Grüner Fisher: Keine Angst vor der Zinswende

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Grüner

25. März. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Auch wenn es kaum jemand wahrhaben will: Die Rahmenbedingungen für viele Unternehmen in der Eurozone sind hervorragend. Während in den USA der starke US-Dollar die Vorfreude auf die Berichtssaison trübt, werden international ausgerichtete Unternehmen in der Eurozone durch Währungsgewinne beflügelt. Schwacher Euro, guter Euro – Die kollabierten Öl- und Gaspreise bedeuten für die große Mehrheit der Unternehmen eine enorme Entlastung auf der Kostenseite. Das i-Tüpfelchen: Absolutes Niedrigzinsniveau. Unternehmen und Staaten können sich so günstig refinanzieren wie niemals zuvor.

Beste Chancen für Aktienanleger: Eine „Goldilocks Economy“ wie in den Neunziger Jahren. Endlich mal wieder ein Bullenmarkt, wie er im Buche steht. Oder doch nicht? Die Stimmungslage gibt jedenfalls nicht viel Positives her. Nächste dunkle Wolke am Horizont: Die angekündigte Zinserhöhung der FED.

Zinsen im Rückblick

Noch im Jahr 2007 bewegte sich die Federal Funds Rate der USA oberhalb von 5 Prozent. Die anschließende Weltwirtschaftskrise ließ der FED jedoch keine Wahl: Der US-amerikanische Zinssatz wurde drastisch gesenkt – die im Dezember 2008 erreichte Zinsspanne von 0 Prozent bis 0,25 Prozent besteht bis heute. Die historischen Zinssätze der EZB weisen ähnliche Relationen auf. Eine pragmatische Entscheidung beider Notenbanken, deren Notwendigkeit damals nicht angezweifelt wurde. Nach mehr als sechs Jahren steht jetzt wohl die erste Zinserhöhung seitens der FED bevor – begleitet von wilden Spekulationen. Im Juni 2015, vielleicht früher, vielleicht später – Janet Yellen muss sehr auf ihre Wortwahl achten, um die Aufregung der Medienvertreter nicht in Panik umzuwandeln.

Wie ist die Entscheidung der FED zu bewerten? Zu Beginn der Niedrigzinsphase musste die Weltwirtschaftskrise bekämpft werden. Mit Erfolg! Durch ihre mehrstufigen QE-Programme hat die FED den anschließenden Aufschwung begleitet: Ohne dabei ein wirklich positiver Impulsgeber für die konjunkturelle Erholung zu sein, wie die Entwicklung der Kreditvergabe der Vorjahre zeigt. Der schrittweise vollzogene Rückzug aus dem QE-Programm wurde von einigen Unruhen begleitet, aber die sich anschließende Entwicklung kann sich sehen lassen: Seit die FED keine Anleihen mehr kauft, läuft die US-Konjunktur richtig rund – mit dem Energiesektor als Wermutstropfen – und die Kreditvergabe hat sich wieder erhöht.

Zurück zum gesunden Niveau

Der Ölpreis fällt, der Dollar zeigt enorme Stärke, Inflationsziele müssen korrigiert werden. Die Arbeitslosigkeit ist jedoch unter Kontrolle, die Kerninflation ist auf einem ungefährlichen Niveau, starke Unternehmen tragen den konjunkturellen Aufschwung. Die Zinserhöhung der FED ist eine logische Konsequenz und der erste kleine Schritt zurück zur Normalität. Ist dadurch der Bullenmarkt in Gefahr? Nein! Historische Daten zeigen, dass sich Bullenmärkte auch im Anschluss an Zinserhöhungen noch jahrelang weiterentwickeln können. Vor acht Jahren lag der US-amerikanische Zins bei 5 Prozent. Nicht alles ist perfekt planbar – das weiß die FED. Nicht alle Maßnahmen der jüngsten Vergangenheit waren zielführend und erfolgreich. Sehr positiv ist jedoch, dass die FED unter Janet Yellen einen unaufgeregten Kurs fährt.

Fazit

Die Zinsentscheidungen der Notenbanken verursachen mittlerweile seit Jahren Unsicherheit und Sorge bei Anlegern. Eine Zinserhöhung? Der aktuelle Bullenmarkt hat schon ganz andere Herausforderungen gemeistert und kann problemlos mit dem Zinszyklus umgehen. Notenbanken sind zwar unbeliebt, aber wenigstens handeln sie pragmatisch! Eine Eigenschaft, die so manchem Anleger über die letzten Jahre sicherlich gefehlt hat.

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von Thomas Grüner, Grüner Fisher Investments
© 25. März 2015

Thomas Grüner ist Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Sein Partner Ken Fisher ist seit über 30 Jahren „Forbes“-Kolumnist und warnte im März 2000 rechtzeitig vor dem Platzen der New-Economy-Blase. Ken Fisher zählt zu den 400 reichsten US-Amerikanern und belegt auf der aktuellen „Forbes“-Rangliste Platz 225. Fisher Investments verwaltet momentan mehr als 60 Milliarden US-Dollar. 

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