15. April 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Am Währungsmarkt gibt es in diesem Jahr einen klaren Gewinner: den Rubel. Die russische Währung, die aufgrund des Ölpreisverfalls und der Ukrainekrise im Schlussquartal 2014 massiv verloren hatte, klettert auf immer neue Jahreshochs: Ein Euro kostet aktuell knapp 54 Rubel, im Januar waren es zeitweise mehr als 80, Mitte Dezember sogar fast 100 Rubel. Gegenüber dem US-Dollar sieht das Bild ähnlich aus. Zumindest zum Euro sind die Verluste aus 2014 zu einem großen Teil schon wieder wettgemacht.
Ungerechtfertigter „Junk-Status“
Analysten verweisen darauf, dass sich die Lage in der Ukraine zumindest nicht verschlechtert hat und Russland keine weiteren Sanktionen des Westens befürchten müsse. „Die Folgen der Sanktionen wurden stark überbewertet“, urteilt Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank, der sich die Herabsetzung der russischen Währung auf „Junk-Status“ nicht erklären konnte. „Die russische Wirtschaft ist 2014 um 0,6 Prozent gewachsen und wird auch in diesem Jahr längst nicht so stark schrumpfen wie etwa der Internationale Währungsfonds prognostiziert.“ Dazu kämen ein Haushalts- und ein Handelsbilanzüberschuss. „Die Aufwertung wird sich fortsetzen, wenn auch mit verminderter Dynamik.“
Euro-Entwicklung umstritten
Hellmeyer
Die Prognose des Euro/US-Dollar-Wechselkurses ist längst nicht mehr so einfach wie im vergangenen Sommer, als fast alle Analysten mit einer Aufwertung des Greenbacks rechneten. Klar ist, dass die Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks auseinanderläuft, doch von Konjunkturseite gab es zuletzt Enttäuschungen aus den USA und positive Überraschungen aus Europa. Aktuell notiert der Euro, der Mitte März im Tief auf unter 1,05 US-Dollar gefallen war und sich dann auf 1,10 erholt hatte, wieder schwächer, am Mittwochmittag wird die Gemeinschaftswährung zu 1,0578 US-Dollar gehandelt.
Der Grund für die jüngste Schwäche: Die vor einer Woche veröffentlichten Protokolle der letzten US-Notenbanksitzung zeigten, dass die Zentralbanker an ihrem bisherigen Weg zur Zinswende festhalten wollen – trotz der zuletzt schwächeren Konjunkturdaten. Laut Christian Apelt von der Helaba spricht die Geldpolitik zwar weiter für den US-Dollar, das sei aber bereits in erheblichem Maße eingepreist. Bewertungsindikatoren sowie das konjunkturelle Momentum stützten den Euro. „Der Euro/US-Dollar-Kurs dürfte allmählich seinen Boden finden.“
Euro/US-Dollar: Konjunktur entscheidend
„Der Weg für einen stärkeren US-Dollar ist wieder offen“, meint hingegen Esther Reichelt von der Commerzbank. Denn der starke US-Dollar sei für die Mitglieder des Offenmarktausschusses offenbar weit weniger besorgniserregend als zuvor vermutet. Letztendlich würden die kommenden Konjunkturdaten über das weitere Vorgehen der Fed und damit das Ausmaß der US-Dollar-Aufwertung entscheiden. „Wir erwarten, dass die US-Wirtschaft im zweiten Quartal wieder deutlich anzieht.“ Mit besseren US-Daten werde der Euro gegenüber dem US-Dollar im Trend wieder fallen, allerdings langsamer als zu Jahresbeginn.
Hellmeyer hält den Euro derweil für viel zu billig. „Die Konjunkturdaten in Europa und den USA, etwa die zuletzt viel höher ausgefallene Industrieproduktion in Europa und das wahrscheinlich extrem niedrige US-Wachstum im ersten Quartal, passen nicht dazu.“ Er sieht in der aktuellen Bewertung eine „Verweigerung der fundamentalen Realität“ und rechnet damit, dass der Euro bis zum Jahresende wieder in Richtung 1,20 US-Dollar klettern wird. „Griechenland ist schon eingepreist, selbst ein Grexit würde den Euro nur kurzfristig belasten.“
Franken wieder teurer
Apelt
Die Erholung des Euro gegenüber dem Schweizer Franken nach der Freigabe der Schweizer Währung hat ein Ende gefunden, nach zwischenzeitlich 1,08 Franken zum Euro liegt der Wechselkurs jetzt wieder bei 1,0325. „Zwar fiel das Schweizer Wirtschaftswachstum für das Schlussquartal robust aus, die Stimmungsindikatoren signalisieren aber eine markante Abschwächung“, bemerkt Apelt. Der Preisrückgang beschleunige sich. „Die stark negativen Schweizer Zinsen belasten den Franken. Daher dürfte sich der Euro/Franken-Kurs stabilisieren.“
Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank weist darauf hin, dass die März-Daten zu den Devisenreserven der Schweizer Nationalbank SNB einen deutlichen Anstieg der Fremdwährungsmittel angezeigt haben. „Das deutet darauf hin, dass die SNB Ende März zur Schwächung des Franken erneut am Devisenmarkt interveniert hat.“ De la Rubia erwartet, dass das Wechselkurspaar vorerst seine Seitwärtsbewegung fortsetzen wird.
Schwächeres Pfund wegen Wahlen?
Gegenüber dem britischen Pfund zeigt sich der Euro nach Erreichen eines Tiefs von nur noch 0,7097 Pfund im März etwas stärker, aktuell müssen wieder fast 0,72 Pfund für einen Euro gezahlt werden. „In den kommenden Wochen dürften die Wahlen in Großbritannien stärker in den Vordergrund rücken und für Unsicherheit sorgen“, erklärt die HSH Nordbank. Das werde auf dem Pfund lasten. Ein schwächeres Pfund erwartet auch Hellmeyer, nicht nur wegen der Wahlen: „Die Währung ist völlig falsch bewertet: Die Wirtschaft zeigt keine nachhaltige Kraft, Strukturreformen gab es, anders als in Kontinentaleuropa, nicht.“
Die DekaBank ist anderer Ansicht: „Das Hauptargument für die von uns erwartete mittelfristige Pfund-Aufwertung bleibt der Zinsvorsprung gegenüber Euroland.“ Großbritannien befinde sich seit 2013 auf einem dynamischen Wachstumspfad, die Unterauslastung sinke zunehmend, worauf der Rückgang derArbeitslosenquote unter 6 Prozent hindeute. „Die Leitzinswende dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2015 erfolgen.“
Wenig Veränderung gab es beim Yen, sowohl gegenüber dem Euro als auch zum US-Dollar. Nach Ansicht der Helaba werden sich die Renditen im Laufe des Jahres zu Gunsten des Euro bewegen und der Euro/Yen-Kurs zulegen. „Gegenüber dem US-Dollar dürfte der Yen jedoch kaum noch abwerten.“
Von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG,
© 15. April 2015
Absatz