ETFs: Anlegern fehlt der Kompass

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30. Oktober 2012. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vorwärts, rückwärts und vor allem seitwärts: So richtig von der Stelle kommt der DAX seit Mitte September nicht mehr. In der vergangenen Woche schwächelte das deutsche Aktienbarometer, am heutigen Dienstag geht es nach oben. Anleger haben die politischen Risiken in Europa wieder auf dem Schirm, zudem waren die Erwartungen in Sachen Unternehmenszahlen wohl zu hoch. Im ETF-Handel ist unterdessen relativ viel los. Andreas Bartels von der Commerzbank spricht von einer recht guten Woche: „Die Anzahl der Trades lag mit 9.500 hoch, die Volumina haben aber nachgegeben.“ Dabei hätten sich in allen Bereichen Käufe und Verkäufe in etwa die Waage gehalten.

Bernardus Roelofs von Flow Traders meldet sogar sehr rege Umsätze, allerdings mit einem Verkaufsüberhang. „Die US-Konjunkturzahlen sind besser ausgefallen als prognostiziert, die Quartalszahlen haben aber enttäuscht.“ Dieser Woche geht es allerdings eher ruhig zu. „Die Schließung der US-Börsen wegen des Hurrikans macht sich bemerkbar“, erklärt Jörg Sengfelder von der DekaBank. „Sandy“ hat bereits gestern die New Yorker Börsen lahm gelegt, auch heute bleiben diese geschlossen. Das ist sehr außergewöhnlich: Das letzte Mal war der Börsenhandel an der NYSE wegen Wetterproblemen im Januar 1996 eingeschränkt worden – wegen eines Schneesturms.

Augenmerk auf Asien

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Bartels

Im Bereich der Aktien-ETFs bietet sich ein durch und durch gemischtes Bild, allenfalls Indexfonds mit europäische Aktien, konkret Euro Stoxx-, MSCI Europe- und Stoxx Europe 50-Tracker (WKN ETFL29, 593395, A0JDGC, 593394), wurden überwiegend gekauft, ETFs mit US-amerikanischen Aktien (WKN 2643889) verkauft.

Über die weitere Entwicklung des DAX gehen die Meinungen offenbar auseinander. Einige Händler berichten von Zuflüssen, andere von Abflüssen. „Von MDAX-ETF (WKN 593392) trennen sich Investoren aber“, bemerkt Sengfelder. „Hier werden Gewinne mitgenommen, der MDAX ist ja bereits seit gut gelaufen.“ Das Marktbarometer für Aktien mittelgroßer deutscher Unternehmen war vor knapp zwei Wochen auf ein historisches Hoch geklettert.

Die Commerzbank hat darüber hinaus noch ein besonderes Interesse an Fernost registriert. „Der asiatische Raum ist im Fokus“, erklärt Bartels. Zugegriffen worden sei etwa beim Lyxor China Enterprise (WKN A0F5BW), auch Anteile am iShares MSCI Japan Monthly Euro Hedged (WKN A1H53P) seien gut weggegangen. „Interessant ist hier, dass sich Anleger in der Region engagieren können, die kein Währungsrisiko eingehen wollen.“ Der iShares MSCI Japan ohne Währungsabsicherung (WKN A0DPMW) ist Roelofs zufolge abgestoßen worden.

Dividendenstrategien auch in Schwellenländern

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Sengfelder

Laut Flow Traders stehen auch Indien- (WKN LYX0BA) und Osteuropa-ETFs (WKN A0F6BV) in der Gunst der Anleger weit oben, in breit angelegten Asien- (WKN DBX1MA) und Emerging Markets-Produkten (WKN A0HGZT) würden hingegen beide Seiten gespielt.

Wie Sengfelder registriert hat, entschieden sich Anleger aber gerne für den iShares Dow Jones Emerging Markets Select Dividend (WKN A1JXDN), einen ETFs, der an die Entwicklung dividendenstarker Aktien aus Schwellenländern gekoppelt ist. „Anleger schauen nicht mehr nur auf dividendenstarke Titel aus Industrieländern, sondern zunehmend auch aus den Emerging Markets.“ Der erst im Juni dieses Jahres aufgelegte Indexfonds konnte anfangs mit kräftigen Kursgewinnen punkten, seit Mitte August lässt die Performance aber zu wünschen übrig.

Ein auffällig hohes Kundeninteresse hat Bartels im UBS MSCI World Socially Responsible (WKN A1JA1R) ausgemacht, einem ETF, der in die Kategorie Nachhaltigkeit fällt. Solche Produkte finden in der Presse oft große Beachtung, die Kauffreude hält sich aber meist in Grenzen. Der MSCI World Socially Responsible zeichnet die Entwicklung von Unternehmen aus der ganzen Welt nach, die hohe ökologische und soziale Ansprüche erfüllen. Der vor gut einem Jahr aufgelegte ETF der UBS kann übrigens auf Sicht von zwölf Monaten mit einem Plus von über 40 Prozent aufwarten.

Sorgen wegen „Sandy“

Auf den Verkaufslisten standen Bartels zufolge hingegen unter anderem Indexfonds, die den US-amerikanischen Aktienmarkt abbilden, konkret MSCI USA-, MSCI North America und S&P 500-Tracker. „Was US-Indizes angeht, spielen sicherlich die gemischten Zahlen eine Rolle und natürlich auch der Hurrikan.“

Reger Handel von Bankaktien

Im Handel mit Sektoren-ETFs sind Händlern zufolge weiterhin Banken-Tracker (WKN 628930, LYX0AP) die Hauptumsatzträger. Bartels meldet überwiegend Abgaben, während Flow Traders eher Zuflüsse beobachtet hat. Der iShares Euro Stoxx Banks hatte seit Ende Juli rasant im Wert zugelegt, seit Mitte September ist die Dynamik allerdings weg.

Eingestiegen sind Anleger der Commerzbank zufolge in ETFs aus der Gesundheits- und Immobilienbranche.

Renten: keine einhellige Meinung

Im Rentenbereich lässt sich erst recht kein klares Bild erkennen, ohnehin finden Fixed Income-ETFs derzeit eher wenig Beachtung. Indexfonds, die die Entwicklung deutscher Staatsanleihen nachzeichnen, wurden der Commerzbank zufolge abgestoßen, die DekaBank berichtet aber von Käufen (WKN ETFL20).

Dagegen positionierten sich Anleger laut Bartels in ETFs mit Unternehmensanleihen oder hochverzinslichen Produkten, Sengfelder hat Interesse an Pfandbrief-ETFs beobachtet. Zudem sei auf die Entwicklung des Euro-Bund-Future gesetzt worden – in beide Richtungen (WKN ETF560, ETF562).

© 30. Oktober 2012 / Anna-Maria Borse