Baader Bond Markets: "EZB sondiert die Tiefe der Anleihemärkte "

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15. Oktober 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Europäische Zentralbank (EZB) sondiert die Tiefe der Marktsegmente für ihre milliardenschweren Anleihekäufe. Diese Tests sollen in Form von umgekehrten Repo-Auktionen erfolgen. Derzeit laufen die Auktionen so ab, dass die beteiligten Notenbanken an die Kreditinstitute herantreten, die vorher Bestände offeriert haben. Bei den in dieser Woche erstmals durchgeführten Tests sollen nun Angebote zu bestimmten Wertpapieren aufgerufen werden. Dann können die beteiligten Banken in Auktionen für die vorher benannten Gattungen eine bestimmte Menge zu einem bestimmten Preis und zusätzlich eine weitere Menge zu einem anderen Preis anbieten.

Sollte die EZB tatsächlich ihre Geldschleusen weiter öffnen und das gegenwärtige 1,1 Billionen schwere Ankaufprogramm über den September 2016 hinaus verlängern, könnte die Zentralbank bei diesem Vorhaben auch an ihre Grenzen stoßen, die sie sich selbst gesetzt hat. Denn es dürfen höchstens 33 Prozent der ausstehenden Anleiheschulden eines Landes angekauft werden. Auch für einzelne Staatsanleihen gilt dieses Maximum. Bei einer Ausdehnung des Aufkaufprogramms würde die EZB bei portugiesischen, finnischen und deutschen Anleihen bald an diese Grenze gelangen. Dies hat der Ökonom Luca Cazzulani von der UniCredit ausgerechnet.

Ob sich die EZB dann noch an ihre selbst gesteckten Beschränkungen halten würde, darf bezweifelt werden. Auch ein Aufbrechen der Grenzwerte wäre durchaus denkbar, was aber zu einer weiteren Verzerrung bei einzelnen Gattungen führen würde.

Indessen haben die Zentralbanken des Eurosystems ihre Wertpapierkäufe wieder hochgefahren. So wurden nach Ende der Ferienzeit im September wieder rund 63 Milliarden Euro erworben, nachdem der Betrag im August auf ca. 51,6 Milliarden Euro gesunken war.

Anleger auf der Suche nach dem überschaubaren Risiko bei Bonds

Im Schatten der Debatten um die Niedrigzinspolitik und die Lage der Weltwirtschaft findet an den Märkten immer noch das statt, was die Börsen unter anderem ausmacht: Anleger versuchen ihr Geld gewinnbringend anzulegen, um eine halbwegs ordentliche Rendite bei überschaubarem Risiko erzielen zu können.

Diese Möglichkeit erhoffen sich Investoren bei einer Anleihe von Thyssen-Krupp (WKN: A1R08U), die 8/2018 fällig wird, und bei einem Kursniveau von ca. 105,40 Prozent mit 2,03 Prozent rentiert. Gefragt ist auch ein Bond von Bilfinger (A1R0TU) mit Laufzeit 12/2019, der mit rund 99,925 Prozent sein Zwölfmonatstief vom 30. Juni bei 93,90 Prozent hinter sich gelassen hat und nun eine Rendite von ca. 2,39 Prozent abwirft. Ebenso steht ein Titel von K + S (A1YCR5) im Fokus, der 12/2021 zurückgezahlt wird. Bei einem Preis von 111,49 Prozent rentiert der Corporate Bond mit 2,11 Prozent. Des Weiteren fand eine Nachranganleihe der Deutschen Bank (DB7XJJ) bei den Anlegern wieder Gefallen, nachdem der Titel am 29. September auf sein Jahrestief von 91,87 Prozent gesunken war. Inzwischen bringt der Bond mit Laufzeit 2/2025 bei einem Kurs von 94,63 Prozent eine Rendite von 3,43 Prozent.

Die Sorgenkinder der Zukunft

Während die Nachrichtenlage in Deutschland von dem Zustrom an Flüchtlingen dominiert wird, läuft selbst manch aufmerksamer Beobachter Gefahr, andere, wichtige Themen und die Frage nach deren Finanzierung zu übersehen. So dürften etwa die Krankenkassen 2016 einen Fehlbetrag von 3 Mrd. Euro ausweisen, nachdem sich bereits für das laufende Jahr eine Unterdeckung abzeichnet. Wer die Kosten der notwendigen ärztlichen Versorgung von Flüchtlingen übernimmt, steht hierbei auf einem anderen Blatt Papier und könnte die finanzielle Lage der Versicherer noch weiter verschlimmern.

Doch die Krankenkassen werden nicht das einzige Sorgenkind der Zukunft sein. So leiden die Lebensversicherer massiv unter der „Nullzins-Politik“ der Europäischen Zentralbank (EZB) und den Folgen am Kapitalmarkt. Rendite ohne Risiko ist auch für die Kapitalsammelstellen nicht zu verwirklichen, und somit wird in immer kleineren Zeitabständen der „Garantiezins“ thematisiert. Inzwischen hat sich sogar die Bundesregierung für eine Abschaffung ausgesprochen und dies in einem Referentenentwurf festgeschrieben. Somit soll in 2016 für alle größeren Versicherer bei Neuabschlüssen der sogenannte Höchstrechnungszins nicht mehr gelten. Dies ist die logische Konsequenz der niedrigen Zinsen und der fehlenden Inflation. Dass im September von öffentlicher Stelle keine Preissteigerung mehr gemessen wurde, war allerdings größtenteils der Entwicklung des Ölpreises geschuldet.

Versicherer stecken also weiterhin in der Zwickmühle und leiden trotz einer Mini-Inflation unter einem enormen Kostendruck. Ähnlich stellt sich die Lage aber auch für Banken und Sparkassen dar. Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon wird nicht müde, auf die schweren Zeiten und die großen Veränderungen für seine Branche hinzuweisen. Rückgänge beim operativen Ergebnis sind vorprogrammiert, und infolge der sehr geringen Zinsmargen sowie der hohen Risiken bei der Kreditvergabe steigt die Gefahr von Schieflagen für vereinzelte Kreditinstitute.

Es besteht zwar noch kein Grund, in Panik zu verfallen, aber allen Marktteilnehmern sollte klar sein, dass die Probleme bei diversen „Schwergewichten“ nicht einfach zu ignorieren sind. Ein Umdenken ist notwendig, um für die kommenden Aufgaben gerüstet zu sein.

Verlässt Fed-Chefin Yellen der Mut?

Das Rätselraten geht weiter. Ständig wechselnde Signale der US-Notenbank Fed machen eine Prognose für den Zeitpunkt der Zinswende in den USA immer schwieriger. Auch wenn Fed-Präsidentin Janet Yellen angedeutet hat, die Zinsen noch 2015 zu erhöhen, wollen viele Marktbeobachter nicht mehr so recht daran glauben. Verlässt also auch J. Yellen schon bald der Mut?

Zwar hat die Fed ihr Ziel einer annähernden Vollbeschäftigung erreicht. Dennoch sieht man beim Inflationsziel noch Nachholbedarf. Vor diesem Hintergrund sollte die Zentralbank noch nicht mit den Zinserhöhungen beginnen, wie der Präsident der Notenbank von Chicago, Charles Evans, sagt, der als Freund einer lockeren Geldpolitik gilt. Evans macht jedenfalls einen „zeitlichen Spielraum“ für den Schritt der Zinserhöhung aus und nennt Mitte Mai 2016 als das beste Datum.

Nach Veröffentlichung der Fed-Protokolle von der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) im September wurde klar, dass die Mehrheit der FOMC-Mitglieder zwar den ersten Zinsschritt noch in diesem Jahr erwartet. Eine Reihe von Mitgliedern hat aber aufgrund der anhaltend niedrigen Inflation Bedenken. Außerordentlich deutlich hatte sich im Vorfeld der Fed-Sitzung im September auch der Internationale Währungsfonds (IWF) für eine Verschiebung der Zinswende ausgesprochen.

Relativ sicher scheint vor diesem Hintergrund zum jetzigen Zeitpunkt einzig die Annahme, dass es auf der nächsten FOMC-Sitzung am 27. und 28. Oktober noch zu keiner Zinserhöhung kommen wird. Doch wer weiß schon, was in den kommenden 14 Tagen alles geschehen wird. Vielleicht sollten wir ein Gänseblümchen zu Rate ziehen.

China bleibt ein Problemfall für die Weltwirtschaft

Früher sagte man gerne etwas lapidar: „Was stört es mich, wenn in China ein Sack Reis umfällt!“ Heute, im Zeitalter der Globalisierung, weiß man, dass doch alles miteinander verbunden ist. Und weil das Reich der Mitte weltweit zu einer der stärksten Volkswirtschaften herangewachsen ist, bleibt die schwächelnde Wirtschaft in China das bestimmende Thema für die Weltkonjunktur.

Aktuell sorgt besonders der starke Importrückgang für Kopfzerbrechen, der sich im September trotz der Yuan-Abwertung noch einmal auf minus 8,8 Prozent beschleunigt hat. Der jetzt elfte Rückgang in Folge stellt die längste Durststrecke seit sechs Jahren dar. Im Vorjahresvergleich gingen die Importe um rund ein Fünftel auf 145,2 Milliarden US-Dollar zurück, worin sich auch der starke Rückgang der Rohstoffpreise widerspiegelt.

Darüber hinaus dürfte hier eine veritable Nachfrageschwäche eine Rolle spielen. Und trotz allem kann in China mit einem einigermaßen robusten Wirtschaftswachstum gerechnet werden, das durch umfangreiche Eingriffe der chinesischen Notenbank und der Regierung in Peking gesichert wird. Freilich kann das Wachstumsziel der Regierung für 2015 von „rund 7 Prozent“ aufgrund der schwachen Entwicklung im 3. Quartal in Gefahr geraten.

Nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch geht von China derzeit das größte Risiko für die Weltwirtschaft aus. Aber immerhin, mit einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft sei – zumindest kurzfristig – nicht zu rechnen. Während die schwächelnde Industrie laut Fitch teilweise durch einen soliden Dienstleistungssektor kompensiert werden kann, gibt es erhebliche Risiken an den Finanzmärkten, ausgehend von einer starken Verschuldung der Unternehmen.

Der deutschen Wirtschaft schlagen die dunklen Wolken in China jedenfalls aufs Gemüt. Entsprechend haben sich die Erwartungen deutscher Finanzexperten im Oktober zum siebten Mal in Folge eingetrübt, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte. Demnach fiel der ZEW-Indikator auf den niedrigsten Wert seit dem Vorjahresmonat. Neben der Wachstumsschwäche in China und anderen Schwellenländern liegt dies auch im Abgasskandal bei Volkswagen begründet.

Dennoch bleibt ein insgesamt positives Gesamtbild, das die deutsche Wirtschaft abgibt. Erst kürzlich hatten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten ein Wachstum von jeweils 1,8 Prozent in diesem und im kommenden Jahr vorhergesagt. Den Motor dafür stellen besonders die Verbraucher, die aufgrund unterschiedlichster Gründe viel Geld ausgeben.

Bargeld soll weiter lachen dürfen

Nicht nur die Bürger und Geschäftsleute, die 53 Prozent der Waren und Dienstleistungen in Deutschland in bar bezahlen, lieben es, wenn Bargeld lacht. Auch die Bundesbank spricht sich klar gegen eine Abschaffung von Banknoten und Münzen aus. Dagegen wurden in Skandinavien und anderen Länder wie Großbritannien bereits alternative Konzepte ausgearbeitet.

Ein Verzicht auf Bargeld hält sie für nicht sinnvoll und widerspreche auch den Wünschen der Bevölkerung, bringt es Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele auf den Punkt, der sich auf einer Veranstaltung in Stuttgart folgendermaßen äußerte: „Ich möchte es hier ganz deutlich sagen. Die Deutsche Bundesbank lehnt die Forderung nach einer Abschaffung des Bargelds ebenso ab wie Restriktionen für die Bezahlung von Waren und Dienstleistungen mit Bargeld“.

Er reagierte dabei auf jüngste Aussagen einiger Volkswirte wie beispielsweise des Wirtschaftsweisen Peter Bofinger und des US-Ökonoms Kenneth Rogoff. Hintergrund solcher Überlegungen ist es, dass in einer Welt ohne Bargeld die Geldströme einfacher zu überwachen wären und Notenbanken leichter von den Geschäftsbanken und diese wiederum von ihren Kunden Zinsen für Guthaben verlangen könnten. Geld zu horten würde sich nicht mehr lohnen und so wären stärkere Investitions- und Konsumanreize zu schaffen.

Dem Primärmarkt geht langsam die Luft aus

So hat bereits in der vergangenen Woche die Deutsche Bahn über ihre Finance-Tochter einen Floater im Volumen von 400 Millionen Euro begeben. Die Anleihe (A1Z810), mit einem Aufschlag von +43 bps gegenüber dem 3-Monats-Euribor verzinst, ist am 13.10.2023 endfällig. Der Emissionspreis wurde mit 100 Prozent fixiert und als kleinste handelbare Stückelung nominal 1.000 Euro festgelegt. Dadurch erhofft sich der Emittent auch Nachfrage seitens der Privatinvestoren.

Dieses Klientel hat das französische Telekommunikations-Unternehmen TDF nicht als Zielgruppe ausgemacht und eine 7-jährige Anleihe (A1Z82T) im Volumen von 600 Millionen Euro mit einer kleinsten handelbaren Nominale von 100.000 Euro aufgelegt. Die jederzeit bis 3 Monate vor Endfälligkeit seitens des Emittenten zu festgelegten Spreads gegenüber Referenzanleihen (Make-whole-Call) kündbare Anleihe ist mit einem jährlichen Kupon von 2,875 Prozent ausgestattet und wurde bei einem Spread von +237 bps über Mid Swap gepreist, was einem Kurs von 99,308 Prozent entsprach.

Eine andere viel beachtete Neuemission wurde seitens der britischen Lloyds Bank begeben. Hierbei wurden 750 Millionen Euro als Floater (+50 bps über 3-Monats-Euribor) zu 99,909 Prozent emittiert. Die Anleihe (A1Z7MY) ist am 9.10.2018 endfällig und nur mit einer Mindeststückelung in Höhe von 100.000 Euro zu erwerben. Ebenso verhält es sich bei einer Anleihe der Raiffeisen-Landesbank Niederösterreich-Wien (A1Z85E), die am 20.04.2021 endfällig ist und mit einem Kupon von 0,50 Prozent ausgestattet ist. Gepreist wurde der Bond bei +12 bps über Mid Swap, was einen Preis von 99,844 Prozent ergab.

Klaus Stopp ist Leiter des Market Making Bonds der Baader Bank.Bitte beachten Sie den Disclaimer der Baader Bank.

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