Baader Bond Markets: "Durchkreuzt Peking die Strategie der Europäischen Zentralbank?"

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10. September 2015. MÜNCHEN (Baader Bank). Ein erwartetes Wirtschaftswachstum für 2015 von 7 Prozent gilt zwar anderswo als Grund zur Euphorie, in China aber wäre dies das schwächste Plus seit einem Vierteljahrhundert. Deshalb sorgt eine solche Perspektive für schlechte Stimmung – im Land selbst und natürlich auch bei der Exportwirtschaft der restlichen Welt. Es seien andere Zeiten angebrochen, meint Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer, und blickt wehmütig auf einst zweistellige Wachstumsraten im Reich der Mitte zurück. Dabei sind es vor allem strukturelle Probleme, die sich in China jetzt Bahn brechen.        

Da ist zum einen der hohe Schuldenstand, der in einer Größenordnung von 280 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes des Landes liegt. Und da ist zum anderen das langsame Tempo, mit dem Reformen hin zu mehr Rechtsstaatlichkeit angegangen werden. Eklatante Mängel haben sich zuletzt bei der Explosionskatastrophe in der Hafenstadt Tianjin gezeigt. Erschwerend kommt ein neues nationales Sicherheitsgesetz hinzu, das im Endeffekt die Ausspähung von Servern ausländischer Unternehmen erleichtern könnte.

Das sind die einen, handfesten Aspekte, die wie Bremsklötze für den Außenhandel wirken. Auf der anderen Seite baut sich nun auch ein geldpolitisches Szenario auf, in dessen Rahmen die People’s Bank of China der Europäischen Zentralbank (EZB) die Strategie durchkreuzen könnte. Schon seit einiger Zeit fällt das starke Abschmelzen des Billionen schweren Devisenbergs Chinas auf, der sich von Juli bis August um rund 94 Milliarden auf 3,56 Billionen US-Dollar verkleinert hat. Dies deutet darauf hin, dass die chinesische Notenbank den Yuan mit Devisenverkäufen massiv stützt. Die Folge könnte eine „quantitative Straffung“ (Quantitative Tightening) in den Industrieländern sein – also eine ungewollte geldpolitische Straffung, sollte China seine Anlagen in den Industrienationen auflösen und Devisen verkaufen. Eine solche Entwicklung kann dazu führen, dass die Marktzinsen in den Industrienationen steigen, obwohl die dortigen Notenbanken ihren lockeren Kurs fortsetzen. Der EZB, die ja gerade mit geldpolitischen Lockerungen Konjunktur und Inflation anheizen will, würde ein solches Szenario völlig zuwiderlaufen.

Nachdem der chinesische Außenhandel nun auch im August hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, wird unter Analysten über weitere staatliche Stützungsmaßnahmen spekuliert. Eine Ankurbelung der Inlandsnachfrage durch weitere Lockerungen der Geld- und Fiskalpolitik ist von Peking jedenfalls zu erwarten. Hatte die Notenbank doch bereits nach ebenfalls schlecht ausgefallenen Exportzahlen vom Juli eine Abwertung der Landeswährung Yuan vorgenommen. Und seit Beginn der Talfahrt hat Peking bisher mehr als 200 Milliarden Euro zur Stützung des Aktienmarkts aufgewandt. Laut Reuters hat die Regierung bereits angekündigt, der heimischen Wirtschaft mit insgesamt 10 Milliarden Euro unter die Arme zu greifen. Ein weiterer Schritt erfolgte diese Woche mit der Einführung einer Steuerkürzung: Wer Aktien künftig länger als ein Jahr hält, soll auf die Dividenden keine Steuern mehr zahlen müssen. Peking feuere aus allen Rohren, um eine Katastrophe an der Börse zu verhindern und den Yuan zu stützen, resümiert die Wirtschaftswoche. Aufgrund dieser Perspektive sind die Aktienmärkte im Reich der Mitte zumindest kurzfristig auf einen Erholungskurs geschwenkt.

Fed spannt die Märkte auf die Folter

Der Tag der Entscheidung rückt näher. In der kommenden Woche beraten die US-amerikanischen Notenbanker unter Vorsitz ihrer Präsidentin Janet Yellen auf einer zweitägigen Sitzung über die künftige Geldpolitik der USA. Viele Börsianer lieben zwar Krimis, aber die Spannung, die in diesem Fall aufgebaut wurde, lässt viele Marktakteure verzweifeln. Denn mit der reinen Beurteilung der Konjunkturdaten kommt man nicht mehr weiter. Zu unterschiedlich sind die Zahlen, als dass man sich klar als Taube oder Falke outen könnte. Im schlimmsten Fall bedeutet dies, dass alle Mitglieder des Boards sich im Vorfeld der Sitzung sicherlich eine Meinung gebildet haben, die Entscheidung für oder wider eine Zinserhöhung allerdings erst nach intensiver Diskussion spontan getroffen wird. Man könnte auch sagen, dass momentan niemand bei der Fed weiß, ob die Zinsen im September erhöht werden oder nicht. Lassen wir uns also überraschen!

Der so sehnsüchtig erwartete US-Arbeitsmarktbericht konnte auch kein Licht ins Dunkel bringen, aber dennoch stehen die Zeichen momentan leicht auf Zinserhöhung im September bzw. Oktober, da die Marktpsychologie jetzt mehr denn je zum Tragen kommt. Hatte man zuletzt vermehrt um die Stabilität der Finanzmärkte in China bangen müssen, so wurden die dortigen Verwerfungen zuletzt mit Milliarden aus der Staatskasse bekämpft. Die dadurch erzielte Beruhigung der Märkte könnte zusammen mit der Entwicklung an den Devisenmärkten die Grundlage sein, mit der die erste Zinserhöhung seit 2006 gerechtfertigt werden kann. Auch mit größeren Verwerfungen am US-Bondmarkt dürfte nicht zu rechnen sein. Wie sich allerdings die Kurse anderer Anleihen entwickeln werden, die sehr wohl in Abhängigkeit zu den US-Bonds gehandelt werden, bleibt abzuwarten. Vor solchen Verwerfungen warnt insbesondere der Chefvolkswirt der Weltbank und gibt daher den Notenbankern den Rat mit auf den Weg, noch abzuwarten. Da die US-amerikanische Notenbank aber schon oft bewiesen hat, dass sie ihre Geldpolitik am Wohle der USA und nicht anderer Staaten ausrichtet, ist für Spannung bis zur letzten Sekunde gesorgt.

Eurobanken müssen mit höheren Mindestkapitalquoten rechnen

Europäische Großbanken müssen mit Mindestkapitalquoten seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) rechnen. Wie zu hören ist, hat die EZB-Bankenaufsicht dies für den Euro-Raum beschlossen. Wie hoch die Mindestkernkapitalquoten sein werden, ist zwar noch nicht öffentlich, soll aber für den Großteil der Banken im Euro-Raum schon feststehen.

Bereits seit längerer Zeit rechnen auch die 123 wichtigsten Institute der Euro-Zone mit neuen Vorgaben. Die Banken würden in Kürze darüber informiert und hätten dann zwei Wochen Zeit, darauf zu antworten, vermeldete die Nachrichtenagentur Reuters. Die endgültige Fixierung könnte dann im November kommen. Rund 80 Prozent der von der EZB beaufsichtigten Institute werden voraussichtlich eine Quote zwischen 9 Prozent und 12 Prozent erfüllen müssen und etwa der Hälfte der Institute werden ca. 10 Prozent abverlangt, wie bereits vor der EZB-Entscheidung durchgesickert war. Einige deutsche Landesbanken mussten bisher die Mindesthürde von 7 Prozent erfüllen, müssen nun aber mit höheren Kernkapitalquoten rechnen. Von der Deutschen Bank werden bisher mindestens 10 Prozent hartes Eigenkapital verlangt.

Laut dem Präsidenten der deutschen Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, ist die Prüfung durch die europäische Bankenaufsicht SREP (Supervisory Review and Evaluation Process) umfangreicher gewesen als bei der letzten Festlegung der Quote. Die meisten deutschen Institute müssten sich deshalb auf höhere Mindestkernkapitalquoten einstellen.

In der Konsequenz können die neuen Auflagen dazu führen, dass kapitalintensive Geschäfte aufgegeben werden oder dafür mehr Kapital aufgenommen werden muss, was diese Geschäfte teurer werden lässt.

Auch Katar geht an den Kapitalmarkt

Katar folgt dem Beispiel Saudi Arabiens und geht erstmals seit Langem wieder an den Kapitalmarkt. Da der niedrige Ölpreis die Reserven des Landes dahinschmelzen lässt, hat das Emirat eine Anleihe im Volumen von 4,1 Milliarden US-Dollar begeben. Der Bond war am 1. September institutionellen Anlegern angeboten worden und wurde prompt vierfach überzeichnet. Angaben zu Laufzeit oder Ausgabepreis wurden nicht gemacht. Lokale Banken dürften die größten Abnehmer der Bonds sein.

Doch der Staat Katar ist bereits als Emittent an den Börsen mit zwei Anleihen gelistet. Ein bis 1/2020 laufender Bond von Katar (WKN A1AQAE), der 2009 emittiert wurde, rentiert mit ca. 2,14 Prozent. Das Papier notiert bei rund 112,925 Prozent und liegt damit unter seinem Zwölfmonatshoch von 115,50 Prozent, das am 30.01.2015 erreicht worden war. Auch ein Langläufer aus dem Emirat (WKN 614490), der 6/2030 fällig wird, liegt bei einem Kurs von ca. 164,25 Prozent unter seinem Jahreshoch von 171,85 Prozent vom 21.4. des Jahres. Der Bond rentiert mit rund 4 Prozent. Beide Titel werden an der Börse München gehandelt.

Katar benötigt nach Angaben des IWF einen Ölpreis von 59,1 US-Dollar pro Barrel, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. 90 Prozent aller Einnahmen Katars stammen aus dem Verkauf von Öl und Gas und somit wurde es problematisch, als Anfang September der Ölpreis unter die Marke von 45 US-Dollar pro Barrel fiel. Neben diesem Aspekt soll die Emission der Staatsanleihen die lokale Finanzbranche ankurbeln, hieß es aus Katar.

Zuvor hatte die größte Volkswirtschaft der Region, Saudi Arabien, angekündigt, in diesem Jahr Anleihen im Wert von 27 Milliarden Dollar zu begeben, die während des gesamten Jahres an den internationalen Finanzmärkten platziert werden sollen. Dass die Saudis eine Anleihe emittierten, ereignete sich zuletzt im Jahre 2007.

Tsipras neues Hü und Hott

Griechenlands zurückgetretener Ministerpräsident Alexis Tsipras will auch nach einem Erfolg bei den Wahlen am 20. September das Abkommen mit den internationalen Geldgebern einhalten. Das sagte er jüngst bei einer Pressekonferenz in Thessaloniki. Griechische Zeitungen hatten zwischendurch auch schon mal etwas anderes berichtet. Allerdings will Tsipras im Falle eines Sieges bei den anstehenden Wahlen wieder in die Verhandlungen über den Abbau des Schuldenberges einsteigen. Dem hätten auch die Gläubiger schon zugestimmt, fügte er hinzu.

Tsipras versicherte, Athen werde sich an die Vereinbarungen mit den Geldgebern halten, die Griechenland zuletzt mit 35 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen hatten. Die Einhaltung der Vereinbarungen sei „der einzige Weg“, damit Griechenland aus der Krise herauskommt.

Einhaltung der Abmachungen und wieder darüber verhandeln wollen? Irgendwie passt das nicht zusammen und klingt wie ein neues Hü und Hott, das man von Alexis Tsipras schon länger kennt.

Der neue Trend: Aus Alt mach Neu?

So wie sich beispielsweise Fußballvereine in der deutschen Fußballbundesliga durch Kauf, Verkauf und Tausch von Spielern neu aufstellen, so kann dies durchaus auch bei Unternehmen Sinn machen. Gleich zwei namhafte Unternehmen schlossen sich diesem sportlichen Vorbild an und „wechselten“ ihre Fremdfinanzierungsstruktur durch Aktivitäten am Primär- und Sekundärmarkt für Corporate Bonds durch.

So kam es, dass sich der spanische Versorger Iberdrola entschloss, ein Rückkaufangebot im Volumen von insgesamt 500 Millionen Euro anzubieten. Dies betrifft die Altanleihen mit den WKNs A1G3BC, Kupon 4,25 Prozent, Laufzeitende 11.10.2018 und A1A2CS, Kupon 3,5 Prozent, Laufzeitende 13.10.2016. Das Zeitfenster für die Teilnahme am Rückkaufangebot ist auf die Zeit vom 7. bis 11. September 2015 begrenzt. Der Rückkaufpreis für jede Anleihe wird vom Rückkäufer noch festgelegt und zwar abhängig von Summe und Preis der zum Rückkauf angebotenen Bonds. Im Gegenzug emittierte Iberdrola eine neue 8-jährige Anleihe (WKn A1Z6KD) im Volumen des Rückkaufs von 500 Millionen Euro. Der jährliche Kupon des neuen Bond beträgt 1,75 Prozent und bleibt bis zum Laufzeitende am 17.09.2023 konstant. Dadurch reduziert das Unternehmen seine Zinslast merklich. Die Anleihe wurde mit +100 bps über Mid Swap gepreist. Folglich lag der Ausgabepreis bei 99,822 Prozent. Durch die Mindestanlagesumme von 100.000 Euro richtet sich die Anleihe hauptsächlich an institutionelle Investoren.

Eine ähnliche Idee hatte der französische Baustoffproduzent Lafarge S.A. Dabei wurde aber nur ein Rückkaufangebot für diverse Altemissionen in Gesamtsumme von 1,75 Milliarden Euro veröffentlicht. Das Zeitfenster für den Rückkauf ist vom 7. September bis zum 15. September 2015 geöffnet. Die entsprechenden Rückkaufpreise variieren pro Anleihe und werden anhand des interpolierten Mid Swaps plus eines Aufschlags abhängig der Laufzeit ermittelt. Für weitere Details sei an dieser Stelle auf die Internetseite des Unternehmens verwiesen. Der Tender dient dem Abschluss der Fusion zwischen Lafarge S.A. und Holcim Ltd. und soll helfen, die Finanzstruktur zu verbessern, indem die zukünftig aufzuwenden Zinskosten reduziert werden.

Kapitalbedarf zeigte auch der Automobilhersteller Toyota. Das Unternehmen hat eine sehcsjährige Anleihe (WKN A1Z55Y) im Gesamtvolumen von 750 Millionen Euro. Der Zinssatz beträgt 1 Prozent jährlich und bleibt während der gesamten Laufzeit unverändert. Das Papier läuft bis zum 09.03.2021 und wurde mit +50 bps über Mid Swap gepreist, was einem Emissionspreis von 99,911 Prozent entsprach. Durch die Mindestanlagesumme von 1.000 Euro könnte der Bond auch für private Investoren interessant sein.

Ein weiteres namhaftes Unternehmen am Primärmarkt war der spanische Telekommunikationsdienstleister Telefonica, der eine Anleihe (WKN A1Z6JB) im Volumen von 1 Milliarden Euro mit einer Laufzeit bis zum 14.09.2021 begab. Der Emittent zahlt einen jährlichen Zins von 1,477 Prozent an den Investor. Das Preising bei 100 Prozent bedeutete ein Plus von 98 bps über Mid Swap. Durch die Mindestanlagesumme von 100.000 Euro richtet sich diese Anleihe überwiegend an den institutionellen Anlegerkreis.

Autor: Klaus Stopp, stellvertretender Leiter Rentenhandel der Baader Bank.

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