Devisen: Euro angeschlagen

5. Oktober 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Mit der immer möglicher werdenden Insolvenz Griechenlands und der schweren Krise der Eurozone ist auch die europäische Gemeinschaftswährung, die sich lange wacker geschlagen hatte, in die Knie gegangen. Die vielen negativen Nachrichten aus Athen und Brüssel haben den Euro in den vergangenen Wochen deutlich geschwächt: Gestern Morgen fiel er gegenüber dem US-Dollar auf den niedrigsten Stand seit Januar, gegenüber dem japanischen Yen wurde zuletzt sogar ein Zehnjahrestief erreicht. Und die Hiobsbotschaften reißen nicht ab: Am gestrigen Dienstag stufte die Rating-Agentur Moody’s die Kreditwürdigkeit Italiens um gleich drei Stufen auf A2 herab.

Greenback als Krisenwährung


Apelt

Aktuell notiert der Euro, der Anfang September noch zu über 1,42 US-Dollar gehandelt wurde, bei nur noch 1,33 US-Dollar. „Am Markt hat sich die Überzeugung breit gemacht, dass die Probleme in Europa größer sind als in den USA“, erklärt Christian Apelt von der Helaba. Die Euro-Schuldenkrise sei aber nicht der einzige Grund: Die generelle Risikoaversion habe darüber hinaus eine Flucht in den Greenback ausgelöst. „Aufgrund der Rezessionsängste sind die Rohstoffpreise und damit auch die Rohstoffwährungen unter Druck geraten. Das Geld fließt jetzt in den US-Dollar.“

Anhaltende Euro-Schwäche oder Aufholjagd?

Was die weitere Entwicklung der Gemeinschaftswährung angeht, sind viele Währungsexperten skeptisch. „Eine nachhaltige Lösung der Euro-Schuldenkrise ist nicht in Sicht“, meint Apelt. Der Trend zum US-Dollar werde sich daher wohl noch fortsetzen, auch wenn kurzfristige Gegenbewegungen möglich seien. Laut HSH Nordbank bleibt das politische Umfeld für den Euro ein schwerer Belastungsfaktor. „Es ist weiter nichts und niemand in Sicht, um den gordischen Knoten der Griechenland-Krise zu durchschlagen.“ In dieser Gemengelage sei es nur eine Frage von wenigen Tagen, bis der Euro unter 1,30 US-Dollar falle.

„Der Druck auf den Euro ist technisch nachvollziehbar, fundamental aber nicht“, erklärt hingegen Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Für ihn ist Europa im Vergleich zu den USA und Japan „Paradepferd“ in Sachen Reformpolitik und Verschuldungsabbau. Das werde früher oder später auch am Markt realisiert werden. Für die Gemeinschaftswährung sieht er daher Aufholpotenzial, zum Ende des Jahres werde der Euro bei 1,47 bis 1,50 US-Dollar stehen.

Yen verteuert sich weiter

Gegenüber dem Yen hat der Euro zuletzt ebenfalls deutlich an Wert verloren: Aktuell kostet ein Euro 102 Yen, vor einem Monat waren es noch 109, im April sogar noch 1,23 Yen. „Auch der Yen gilt als sicherer Hafen“, erläutert Apelt. Laut HSH Nordbank werden die Drohgebärden Japans hinsichtlich einer möglichen Intervention zur Schwächung des Yen greifbarer. „Der japanische Finanzminister Azumi hat die Aufstockung des Fonds für Devisenmarktinterventionen um 15 auf 165 Billionen Yen angekündigt.“ Allerdings rechnen die Analysten nach wie vor nicht mit einem unmittelbaren Eingreifen, denn zurzeit seien die Bewegungen beim Währungspaar US-Dollar/Yen „vergleichsweise harmlos“. Apelt prognostiziert aufgrund der Griechenland-Krise eine anhaltende Stärke des Yen gegenüber dem Euro und einen einigermaßen stabilen Wechselkurs des US-Dollar zum Yen. Die Bremer Landesbank erwartet allerdings auch hier eine Gegenbewegung: „Der Euro wird wieder auf 1,20 Yen klettern.“

Franken-Höhenflug vorbei


Hellmeyer

Den „sicheren Hafen Nummer 1“ haben Anleger zuletzt verloren: der Franken. Nachdem die Schweizer Nationalbank vor einem Monat die Währung an den Euro gekoppelt hat, ist Ruhe eingekehrt und der Höhenflug beendet. Heute notiert die Alpenlandwährung bei 1,2269 zum Euro. „Die Grenze von 1,20 Franken hält. Das Thema ist gelaufen“, bemerkt Apelt. „Der Mindestkurs zeigt Erfolg“, meint auch Hellmeyer. Für ihn war die Maßnahme ein „Glaubensbekenntnis an die Integrität der Eurozone“. Zum Jahresende sieht er den Franken sogar bei 1,30 zum Euro.

Down Under-Währung verliert

Auch der australische und der neuseeländische Dollar galten lange als wichtige Alternativen, nicht zuletzt dank höherer Zinsen und solider Wirtschaftsdaten. In den vergangenen Wochen ging es für die Währungen aber abwärts. Während man vor einem Monat noch 1,30 australische Dollar für einen Euro bekam, sind es mittlerweile 1,40, beim neuseeländischen Dollar 1,76 nach 1,69 vor vier Wochen. „Die steigende Risikoaversion sorgt für Repatriierungen in den US-Dollar“, erklärt die Commerzbank. Allerdings werde Australien wohl relativ rasch die sich andeutende Wachstumsdelle überwinden können. „Der etwas schwächere australische Dollar ist eine Kaufgelegenheit.“ Laut Helaba sind die Aussichten für Rohstoffwährungen allerdings nicht gut: „Die eher negativen Konjunkturnachrichten werden den australischen Dollar wohl weiter schwächeln lassen.“

Durchwachsene Aussichten für Kiwi-Dollar

Im Fall des neuseeländischen Dollars bleiben die Experten der Commerzbank vorsichtiger: Neuseeland verfüge über weniger Rohstoffe, sei als kleine Volkswirtschaft volatiler und risikoreicher, vergangene Woche hätten die Rating-Agenturen Fitch und S&P das Land auf AA zurückgestuft. Damit hätten die Bonitätswächter auf die anhaltend hohe Verschuldung der privaten Haushalte, das Leistungsbilanzdefizit und den hohen Anteil der Auslandsverschuldung reagiert, wie die HSH Nordbank erklärt. „Diese Schwachpunkte auszumerzen, könnte längere Zeit in Anspruch nehmen.“ Laut Commerzbank wird der neuseeländische Dollar im Fall einer Aufhellung der globalen Wachstumsperspektive aber rasch von Zinserhöhungsphantasien profitieren.

© 5. Oktober 2011/Anna-Maria Borse