Baader Bond Markets: "Good luck and much power"

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Stopp

11. Oktober 2012. MÜNCHEN (Baader Bank). So verabschiedete sich unsere Bundeskanzlerin von dem griechischen Ministerpräsidenten Samaras. Der Besuch sollte kein Abschiedsbesuch sein, sondern eine Ermutigung, den beschrittenen Weg weiter zu gehen. Dies wurde aber nicht von allen Helenen so verstanden und so richtete sich der Zorn gegen das vermeintlich deutsche Diktat.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Armen noch weiter an den Rand gedrückt werden und ums nackte Überleben kämpfen, kommt sogar vereinzelt Verständnis auf. Das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps. Operationen können nicht mehr durchgeführt werden, denn Medikamente und Verbandsmaterial fehlen, Gehälter werden nicht mehr bezahlt und vieles mehr. Hierbei geht es oft um Leben und Tod und die sozialen Unterschiede werden deutlich. Diese Hilflosigkeit gegen die Misswirtschaft der vergangenen Jahre und die jetzigen Einschnitte sind zusammen mit der Arroganz der eigenen Politiker sicherlich der Nährboden für diese Wut unter den Menschen.

Aber dennoch schwimmen auf der Welle der Empörung auch Griechen mit, die einerseits auf bedürftig machen und andererseits große Geldbeträge vor dem Fiskus in Sicherheit bringen. In den vergangenen Tagen wurden immer wieder Meldungen verbreitet, nach denen alleine gegen 500 Politiker Steuerverfahren eingeleitet wurden. Diesen Sumpf trocken zu legen, wird eine der größten Aufgaben sein. Aber auch Nichtpolitiker haben keinen Skrupel, in der Steuererklärung nur 497 Euro als zu versteuerndes Einkommen für 2011 anzugeben, aber gleichzeitig 12 Millionen ins Ausland zu überweisen. Anscheinend leben viele Menschen weiterhin nach dem Motto: „Wenn jeder an sich selbst denkt, dann ist ja an jeden gedacht“. So kann und wird Europa aber nie zusammenwachsen. Und in einem solchen Umfeld von Licht am Ende des Tunnels zu sprechen, ist mutig, denn es scheint sich eher um eine Lokomotive zu handeln, die uns entgegenkommt.

Deutschland verliert AAA

Ein schlechtes Omen. Das Schweizer Research-Unternehmen Independent Credit View (I-CV), das bereits in der Vergangenheit mit seinen Einschätzungen recht häufig richtig lag, hat im Rahmen einer Länderstudie Deutschland und weiteren Staaten die Bestnote AAA entzogen. Die Milliardenbelastung aus den Garantien für Südeuropa sowie die Gefahr eines Währungsschocks durch das Auseinanderbrechen des Euro gehören zu den wichtigsten Gründen für die Herabstufung. Nach Ansicht von I-CV gibt es weltweit nur noch vier Länder mit einem AAA-Status: Norwegen, Schweden, Schweiz und Singapur.

Aber auch bei den anderen drei Großagenturen haben sich die Reihen gelichtet. Nur noch 12 Staaten weltweit verfügen bei den „Großen Drei“ über die höchste Bonität. Und aus der Eurozone sind das lediglich die Niederlande, Finnland, Luxemburg und Deutschland. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass andere Ratingagenturen dem Beispiel von I-CV folgen werden. Denn die finanzielle Belastung für Deutschland ist immens und im Falle eines „GAU’s“ nicht beherrschbar. Dennoch käme eine solche Herabstufung einer Zeitenwende gleich und der Maßstab wäre zukünftig nicht mehr das AAA-Rating, sondern die Spitzenbewertung würde dann AA+ bzw. Aa1 sein.

Allianz refinanziert sich für 30 Jahre

In der vergangenen Handelswoche haben erneut zahlreiche Unternehmen den Primärmarkt für Euro-Anleihen in Anspruch genommen und konnten sich abermals einer sehr soliden Nachfrage erfreuen. Bereits am Freitag vergangener Woche konnte sich das spanische Telekommunikations-Unternehmen Telefónica über reges Interesse für ihre siebenjährige Anleihe freuen. Die Nachfrage übertraf mit 8 Milliarden das angestrebte und auch begebene Volumen von 1,2 Milliarden  um ein Vielfaches.Die ersten Spread-Überlegungen waren mit 340 bis 350 Basispunkten (BP) über Midswaps kommuniziert, aber wegen der großen Nachfrage lediglich bei 330 BP über Midswaps zugeteilt worden.

Zu Wochenbeginn emittierte Air Liquide, ein französischer Hersteller für Industriegase, eine 500 Millionen Euro große Anleihe mit einem Kupon von 2,125 Prozent und einer Fälligkeit im Oktober 2021. Emittiert wurde die Anleihe bei einem Kurs von 99,329. Die Leadmanager waren Citigroup, Credit Agricole, HSBC und Société Générale.

Am Dienstag emittierte der spanische Versorger Gas Natural einen fünfjährigen Titel mit einem Kupon von 4,125 Prozent. Der Preis wurde für die 500 Millionen Euro große Anleihe bei 99,771 Prozent bzw. 335 BP über Midswaps festgesetzt. Leadmanager für die Anleihe mit Fälligkeit im April 2017 waren Barclays, BNP Paribas, Caixa Bank, Citigroup, Mitsubishi, Santander und Société Générale.

Ebenfalls am Dienstag dieser Woche zahlte der nach Umsatz und Marktkapitalisierung weltgrößte Versicherungskonzern Allianz seinen Investoren einen Kupon in Höhe von 5,625 um 1,5 Milliarden Euro über einen nachrangigen Bond zu refinanzieren. Die Rückzahlung ist für Oktober 2042 vorgesehen, wobei eine Call-Option im Oktober 2022 besteht. Die Begebung erfolgte bei 99,054 Prozent bzw. 400 BP über Midswaps. Leadmanager waren Citigroup, Commerzbank, HSBC und Société Générale.

Griechenland-III-Paket

Eine Wiederholung der Geschichte kündigt sich wohl bei Griechenland an. Während die eine Reihe von Europapolitikern die Fortschritte Athens lobt, sind andere dabei, sie wegen nicht ausreichender Anstrengungen zu kritisieren. Der internationale Währungsfonds IWF sagt vorher, dass der Schuldenstand des Landes in fünf Jahren bei 152,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen werde. Das ist deutlich höher, als die mit der Troika von IWF, EU und EZB für 2017 vereinbarte Quote von 137,3 Prozent.

Auch wenn es löblich ist, dass Griechenland einen Beitrag zur Sanierung leistet. Es wird nicht reichen, selbst wenn die verlangten 89 vorrangigen Maßnahmen umgesetzt werden. Es fehlt weiterhin Geld. Es ist also nur eine Frage der Zeit, wann sich der IWF mit seiner Forderung nach einem Schuldenschnitt durchsetzt. Diesmal wird es die öffentlichen Gläubiger treffen. Lediglich die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte sich durch einen vorherigen Anleihentausch ungeschoren aus der Affäre ziehen können. Denn die selbsternannten Euro-Retter werden Griechenland – egal zu welchem Preis – in der Währungsunion halten wollen. Dazu ist dann zusätzlich ein Griechenland-III-Paket notwendig. Denn die Bilder von den bürgerkriegsähnlichen Unruhen mahnen zu durchschlagenden Maßnahmen. Gleichzeitig sollte die Bundesregierung den Deutschen reinen Wein einschenken und öffentlich sagen, was die Rettung der Hellenen tatsächlich kostet – je eher, desto besser.

Italien braucht schon 2012 mehr Geld

Noch zu Beginn des Jahres hatte Italien ein Refinanzierungsziel von ca. 445  Milliarden Euro genannt und musste nun einräumen, dass wegen der konjunkturellen Entwicklung nun ca. 20 Milliarden Euro mehr aufzunehmen sind. Bislang wurden allerdings erst ca. 370 Milliarden Euro aufgenommen und somit bleiben für die restlichen Wochen bis zum Jahresende ca. 95 Milliarden Euro, die refinanziert werden müssen. Im Oktober sind 37  Milliarden Euro und im Dezember Milliarden Euro endfällig und stehen zur Verlängerung an. Diesen Kraftakt kann Italien nur dann schaffen, wenn ihnen die Investoren Vertrauen entgegenbringen. Italien demonstriert im Gegensatz zu anderen Sorgenkindern Entschlossenheit. So hat man z.B. den Mehrwertsteuersatz ab dem nächsten Jahr von 21 auf 22 Prozent. Dies wird auch noch anderen Staaten bevorstehen.

Schäuble und der ESM

Ein Déjà-vu-Erlebnis hatten viele Beobachter am Montag, als der europäische Rettungsschirm ESM in Kraft getreten ist. Hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht im Juli 2010 in einem Interview mit folgender Aussage einem dauerhaften Rettungsschirm eine Absage erteilt? „Solange Angela Merkel Bundeskanzlerin ist und ich Finanzminister bin, würden Sie diese Wette verlieren. Die Rettungsschirme laufen aus. Das haben wir klar vereinbart.“

Es stellt sich nun heraus, dass es sich bei dem ESM um eine permanente Lösung handelt. Man sollte ihn dafür aber nicht verurteilen, denn die Welt hat sich weitergedreht und diese Entwicklung hatte man nicht erwartet. Vor Schäuble wurden aber bereits andere Politiker später nochmals mit ihren Aussagen konfrontiert. Schon dem ersten Bundeskanzler der Republik, Konrad Adenauer, werden die folgenden Worte zugeschrieben, als ihm 1950 vorgeworfen wurde, dass er die Bundesrepublik wieder bewaffnen wolle, obwohl er noch ein Jahr zuvor entschieden dagegen eingetreten war: „Was interessiert mich mein Geschwätz von jestern. Aber et kann mich doch schließlich keiner daran hindern, alle Tage klüger zu werden.“ Klug werden, kann aber auch sehr teuer werden!

Euro-Bund-Future

Der Rentenhandel wird weiterhin von der Unsicherheit hinsichtlich der weltweiten konjunkturellen Entwicklung und der beiden großen Sorgenkinder, Griechenland und Spanien, geprägt. Da es hierbei unterschiedliche Signale gibt und der Monat der Entscheidungen naht, orientierten sich die Rentenmärkte –  bei lustlosem Handel – oft an der Entwicklung der Aktienindizes.

Von Lethargie getrieben befindet sich der Euro-Bund-Future weiterhin in einem Seitwärtskanal zwischen 138,41 Prozent (Tief vom 17.9.) und 142,62 Prozent (Hoch vom 29.8.). Die eingeschlossene Marke von 141 Prozent stellt allerdings psychologisch eine Hürde dar, die aber bei entsprechenden Meldungen ohne Problem zu überwinden bzw. zu unterschreiten ist. Somit gilt für die restlichen Handelswochen des Jahres weiterhin der Slogan eines japanischen Automobilherstellers.

Staatsanleihen und sonstige Neuemissionen

Auch in dieser Woche entzieht die Europäische Zentralbank wie beabsichtigt 209,5 Milliarden Euro mittels eines siebentägigen Refinanzierungsgeschäfts.
 
Bei den Aufstockungen diverser Altemissionen in Euroland verlief alles wie geplant. So wurden gestern in Deutschland die 11-jährige inflationsindexierte Anleihe um 1,5 Milliarden Euro auf insgesamt 7 Milliarden Euro und die fünfjährigen Bundesobligation um 4 Milliarden Euro auf insgesamt 9 Milliarden Euro aufgestockt. Bei dem sogenannten Linker erfolgte die Zuteilung bei einer 1,5-fachen Überzeichnung zu einer realen Durchschnittsrendite von -0,38 Prozent und die Obligationen konnten bei 2,2-facher Überzeichnung zu durchschnittlichen Rendite von 0,53 Prozent begeben werden.
 
Bereits zum Wochenbeginn konnte die Deutsche Finanzagentur 2,42 Milliarden Euro mittels sechsmonatiger Schatzanweisungen zu Rendite von -0,0218 Prozent aufnehmen. Es trifft also weiterhin auf Deutschland zu, dass man sich zu Minizinsen refinanzieren kann und die Inflation beim Abbau der Schulden behilflich ist.

Euro mit hoher Volatilität

Nachdem der internationale Währungsfonds (IWF) die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft und somit auch für die Eurozone merklich senkte, trübte sich die Stimmung im Hinblick auf die europäische Gemeinschaftswährung deutlich ein. Zusätzlich trägt auch die Hängepartie um Spanien nicht zur Stabilität des Euros bei.

Die volatile Entwicklung des Euros gegenüber dem US-Dollar ist in einem solchen Nachrichtenumfeld die logische Konsequenz und wird durch die Tradingrange innerhalb der Berichtswoche zwischen 1,3071 und 1,2833 US-Dollar deutlich. Dennoch konnte der Euro aber gegenüber anderen Währungen etwas zulegen. Zum Beispiel gegenüber dem südafrikanischen Rand markierte er ein neues Jahreshoch bei 11,65 Rand.

Auch gegenüber der türkischen Lira, die unter der überraschenden deutlich gesunkenen Industrieproduktion und dem Syrienkonflikt litt, konnte ein Erstarken registriert werden. Dennoch sind Anleger nach wie vor um den Euro besorgt und investieren in ausgewählte Fremdwährungsanleihen. Guter Nachgefrage erfreuen sich weiterhin Anleihen auf norwegische Kronen und australische Dollar.

Autor: Klaus Stopp, stellvertretender Leiter Rentenhandel der Baader Bank

© 11. Oktober 2012/Baader Bank AG