Baader Bond Markets: "Kreditverbriefungen werden wieder salonfähig"

stopp+klaus+120x125.jpg
Stopp

11. September 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zugegeben, auch uns hat die Europäische Zentralbank mit ihrer Entscheidung, den Leitzins vor Wochenfrist auf das neue Rekordtief von 0,05 Prozent zu senken, überrascht. Doch immerhin sieht damit nun selbst EZB-Chef Mario Draghi seine Mittel in puncto Zinssenkungen als ausgereizt an. Der Leitzins sei inzwischen „an der unteren Grenze, an der technische Anpassungen nicht länger möglich sein werden“, sagte er. Anschließend deutete er sogleich die Möglichkeiten zu weiteren „unkonventionellen Maßnahmen im Rahmen des EZB-Mandats“ an – sollte es nötig werden, auf die Risiken einer zu langen Periode niedriger Inflation zu reagieren. Damit bereitet Draghi den Boden für jene Finanzgeschäfte, die durch die Finanzkrise in Verruf geraten waren: Den Markt für Kreditverbriefungen.

Im Kampf gegen eine drohende Deflation hatte der EZB-Rat den Leitzins vergangene Woche auf das neue Rekordtief von 0,05 Prozent gesenkt, nachdem der Schlüsselsatz für die Versorgung des Bankensystems mit Zentralbankgeld erst im Juni auf 0,15 Prozent reduziert worden war. Den Einlagensatz, zu dem Banken bei der EZB kurzfristig Geld parken können, senkte die EZB auf minus 0,2 Prozent. Damit dürfte nun das Ende der Fahnenstange in Sachen Zinssenkungen erreicht sein, weshalb Draghi und Co. an anderen Werkzeugen basteln, um die Deflation bannen zu können. Erst kürzlich hatte die EZB angekündigt, dem Markt für verbriefte Mittelstandskredite neues Leben einzuhauchen, indem sie europäischen Banken gebündelte Kreditforderungen abkaufen möchte. Nicht von Ungefähr berichtet in diesem Kontext die Nachrichtenagentur Reuters mit Bezug auf Insider von Plänen der EZB, die den Aufkauf von Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities) und Covered Bonds in einem Volumen von 500 Milliarden Euro vorsehen.

Flankiert wird die EZB von den Regierungen in Berlin und Paris, die ebenfalls für eine Wiederbelebung des Marktes für Kreditverbriefungen die Trommel rühren. Damit soll die anhaltende Kreditknappheit in weiten Teilen Europas bekämpft und die lahmende Konjunktur in Euroland angekurbelt werden.

Vor Beginn der Finanzmarktkrise 2007 wurden Kreditforderungen gebündelt und als forderungsbesicherte Wertpapiere an Investoren verkauft – als so genannte Asset Backed Securities (ABS). Doch auch wenn die Kreditverbriefungen vielfach als einer der Auslöser der Finanzmarktkrise gelten, müssen diese nicht automatisch als Teufelszeug verschrien werden. Entscheidend wird bei einer Renaissance des Marktes für Kreditverbriefungen die Qualität der Papiere sein. Dabei gilt es, ein klares Regelwerk zu etablieren, das sich an den börslichen Überwachungsmechanismen orientiert und eine Standardisierbarkeit sowie eine hohe Transparenz der Produkte vorsieht. Auch das Aschenputtel-Prinzip „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“, wonach Banken nur ausfallgefährdete Darlehen verbriefen und gute Kredite in den Büchern behalten, muss ausgeschlossen werden.

Sollte es gelingen, ein diesen Prinzipien verpflichtendes Regelwerk für hochwertige Verbriefungen zu initiieren, wäre zumindest die Basis für einen ABS-Markt geschaffen, der mit der Zockerei aus Zeiten vor der Finanzmarktkrise nichts mehr zu tun hätte. Die EZB wird damit freilich dem Spannungsfeld zwischen Geldmarktpolitik und Finanzmarktstabilität nicht entkommen können und bewegt sich, wie es Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber ausgedrückt hat, weiter in einem „Minenfeld von politischen Interessenskonflikten“.

Bank of England stellt die Zeichen auf Zinsanhebung

Während die Euro-Leitzinsen auf absehbare Zeit im tiefen Keller festzusitzen scheinen, stehen in London die Zeichen auf Zinsanhebung. Darauf deuten die Äußerungen des Chefs der Bank of England (BoE), Mark Carney, hin. Der Zeitpunkt für eine Normalisierung der Zinsen rücke näher, sagte Londons oberster Notenbanker, um hernach auch gleich den Zeitpunkt für eine solche Maßnahme zu verraten: Im Frühjahr 2015 soll es zur graduellen Zinswende im Vereinigten Königreich kommen, wo der Leitzins seit 2009 auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent verharrt.

Einige Frühindikatoren auf dem Arbeitsmarkt und beim Lohnzuwachs haben die BoE dazu veranlasst, diese Signale zu senden. Der Anstieg der Industrieproduktion, der im Juli mit plus 0,5 Prozent kräftiger als erwartet angestiegen ist, dürfte diese Haltung noch verstärken.

Zuletzt hatte es eine Kontroverse über eine Zinswende in Großbritannien gegeben. Zwei von neun Zentralbankern hatten wegen der anziehenden Wirtschaft im August für eine sofortige Zinsanhebung gestimmt. Ob es auch vergangene Woche zu einem Richtungsstreit über den Kurs der Notenbank gekommen war, werden erst die Sitzungsprotokolle zeigen, die am 17. September veröffentlicht werden.

EU spielt bei Russland-Sanktionen auf Zeit

So richtig mit vollem Herzen will man in der europäischen Wirtschaft die Russland-Sanktionen gegen Staatsbanken, Rüstungsfirmen und Unternehmen aus der Erdölförderung nicht verschärfen. Sind doch die Geschäfte mit den Moskauer Oligarchen vielfach zu lukrativ. Also gibt die EU Moskau im Ukraine-Konflikt Zeit zum Einlenken. Die Anwendung verschärfter Russland-Sanktionen wird um einige Tage verzögert – in der Hoffnung auf ein Einlenken des Kremls.

Die anhaltende politische Unsicherheit bleibt auch prägend für die Bond-Märkte, wo russische Staatsanleihen zwar über ihren Sechsmonatstiefs vom April notieren, aber eben auch deutlich unter ihren Zwischenhochs vom Juni bleiben. So verharrt eine in US-Dollar gelistete, bis 4/2020 laufende Staatsanleihe (WKN A1AWTB) auf einem Kursniveau von ca. 102,80 Prozent, nachdem sie Ende Juni schon bei 107,465 Prozent gestanden hatte. Ähnlich verhält es sich bei einem ebenfalls in US-Dollar notierten Bond aus Moskau (WKN A1HQXY) mit Laufzeit 9/2023, der mit einem Kurs von rund 97,92 Prozent hinter seinem Sechsmonatshoch von 105,10 Prozent zurückbleibt.

Durchweg schwächer präsentieren sich ukrainische Staatsanleihen, wie ein Titel A0GGXG) mit Laufzeit 10/2015 zeigt. Zuletzt notierte der Bond aus Kiew mit ca. 89,96 Prozent nur noch knapp über seinem Dreimonatstief, aber noch deutlich über dem Kurs 83,00 Prozent von Mitte März.

Märkte verunsichert über Venezuela

An den Kapitalmärkten gibt es Zweifel über die Zahlungsfähigkeit von Venezuela. Angesichts von Milliarden von US-Dollars an Zahlungsrückständen bei Importeuren und einer Situation, in der fast alles zu Mangelware wird, hatte einer der führenden Volkswirte des Landes die Entscheidung der Regierung in Frage gestellt, weiter die Auslands-Bonds zu bedienen. Entsprechend reagierten die venezolanischen Staatsanleihen mit deutlichen Kursabschlägen.

So brach ein bis 10/2019 laufender US-Dollar-Bond (WKN A1ANQ2) auf ca. 72,65 Prozent ein, nachdem er noch Mitte Juli bei 88,13 Prozent notiert hatte. Ähnliches ist bei einer 10/2024 fällig werdenden Dollar-Staatsanleihe (WKN A1ANQ3) zu beobachten. Nach einem Jahreshoch im Juli von 82,95 Prozent ist der Bond auf ca. 65,45 Prozent zurückgefallen.

Ein „massiver Ausfall in der Import-Kette des Landes“ sei einer der Gründe dafür, dass das Land seine ausländischen Bonds weiter bedienen kann, hatte Ricardo Hausmann, Ex-Planungsminister und heute Direktor des Center for International Development an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, im Interview mit Bloomberg News gesagt. In Venezuela leiden die Menschen unter einer heftigen Mangelwirtschaft.

Die Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) für die Staatsanleihen des Landes sind in den vergangenen vier Wochen um rund 3,73 Prozentpunkte auf 14,47 Prozentpunkte angestiegen. Damit sieht der Markt eine 63-prozentige Wahrscheinlichkeit für Zahlungsunterbrechungen in den kommenden fünf Jahren.

Internationale Emittenten drängen an den Kapitalmarkt

Eine Reihe von internationalen Emittenten hat in der vergangenen Woche den Kapitalmarkt angezapft. Darunter zu finden war Transurban, ein Managementunternehmen für Mautstraßen in Australien und den USA, das eine zehnjährige Anleihe (WKN A1ZPSW) mit Fälligkeit 9/2024 begab. Der Kupon der 600 Millionen Euro schweren Anleihe beträgt 1,875 Prozent. Gepreist wurde der Bond bei +82 bps über Mid Swap, was einem Emissionspreis von 99,405 Prozent entsprach.

BSKYB, der größte Anbieter von Pay-TV in Großbritannien und Irland, emittierte eine 7-jährige Anleihe (ISIN XS1109741246) mit Fälligkeit 9/2021 und eine zwölfjährige Anleihe XS1109741329) mit Fälligkeit 9/2026. Die Kupons der Anleihen betragen 1,5 Prozent respektive 2,50 Prozent. Gepreist wurde die siebenjährige Anleihe, die ein Volumen von 1,5 Milliarden Euro aufweist, bei +82 bps über Mid Swap. Der Emissionspreis betrug damit 99,585 Prozent. Die zwölfjährige, 1 Milliarden Euro schwere Anleihe wurde bei +117 bps über Mid Swap gepreist, was einem Emissionspreis von 99,703 Prozent gleichkam.

Der Schweizer Rohstoffhändler Glencore brachte eine 7,5-jährige Anleihe XS1110430193) mit Fälligkeit 1/2022 am Markt unter. Der Kupon des 700 Millionen Euro schweren Bonds beträgt 1,625 Prozent. Gepreist wurde die Anleihe bei +90 bps über Mid Swap, was einen Emissionspreis von 99,238 Prozent bedeutete.

Die französische Unternehmensgruppe Lagardere, die in der Verlags- und Medienbranche sowie im Bereich der Sportrechte aktiv ist, emittierte eine 5-jährige Anleihe FR0012161362) mit Fälligkeit 9/2019. Die Anleihe wurde bei 150 bps über Mid Swap gepreist, dies entsprach einem Emissionspreis von 99,98 Prozent. Das Volumen der Anleihe beträgt 500 Millionen Euro.

Deutschland auch am Kapitalmarkt weltmeisterlich!

Am gestrigen Mittwoch stand die Auktion einer neuen zehnjährigen Bundesanleihe 110236) auf der Agenda. Der Bund hat es erneut geschafft, sich so günstig zu refinanzieren wie niemals zuvor.

Trotz der niedrigen Renditen war die Neuemission 1,4-fach überzeichnet, zugeteilt wurde das Papier zu einem Mindestkurs von 99,53 Prozent. Die Durchschnittsrendite lag somit bei 1,05 Prozent, was einem neuen Rekordtief entspricht. Dabei nahm der Bund 4,15 Milliarden Euro ein, die restlichen 0,85 Milliarden sind für die Marktpflege vorgesehen. Die Bundesanleihe ist erstmals mit einem Kupon von 1 Prozent ausgestattet und hat eine Laufzeit bis 15. August 2024.

Darüber hinaus wurde die inflationsindexierte Bundesanleihe 103055) mit Fälligkeit am 15.04.2030 um 1 Milliarde auf insgesamt 3 Milliarden Euro aufgestockt. Die Auktion war 1,2-fach überzeichnet und wurde mit einer Durchschnittsrendite von 0,03 Prozent zugeteilt.

In dieser Berichtswoche sind diverse Altemissionen von Österreich, Holland und Italien aufgestockt worden.

Euro weiter im Sinkflug

Die Piloten der Lufthansa haben gestern den Flughafen München bestreikt, viele Maschinen blieben am Boden und hoben nicht ab. Die Anleger am Devisenmarkt würden sich wünschen, dass der Euro auch mal wieder abhebt, doch die Einheitswährung kennt in den vergangenen Wochen nur eine Richtung, gen Süden. Nach der überraschenden Leitzinssenkung am vergangenen Donnerstag durch die Europäische Zentralbank (EZB) wurde dieser Trend nochmals verstärkt, der Euro brach daraufhin ein und fiel auf ein neues 14-Monats-Tief bei 1,2858 US-Dollar. Der Monat September ist für die Einheitswährung wahrlich kein Guter, denn zu Monatsbeginn kostete der Euro noch 1,3160 US-Dollar und damit ganze 3 US-Cent mehr. Nach den herben Verlusten der vergangenen Handelstage konnte die Talfahrt vorerst gestoppt werden, in der Folge hat sich der Euro etwas stabilisiert und entfernte sich von seinem Tiefstand, aktuell handelt die Gemeinschaftswährung bei 1,2910 US-Dollar.

Die Furcht vor einer möglichen Abspaltung Schottlands sorgt beim Pfund Sterling für ein Auf- und Ab. Davon konnte auch der Euro profitieren und stieg auf ein neues Monatshoch bei 0,8065 britische Pfund.

Bei dem aktuellen Zinsniveau sind die Privatanleger auf der Suche nach rentablen Anlagen und stoßen dabei vermehrt auf Fremdwährungsanleihen. Zu den favorisierten Bonds zählen Währungsanleihen auf türkische Lira, australische Dollar, US-Dollar sowie brasilianische Real.

Autor: Klaus Stopp, stellvertretender Leiter Rentenhandel der Baader Bank.

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

Baader Bank AG
© 11. September 2014