Baader Bond Markets: "Löst die EZB bald die Fed als Liquiditätsspender ab?"

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Stopp

6. Februar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Am heutigen Donnerstag ist es wieder soweit. Das höchste geldpolitische Gremium der Europäischen Zentralbank (EZB), der EZB-Rat, tagt wieder und alle Börsianer sind gespannt, wie die Europäer auf die Entscheidungen der anderen Notenbanken reagieren werden. Denn unterschiedlicher könnten die Ereignisse der vergangenen sieben Handelstage nicht sein. Einerseits haben einige Schwellenländer die Zinsen teilweise dramatisch erhöht, um den Mittelabfluss zu stoppen. Andererseits ist die US-Notenbank (Fed) bemüht, den Geldhahn langsam, aber stetig zuzudrehen.

Es ist nicht auszuschließen, dass die EZB schon bald die bisherige Rolle der Fed übernehmen und die Märkte mit neuer Liquidität ausstatten wird. Denn Ende Januar war der Eonia-Zinssatz erstmals seit langer Zeit über den aktuellen Hauptleitzins von 0,25 Prozent geklettert. Dies wird am Markt als untrügliches Zeichen dafür gewertet, dass einige Banken kurzfristig Liquiditätsprobleme haben. Diese Tatsache wird auch den Notenbankern nicht verborgen geblieben sein, und somit könnte eine erneute Diskussion der verbesserten Feinsteuerung der Geldpolitik auf der heutigen Agenda stehen. Möglichkeiten einer Erhöhung der Liquiditätsausstattung gibt es schließlich reichlich.

So könnte es schon bald einen neuen Langfristtender zu attraktiven Zinsen geben. Auch die seit Jahren praktizierte Neutralisierung der bereits vor Jahren angekauften Staatsanleihen könnte abgeschafft werden. Denn durch den Absorptionstender sollen aktuell wöchentlich ca. 175 Milliarden Euro abgeschöpft werden, was allerdings seit Wochen nicht mehr vollständig gelingt und somit als ein weiteres Indiz für Probleme im Geldmarkt gilt. Beides sind durchaus denkbare Optionen. Ja, sogar eine neuerliche Zinssenkung ist möglich. Auf der heutigen Pressekonferenz werden daher die Marktbeobachter den erläuternden Worten des EZB-Präsidenten Mario Draghi gespannt lauschen, um sich ihrerseits auf die geldpolitische Zukunft richtig einstellen zu können.

Hilfe für Sisyphus – Athen braucht nicht nur Geld

Bundesfinanzministerium will den Aufbau von effizienten Verwaltungsstrukturen unterstützen.

Man mag sich an die Arbeit des Sisyphus erinnert fühlen, wenn man an die Haushaltsprobleme in Athen denkt. Jener Sisyphus musste der griechischen Mythologie zufolge als Strafe einen Felsblock auf ewig einen Berg hinaufrollen, bevor ihm dieser stets vor der Bergspitze entglitt und den Abhang hinab rollte.  

Nun muss die Troika bestehend aus den Geldgebern EU-Kommission, EZB und IWF feststellen, dass Griechenlands Haushalt auch nach zwei Hilfspaketen über insgesamt 237 Milliarden Euro noch nicht über’m Berg ist. Ein drittes Hilfspaket über 10 bis 20 Milliarden Euro soll es aber – falls notwendig – erst Mitte des Jahres geben, heißt es aus dem Finanzministerium in Berlin. Und ein neuerlicher Schuldenschnitt wird noch kategorisch abgelehnt. Klar, damit will man den Eurokritikern auf allen Seiten keine zusätzlichen Argumente vor den Europawahlen liefern, die am 25. Mai stattfinden. Auch, so argumentiert Schäubles Ressort, lägen gesicherte Haushaltsdaten erst zur Jahresmitte vor.  

Außerdem will man vermeiden, dass durch eine zu frühe Hilfszusage der Reformwillen in Athen erlahmt, denn noch immer hinkt Griechenland bei der Umsetzung vereinbarter Reformmaßnahmen weit hinterher. In diesem Zusammenhang spricht man von sage und schreibe 153 überfälligen Vereinbarungen. Mit Geld allein aber kann Griechenland nicht gerettet werden, darüber ist man sich in Schäubles Finanzministerium mittlerweile im Klaren. Es bedarf einer Vielzahl partnerschaftlicher Projekte für technische Hilfen, den Aufbau einer Förderinstitution oder effizienter Verwaltungsstrukturen. Denn so lange es beispielsweise keine funktionierende Steuerverwaltung in dem Land gibt, bleibt die Troika tatsächlich zur Sisyphusarbeit verdammt.

Budgetstreit in USA schmeckt den Märkten nicht

Mit buchhalterischen Tricks wird die Regierung die Zahlungsunfähigkeit noch eine Weile hinauszögern können.

“The same procedure as last time, John?” mag US-Finanzminister Jack Lew gefragt haben. Und Republikanerführer John Boehner mag ihm geantwortet haben: “The same procedure as everytime, Jack.“ In der Tat, den USA droht wieder ein Streit um die Erhöhung der Schuldenobergrenze. Nach einem Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern vom Oktober ist die Einhaltung der Schuldenobergrenze von 16,7 Billionen US-Dollar bis 7. Februar ausgesetzt.  

Nun berichtet die „Washington Post“, dass die Republikaner ihr „Ja“ zur Anhebung des Schuldenlimits erneut an politische Bedingungen wie die teilweise Rücknahme der Gesundheitsreform knüpfen wollen. Die Regierung von Präsident Barack Obama dagegen lehnt einen solchen politischen Kuhhandel weiterhin strikt ab. Dieser Dissens hatte bereits im Oktober 2013 die USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Finanzminister Lew hat am Montag bereits den Kongress beschworen, die Schuldengrenze bald anzuheben, sonst wären Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht auszuschließen.  

Mit buchhalterischen Tricks wird die Regierung die Zahlungsunfähigkeit noch eine Weile hinauszögern können, aber das Gift der Unsicherheit hat die Märkte schon erfasst. Dabei fällt die Tatsache, dass die US-Neuverschuldung 2014 auf den geringsten Stand seit Obamas Amtsantritt fallen dürfte, nicht besonders ins Gewicht.

Stunde der Wahrheit naht für Europas Großbanken

„Erstmals soll auch das Risikopotenzial von Staatsanleihen ermittelt werden.“

Die Stunde der Wahrheit für Europas Großbanken rückt näher. Die europäische Bankenaufsicht EBA in London hat erste Kriterien für ihren 2014 geplanten Stresstest festgelegt, die auch Grundlage für die laufende Überprüfung der Institute durch die EZB sind. Die Aufseher wollen dabei überprüfen, wie gut eine Bank auf Stresssituationen vorbereitet ist. Dies könnte ein Konjunktureinbruch mit möglichen Kreditausfällen oder eine plötzliche Zinsänderung sein. Entscheidend ist dabei, ob die Bank auch bei Eintritt eines solchen Szenarios über ausreichend Kapital verfügt. Als Grundlage für den Banken-TÜV wurde nun eine harte Kernkapitalquote von 5,5 Prozent festgesetzt, obwohl die EZB 6 Prozent vorgeschlagen hatte.  

Bei der Frage wann ein Kredit als notleidend eingestuft wird, scheint man sich auf eine Frist von 90 Tage nach Fälligkeit zu einigen. Vergleicht man diese Fristigkeit mit der jüngsten Erhebung zur Zahlungsmoral von Staaten, so sollte dies z.B. Italien zu denken geben. Dort werden Lieferungen an die öffentliche Hand im Schnitt erst nach sechs Monaten beglichen. Zusätzlich soll bei den Tests erstmals auch das Risikopotenzial von Staatsanleihen ermittelt werden. Stehen diese im Handelsbuch, müssen sie nach den Vorgaben des Stresstests zu Marktpreisen bewertet werden. Staatsanleihen, die im Bankbuch bilanziert sind, sollen laut EZB wie andere Kreditforderungen in diesem Bereich behandelt werden. Es wird der Einfluss der angenommenen Stressszenarien auf Verlust- und Ausfallparameter berechnet, was zu höheren Rückstellungen führen würde.  

Die EBA nimmt zunächst 124 Geldhäuser in 22 EU-Mitgliedstaaten unter die Lupe. Die EZB überprüft eine ähnlich hohe Zahl von Banken, bevor sie im November die Aufsicht über die großen Institute übernimmt. Die EBA gibt sozusagen das Grundgerüst vor, das Teil des EZB-Tests wird. Dabei ist es wichtig sicherzustellen, dass die Vorgaben identisch sind, damit die Tests vergleichbar sind. Die Szenarien des Stresstests will die EBA bis Ende April 2014 vorstellen.  

Es wird sich zeigen, ob der Banken-TÜV das Papier wert ist, auf das er geschrieben sein wird. Die vergangenen drei Stresstests dieser Art haben jedenfalls das Vertrauen nur unzureichend wieder hergestellt.

Japan freut sich über zaghafte Preissteigerung

„Dosierte Inflation kann auch eine Medizin sein.“

Japan hat es geschafft, nach über fünf Jahren endlich wieder eine ansehnliche Inflationsrate vorzuweisen. Gegenüber dem Vorjahresmonat sind im Dezember die Verbraucherpreise in der Kernrate um 1,3 Prozent gestiegen – so viel wie seit Oktober 2008 nicht mehr! In Deutschland würde man mit einer solchen Meldung nur Kopfschütteln ernten, und Obelix würde es mit den Worten kommentieren: „Die spinnen, die Japaner.“ Denn hierzulande denken wir bei Inflation immer auch sogleich an die Hyperinflation der 1920er-Jahre.  

Aber in einer gewissen Dosis ist Inflation durchaus als Medizin zu sehen. Denn eine gemäßigte Inflation geht zumeist mit einer erhöhten Nachfrage, positiven Zukunftserwartungen und nicht zuletzt mit einer wirtschaftlichen Belebung einher. So ist auch in Japan im November vergangenen Jahres die Arbeitslosenquote von 4 Prozent auf 3,7 Prozent gesunken, den tiefsten Stand seit sechs Jahren.  

Daher ist es nachvollziehbar, dass der Sieg über die Deflation und eine geringe Inflation für Japan als Hoffnungsträger fungieren. Die angestrebte 2 Prozent-Marke wird zwar nicht die Haushaltsprobleme lösen, aber den Japanern das Gefühl vermitteln, dass es aufwärts geht.

Ray-Ban behält am Primärmarkt den Durchblick

„Deutliche Belebung am Primärmarkt“

Recht lebhaft ging es diese Woche am Primärmarkt zu. Das französische Hotelunternehmen Accor begab sich auf die Suche nach Investoren für eine 7-jährige Anleihe A1ZDEG) mit Fälligkeit 2/2021. Der Kupon des 750 Millionen Euro schweren Bonds beträgt 2,625 Prozent. Gepreist wurde die Anleihe bei +135 bps über Mid Swap, wodurch sich ein Emissionspreis von 99,076 Prozent ergab.  

O2 Telefonica Deutschland brachte eine 7-jährige Anleihe mit Fälligkeit 2/2021 am Markt unter. Der Kupon beträgt 2,375 Prozent. Gepreist wurde die Anleihe (WKN A1YC3P) im Volumen von 500 Millionen Euro bei +100 bps über Mid Swap bzw. bei einem Kurs von 99,624 Prozent.  

Luxottica, der weltweit größte Brillenhersteller von Marken wie Oakley und Ray-Ban, emittierte eine 10-jährige Anleihe (WKN A1ZDBR), die in 2/2024 fällig wird. Der Kupon wurde mit 2,625 Prozent festgeschrieben und das Volumen umfasst 500 Millionen Euro. Gepreist wurde die Anleihe bei +103,6 bps über Bunds, was einem Emissionspreis von 99,281% entsprach. Diese Anleihe wird allerdings aus steuertechnischen Gründen an keiner deutschen Regionalbörse gehandelt.  

Aber auch der Lebens- und Futtermittel-Konzern Cargill platzierte eine 9-jährige Anleihe (WKN A1ZDHW) mit Fälligkeit 2/2023. Der Kupon der 500 Mio. € schweren Anleihe beträgt 2,50 Prozent. Gepreist wurde die Anleihe bei +80 bps über Mid Swap, wodurch sich ein Emissionspreis von 99,681 Prozent errechnete.  

Das US-amerikanische Telekommunikationsunternehmen Verizon Communications Inc. emittierte zwei Benchmark-Anleihen, die erst in 8 bzw. 12 Jahren fällig werden. Die Volumina der beiden Bonds liegen bei 1,75 Milliarden Euro bzw. 1,2 Milliarden Euro. Die 8-jährige 2,375 Prozentige Anleihe (XS1030900168) wurde bei +88 bps über Mid Swap gepreist, was einem Emissionspreis von 99,496 Prozent entsprach. Bei der 12-jährigen 3,25 Prozentigen Anleihe (XS1030900242) lag das Pricing +118 bps über Mid Swap, was einen Emissionspreis von 99,82 Prozent ergab.

Langweiliger Rentenmarkt schlägt DAX

„Manchmal kommt es einfach anders als man denkt.“

Der Rentenmarkt hat den Ruf eher langweilig und somit uninteressant zu sein. Hatten zu Jahresbeginn noch alle Analysten und Börsianer grundsätzlich von leicht steigenden Zinsen und steigenden Aktiennotierungen gesprochen, so reiben sie sich nach einem Monat verwundert die Augen. Die Rentennotierungen sind gestiegen und gefallen sind die Aktienkurse. Manchmal kommt es einfach anders als man denkt. Dass der Euro-Bund-Future seit Jahresanfang fast 6 Punkte zulegen konnte, war so nicht zu erwarten. Denn zuerst kletterte das Rentenbarometer mit den Aktien um die Wette, anschließend erholten sich auch die Anleihen der Peripherie und zuletzt profitierte man als „Safe Haven“ von der Aktienschwäche. Und das führte zu einer Rendite für zehnjährige Bundesanleihen von circa 1,75 Prozent.

  Soweit der Blick zurück! Aber was passiert jetzt? Der Markt ist überreif für eine Konsolidierung, die auch kommen wird. Die spannende Gretchenfrage ist nur: „Wann bzw. bis wohin?“  

Auf diese Fragen erhofft man sich bei den nächsten Notenbanksitzungen eine Antwort. Sollte sich ein Ende der sicheren Margen für Banken abzeichnen, so käme auch der Rentenmarkt unter Druck. Bisher konnten die Banken sich billig Geld bei der EZB leihen und in Staatsanleihen investieren. Ein Selbstläufer für Banken! Ob die EZB in der Lage und willens ist, dieses Geschäftsmodell zu beschneiden, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen.  

Bis zu diesem Zeitpunkt orientieren sich die Händler an der Charttechnik, die in solchen Zeiten die einzig verlässliche Größe darstellt. Als Widerstände gelten vorerst das gestrige Hoch von 144,57 Prozent und die psychologische Marke bei 145% sowie als große Unterstützung das Hoch vom 21.01.2014 bei 142,90 Prozent.

Spanien refinanziert sich noch schnell vor der EZB-Sitzung

„Deutschland schießt mal wieder den Vogel ab.“

Der Rentenmarkt ist in seiner aktuellen Verfassung ein typisches Beispiel für das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Hatte sich Italien zum Wochenschluss für 10 Jahre so günstig wie zuletzt im August 2010 refinanzieren können (3,81 Prozent), so haben sich im Verlauf der aktuellen Woche auch Staaten wie Frankreich, Österreich und Deutschland die Not der Anleger zu Nutzen gemacht.  

Deutschland hat hierbei, im Vorfeld der Biathlon-Wettbewerbe in Sotschi, den „Vogel“ abgeschossen. Für fünf Jahre musste unser Finanzminister am gestrigen Mittwoch lediglich eine Durchschnittsrendite von 0,63 Prozent bieten, um die aktuelle Bundesobligation Serie 168 (WKN 114168) um 4 Milliarden Euro auf insgesamt 9 Milliarden Euro aufzustocken. Dass die Nachfrage das Angebot um das 1,7-fache überstieg, ist schon fast selbstverständlich.  

Am heutigen Donnerstag richten sich die Blicke der Rentenhändler zwar in erster Linie nach Frankfurt auf die Beschlüsse der EZB. Aber im Vorfeld wird auch die Aufstockung zweier Anleihen Spaniens mit Interesse verfolgt. Mittels der Altemissionen WKN A1HTU1/2017 sowie WKN A1ZB43/2019 sollen bis zu 5,5 Milliarden Euro refinanziert werden und dies sollte auch kein Problem darstellen. Das Gleiche gilt auch für Frankreich, das mit wesentlich längeren Laufzeiten bis zu 8 Mrd. € aufnehmen möchte.

Autor: Klaus Stopp, stellvertretender Leiter Rentenhandel der Baader Bank

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