ETFs: „In Lauerstellung“

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6. Januar 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ruhe ist ETF-Händlern zum Jahresauftakt nicht vergönnt. „Es ist erstaunlich viel los“, meldet Sascha Cronemeyer von der Commerzbank. Auch Marco Salaorno von der Société Générale berichtet von regen Handelsaktivitäten. „Das liegt auch an Reallokationen zu Jahresbeginn.“

Das ist aber nicht alles, es gibt auch schon richtig viel Bewegung an den Märkten: Der DAX ist mit deutlichen Verlusten ins neue Jahr gestartet: Am Dienstagmittag notiert der Index bei 9.515 Punkten, am Vormittag waren es zwischenzeitlich weniger als 9.400 Zähler. Das waren 400 Punkten weniger als zum Jahresschluss vor einer Woche.

Vor allem die wieder hochkochenden Diskussionen über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone sorgen für Unsicherheit, außerdem verliert der Euro zunehmend an Wert, und der Ölpreis fällt immer weiter: Die Notierung für die US-Sorte WTI rutschte jetzt sogar unter 50 US-Dollar. „Es gilt wieder ´risk off´“, kommentiert Sidi Kleefeld von der Deutschen Bank: Alles, was als riskant gilt, wird abgeben. Von Panik könne man allerdings nicht sprechen. „Anleger sind vielmehr in Lauerstellung.“

Rücksetzer für Aktien-ETFs

Nichtsdestotrotz stehen der Deutschen Bank zufolge DAX- (WKN DBX1DA), Euro Stoxx 50- und S&P-Tracker auf den Abgabelisten. „Wobei es am Montag bei DAX-ETFs durchaus auch einige Käufer gab“, ergänzt Kleefeld. Auch Salaorno beobachtet Abflüsse aus europäischen und US-amerikanischen Aktien.

Hohe Abgaben gebe es zudem bei japanischen Titeln. „Da sehen wir hohe Volumen.“ Auch in Japan ging es abwärts, am heutigen Dienstag fiel der Nikkei 225 um über 3 Prozent auf 16.883,19 Zähler. Bei der Commerzbank heißt es in dieser Woche ebenfalls: heraus aus Aktien. Betroffen sei besonders der iShares Stoxx Europe 600 (WKN 263530). In den letzten Handelstagen 2014 sei der Trend noch heraus aus Europa in Richtung USA gegangen, meint Cronemeyer, jetzt werde querbeet verkauft.

ETFs mit US-Aktien wurden zuletzt vergleichsweise rege gehandelt, wie die Umsatzstatistik der Börse Frankfurt für die vergangenen fünf Handelstage zeigt, besonders der iShares S&P 500 (WKN 622391), der iShares Core S&P 500 (WKN A0YEDG), der iShares Dow Jones Industrial Average (WKN 628939) und, mit dem iShares S&P 500 Euro Hedged (WKN A1H53N), die währungsgesicherte Variante.

Verluste mit Griechenland, Gewinne mit China

Eins ist klar: Von griechischen Aktien will angesichts der „Grexit“-Diskussionen niemand mehr etwas wissen. Der Lyxor FTSE Athex 20 (WKN LYX0BF), der einzige an der Börse Frankfurt handelbare ETF, der den griechischen Aktienmarkt abbildet, fliegt Salaorno zufolge aus den Portfolios. „Am Gesamthandel macht das aber nicht viel aus.“ Auf Monatssicht hat der Indexfonds 28 Prozent an Wert verloren, auf Sicht von einem Jahr sitzen Anleger sogar auf Verlusten von 38 Prozent.

Schwellenländeraktien werden bei der Deutschen Bank tendenziell abgegeben. Bei der Société Générale ist das Bild ausgeglichen: Der breit aufgestellte Lyxor MSCI Emerging Markets (WKN LYX0BX) und der Lyxor China Enterprise (WKN A0H08R) würden ge- und verkauft. Die festlandchinesischen Aktien, die bereits 2014 zu den Top-Performern weltweit gehörten, bleiben von dem Abwärtssog bislang verschont. Mit dem db x-trackers CSI 300 (WKN DBX0M2) haben Anleger in den vergangenen vier Wochen 17 Prozent gewonnen, seit sechs Monaten sind es sogar 81 Prozent.

Sektoren-ETFs: ohne klare Trends

Im Handel mit Sektoren-ETFs präsentieren sich, wieder einmal, Banken-Indexfonds umsatzstark, allen voran der iShares Euro Stoxx Banks (WKN 628930), Kleefeld zufolge dominieren Zuflüsse.

Salaorno beobachtet Abgaben von ETFs mit Aktien der Telekommunikationsbranche (WKN A0H08R, LYX0A1).

Für die vergangenen fünf Handelstage, die sich wegen der Feiertage bis auf die Zeit vor Weihnachten erstrecken, meldet die Commerzbank unter anderem Verkäufe von Grundstoff-ETFs. Diese leiden derzeit stark unter dem Ölpreisverfall, etwa kommt der iShares Stoxx Europe 600 Basic Resources (WKN A0F5UK) auf Sechsmonatssicht auf ein Minus von 17 Prozent.

Zurück in den sicheren Hafen

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Cronemeyer

Gesucht ist hingegen wieder einmal alles, was als sicher gilt. „Heute haben wir große Anfragen nach Renten-ETFs“ bemerkt Cronemeyer. Anleger konzentrierten sich auf mittlere und längere Laufzeiten.

Bei der Deutschen Bank ziehen unterdessen vor allem kürzer laufende deutsche Staatsanleihen wie der db x-trackers II iBoxx Germany 1-3 (WKN DBX0C9) und der Lyxor iBoxx Germany 1-3Y (WKN LYX0SS). Gesetzt wird Kleefeld zufolge auch wieder auf Geldmarktprodukte (WKN DBX0AN). „Wobei das angesichts der niedrigen Verzinsung schon wundert“, kommentiert der Händler. Salaorno hat durchaus auch Positionierungen bei Höherverzinslichem festgestellt, zum Beispiel mit dem iShares US-Dollar High Yield Corporate Bond (WKN A1H5UN). Der bildet risikoreichere, auf US-Dollar lautende Unternehmensanleihen ab.

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 6. Januar 2015