Arras von Close Brothers Seydler die Charttechnik derzeit eher für Rémy Cointreau. „Seit dem Top bei 101,50 Euro im Sommer 2012 ist der Titel auf aktuell 55 Euro gefallen. Damit ist Rémy Cointreau an einer soliden Unterstützung bei 53 bis 55 Euro angelangt – möglicherweise ein Punkt für einen Neueinstieg in den Titel“, erklärt der Spezialist und weist darauf hin, dass mittlerweile auch die Indikatoren stark überverkauft seien. Bei der Betrachtung des Kursrückgangs seit 2012 sei zudem zu beachten, von welchem Niveau die Aktie komme. „Seit Anfang 2009 hatte sich der Kurs von rund 20 auf 100 verfünffacht. Da haben viele Leute Gewinne mitgenommen.“

So hat etwa die Citigroup ihre Anlageempfehlung für die Aktie zuletzt von „Sell“ auf „Neutral“ angehoben. JPMorgan hingegen hält es für verfrüht, von einer Bodenbildung zu sprechen. Im Rahmen einer Branchenstudie hat das Analysehaus zuletzt daher das Kursziel von 56 auf 49 Euro gesenkt und die Einstufung „Underweight“ bekräftigt. Mit der starken Ausrichtung auf den chinesischen Markt sei Remy Cointreau im Vergleich zur Branche aktuell in einer sehr unvorteilhaften Position, heißt es zur Begründung. Das Unternehmen erwirtschaftet fast die Hälfte des Gesamtumsatzes in China.

Auch Pernod von China-Flaute belastet

Auch der Wettbewerber Pernod Richard leidet unter dem Konsumrückgang in China, wie Jan Vrbsky von der Baader Bank anmerkt. Mit einem Fünftel Gewinnanteil macht das China-Geschäft bei Pernod Ricard weitaus weniger aus als etwa bei Rémy Cointreau. Geringer fallen auch die Kursverluste der Aktie aus: Auf Sicht eines Jahres hat das Papier knapp 13 Prozent eingebüßt, im Vergleich dazu waren es über 40 Prozent bei Rémy Cointreau. Aktuell notiert der Titel bei rund 80 Euro.

Diageo brechen nach enttäuschenden Zahlen ein

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Vrbsky

Etwas besser erging es in den vergangenen Monaten den Aktionären des britischen Getränkemultis Diageo (WKN 851247) – zumindest bis vergangene Woche. „Das Papier bewegte sich 2013 stabil zwischen 22 und 25 Euro, auf Jahressicht stand sogar ein leichtes Plus zu Buche. Die heute vorgelegten Zahlen für das erste Halbjahr haben am Markt allerdings für Enttäuschung gesorgt und Diageo auf Talfahrt geschickt“, beobachtet Vrbsky. Nachdem die Aktie schon in den vergangenen Tagen deutlich zurückgekommen war, notiert sie am heutigen Donnerstag erneut 6 Prozent im Minus bei knapp über 21 Euro. „Das ist ein enorm starker Rückgang für einen defensiven Wert wie Diageo, der lange Zeit als sicherer Hafen galt und nicht zuletzt auch wegen seiner attraktiven Dividende in den vergangenen Jahren in viele Depots gewandert ist“, weiß der Spezialist.

Auch den Briten bereitet vor allem das Geschäft in einigen Schwellenländern Sorgen: Von Juli bis Dezember brachen die Umsätze in der Region Asien-Pazifik um 10 Prozent ein. Der bislang ebenfalls schwächelnde Markt in Westeuropa scheint dagegen wieder auf die Beine zu kommen, wie Diageo-Chef Ivan Menezes sagte. Zwar stieg der Gesamtgewinn des weltweit größten Spirituosen-Herstellers im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2013/14 von 1,5 im Vorjahr auf 1,6 Milliarden Britische Pfund. Der Umsatz ging jedoch um 1 Prozent auf 5,93 Milliarden Pfund zurück.

Diageo hat nun angekündigt, der Wachstumsschwäche in Asien mit Einsparungen und einer Verschlankung des Konzerns entgegentreten zu wollen. „Daneben haben die Briten den Vorteil, sowohl von Seiten der Produktpalette als auch regional viel breiter aufgestellt zu sein als etwa Rémy Cointreau“, betont Vrbsky und geht davon aus, dass Diageo das veränderte Marktumfeld in China dadurch besser verkraften kann. Diageo hat bekannte Marken wie Johnnie Walker, Guinness, Gordon’s Gin oder Smirnoff im Angebot und ist sehr stark auf dem US-Markt vertreten.

von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG
© 30. Januar 2014