Devisen: Triumph des Schweizer Franken

10. August 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Schuldenkrise dies- und jenseits des Atlantiks mit der historischen Bonitätsherabstufung der USA sowie der folgende Crash an den Aktienmärkten hat die Flucht in Währungen wie den Schweizer Franken und den Japanischen Yen nochmals verstärkt. Vor allem die Alpenlandwährung erklimmt immer neue Höhen gegenüber dem Euro und dem US-Dollar: Während Ende des vergangenen Jahres noch 1,25 Schweizer Franken für einen Euro hingelegt werden mussten, waren es gestern nur noch 1,03 – so wenig wie noch nie.

Franken beliebt wie nie

Dass der Schweizer Franken – immer schon eine beliebte Wahl in Krisenzeiten – derzeit so begehrt ist, wundert kaum jemanden. Auftrumpfen können die Eidgenossen mit guten Wirtschaftsdaten wie einer tragbaren Verschuldung und soliden Wachstumszahlen. Die Schweizer selbst freuen sich aber nur eingeschränkt darüber: Zwar können sie derzeit billig in die Toskana, nach Mallorca oder Korfu reisen, der Exportwirtschaft macht die Stärke aber mehr und mehr zu schaffen. So sah sich die Schweizer Nationalbank in der vergangenen Woche genötigt einzugreifen und senkte überraschend die Leitzinsen, heute weitete sie die Maßnahmen gegen den starken Franken sogar noch aus.

Überbewertung der Schweizer Währung?


Apelt

Nach Ansicht von Christian Apelt von der Helaba hat der Franken – ebenso wie der Neuseeländische und der Australische Dollar – eine extreme Überbewertung erreicht. Zu diesem Ergebnis komme man beim Vergleich der Kaufkraft. „Langfristig sollten sich Wechselkurse und Kaufkraftparitäten wieder annähern“, erläutert der Devisenexperte. Kurzfristig sei aber nicht auszuschließen, dass in einer Marktpanik der Euro-Franken-Kurs temporär auf ein Verhältnis von 1:1 falle. „Wenn die Notenbanken aber entschieden in die Märkte eingreifen, dürften sich die Kurse zumindest stabilisieren.“ Auch Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank zeigt sich skeptisch bezüglich der Alpenwährung, zumindest auf mittlere und längere Sicht: „Die Stärke des Franken ist fundamental nicht ansatzweise gerechtfertigt.“ Es werde zu einer „ausgeprägten Trendumkehr“ kommen, „vor allem wenn deutlich wird, dass die reformpolitischen Anstrengungen der EU ein Erfolg sind.“

Yen-Höhenflug nicht angemessen

Auch der Japanische Yen präsentiert sich derzeit stark, so stark wie zuletzt im März, als die japanische Währung kurz nach der Fukushima-Katastrophe extrem aufwertete. Dabei ist das Land über beide Ohren verschuldet, auch die Wachstumsperspektiven sind alles andere als rosig. Japan macht der Höhenflug ebenfalls zu schaffen: Die Bank of Japan intervenierte sogar direkt am Devisenmarkt, um den Yen zu schwächen. Das war, ähnlich wie die ersten Maßnahmen der Schweizer Notenbank, nur von kurzem Erfolg gekrönt. Der Trend hin zum Yen könnte der Helaba zufolge noch Bestand haben, jedenfalls solange die Krise anhalte. Apelt erwartet aber eine Stabilisierung. „Auch hier herrschen spekulative Kräfte, die die Fundamentaldaten völlig außer Acht lassen“, erklärt Folker Hellmeyer. Er rechnet hier ebenfalls mit einer nachhaltigen Trendumkehr, den Euro/Yen-Kurs sieht er in sechs Monaten bei 130, aktuell sind es 110,38 Yen zum Euro.

Euro und US-Dollar im Gleichschritt


Hellmeyer

Im Zick-Zack-Kurs bewegte sich zuletzt der Euro zum US-Dollar. Aktuell profitiert die Gemeinschaftswährung von der gestrigen Erklärung der US-Notenbank, die Zinsen bis 2013 niedrig halten zu wollen. Heute wird der Euro zu 1,43 US-Dollar gehandelt, zu Jahresanfang waren es noch unter 1,34. „Beim Euro-Dollar-Kurs gilt das Gleichgewicht des Schreckens“, kommentiert Christian Apelt. Beide Währungsräume überböten sich gegenseitig mit Schuldenkrisen und schwächeren Konjunkturdaten, so dass es noch für längere Zeit bei der Bandbreite von 1,40 bis 1,45 US-Dollar je Euro bleiben werde.

Für Hellmeyer ist es angesichts der Bonitätsherabstufung der USA und der Aussicht auf anhaltend niedrige Zinsen hingegen erstaunlich, dass der US-Dollar sich so behaupte. „Die Eurozone ist viel stabiler aufgestellt und hat in der Reformpolitik Zeichen gesetzt.“ Laut Hellmeyer ist Europa „Musterknabe“ in Sachen Reformen. An den USA lässt er kein gutes Haar: „Die aktuellen Sparbeschlüsse sehen charmant aus. Sie adressieren jedoch nicht die Strukturschwächen der USA.“ Zudem seien die fiskalischen Annahmen als „sportlich oder sogar als ambitioniert“ zu bewerten.

Politik als Taktgeber

Viel hängt jedenfalls von der weiteren Entwicklung in Griechenland, Portugal, Italien und Spanien und auch in Washington ab, darüber sind sich Analysten einig. „Für die weitere Tendenz des Euro bleibt die Schuldenkrise der Dreh- und Angelpunkt“, meint etwa die Commerzbank. Die jüngste Zuspitzung habe die Zinserwartungen für den Euroraum in den vergangenen Wochen kräftig abschmelzen lassen, und das Ausmaß der Abschwächung zum US-Dollar, Britischem Pfund und Yen stehe durchaus im Einklang mit der massiven Verschiebung der relativen Zinserwartungen. Zwar sei das Hauptrisiko für den Euro eine weitere Eskalation der Krise, umgekehrt gelte aber auch: „Glätten sich hier die Wogen, dann dürfte eine Erholung einsetzen.“


© 10. August 2011/Anna-Maria Borse