ETFs: Anleger behalten die Nerven

23. April 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Goldpreis-Crash, DAX auf Jahrestief, auch andere Börsen mit Einbußen: Die vergangene Woche war an Aufregern nicht arm. Auch ETF-Händler hatten alle Hände voll zu tun. „Weit überdurchschnittliche Umsätze“, meldet Andreas Bartels von der Commerzbank. Jörg Sengfelder von Flow Traders spricht ebenfalls von einem guten Handelsaufkommen. 

Kurse als Einstiegsgelegenheit

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Hamme

Dass es aufgrund der Kursrückgänge an den Börsen zu einer Flucht aus Aktien-Indexfonds gekommen ist, kann allerdings nicht behauptet werden. Laut Commerzbank überwogen in DAX- und Euro Stoxx 50-Trackern (WKN ETF001, ETF050) unter dem Strich sogar Käufe. „Anfang der Woche waren es noch mehr Abflüsse, zum Ende der Woche aber ganz klar Zuflüsse. Die günstigen Kurse werden für einen Einstieg genutzt.“ Auch bei Gregor Hamme von der Unicredit Group dominierten Positionierungen, Flow Traders in Amsterdam meldet hingegen einen leichten Verkäuferüberhang: „Es gab aber auch Käufe.“

Getrennt haben sich Investoren Bartels zufolge von Short-DAX-ETFs (WKN DBX1DS). Daneben gab es Abflüsse aus der zweiten Reihe: „SDAX- und MDAX-Indexfonds (WKN ETF005, 593392) wurden abgestoßen.“ Beide Indizes haben sich in den vergangenen Monaten deutlich besser entwickelt als der DAX, Anleger nehmen nun offenbar Gewinne mit.

Ganz klar auf den Einkaufslisten standen US-Aktien, etwa mit dem Comstage MSCI North America (WKN ETF113) und dem Comstage S&P 500 (WKN ETF012), wie Bartels beobachtet hat. Doch auch hier mussten es Bluechips sein: „Anteile am iShares S&P Small Cap 600 (WKN A0RFEB) wurden verkauft“, bemerkt Sengfelder.

Japan: Lieber Gewinn mitnehmen

Der kräftige Kursanstieg in Japan – gestern kletterte der Nikkei 225 auf eine neues Fünfjahreshoch – wird von ETF-Anlegern zunehmend mit Argwohn betrachtet, wie Flow Traders festgestellt hat. Es wüchsen Zweifel an der extrem expansiven Geldpolitik der Bank of Japan. „Das Problem ist ja: Entweder geht die Strategie auf, oder sie endet in einer großen Krise.“ So hätten einige Investoren von ETFs auf japanische Aktien lieber die Reißleine gezogen. „Aber es gab auch noch Käufer.“ Der iShares MSCI Japan (WKN A1H53L) verzeichnet auf Sicht von sechs Monaten übrigens mittlerweile ein Plus von fast 25 Prozent.

Eher keine Schwellenländer

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Bartels

Der Optimismus hinsichtlich Investments in Schwellenländern war schon vorher angekratzt – den Eindruck hat zumindest Stefano Valenti von der Unicredit Group. „Im März ist der Risikoappetit zurückgegangen, seitdem sehen wir überwiegend Abflüsse.“ Betroffen seien besonders ETFs auf russische und lateinamerikanische Aktien. „Nur Spezielleres ist gesucht, etwas der iShares Dow Jones Emerging Markets Select Dividend (WKN A1JXDN).“

Bartels zufolge ist die Nachfrage nach Schwellenländeranlagen aber wieder etwas angezogen: „Erstmals seit längerer Zeit wurden Emerging Markets-ETFs (WKN ETF127) wieder in größerem Umfang gekauft.“ Commerzbank und Flow Traders haben Brasilien als Favoriten ausgemacht, Russland und Osteuropa seien hingegen unbeliebt.

Anhaltende Durststrecke für Banken

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Sengfelder

Im Handel mit Sektoren-ETFs haben Banken-Produkte (WKN 628930) weiterhin einen schweren Stand, ein großer Teil der seit dem vergangenen Sommer erzielten Kursgewinne ist dahin. „Bei uns wurden Banken-Indexfonds abgestoßen“, erklärt Sengfelder. Hamme hat hingegen erste Eindeckungen beobachtet, etwa im Lyxor Stoxx Europe 600 Banks (WKN LYX0AP): „Es gibt Anzeichen für eine Gesundung der Branche.“

Daneben kam es zu den üblichen Umschichtungen: Sengfelder zufolge griffen Anleger bei Versorger-ETFs (WKN A0Q4R0) zu. Bei der Commerzbank fanden ETFs auf die Grundstoff-, die Lebensmittel- und Getränke- sowie die Immobilienbranche (WKN ETF063, ETF067, ETF074) Fans – allerdings auf einem niedrigen Niveau.


Renten: Rendite über Zinsniveau gesucht

Im Handel mit Renten-ETFs ist der Trend derzeit eindeutig: Von deutschen Staatsanleihen wollen Anleger nicht mehr viel wissen. „Das Interesse an normalen Staatsanleihen ist abgeflacht. Das ist angesichts der Zinsen ja auch kein Wunder“, kommentiert Sengfelder. Die meisten Portfolios seien aber bereits bereinigt – und die Umsätze entsprechend gering. Viele Abnehmer finden den Händler zufolge dagegen höherverzinsliche Staats- sowie Unternehmensanleihen. Bartels meldet außerdem auffällig regen Handel in Pfandbrief-Indexfonds, mit einem kleinen Käuferüberhang. „Investoren wollen zumindest ein bisschen mehr Rendite.“ 

© 23. April 2013/Anna-Maria Borse