Hüfners Wochenkommentar: "US-Häuserpreise, ein Markt mit Gewinnchancen"

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Hüfner

27. Juni 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Suche nach rentablen Anlageformen wird immer schwie­riger – nach dem Zinsschock der vergangenen Wo­che noch mehr als bisher. Jetzt muss man entweder abwarten bis sich der Sturm gelegt hat. Oder man muss nach Opportunitäten suchen, die von der Krise nicht so betroffen sind. Für viele sind das Aktien, die in der allge­meinen Aufwärtsentwicklung zurückgeblieben sind. Der Volkswirt sucht nach Märkten, die sich von der Krise er­holen, aber noch weit von ihren bisherigen Höchststän­den entfernt sind.

Ein solcher Markt sind die USamerikanischen Häuserpreise (siehe Grafik). Sie sind in der gesamten Nachkriegszeit immer gestiegen, mal mehr, mal weniger. Es gab schon Experten, die der Meinung waren, die Häuserpreise in den USA könnten überhaupt nur nach oben gehen. Dann aber brachen sie ein. In der Finanzkrise 2006/ 2008 sind sie um ein Drittel gefallen. Anschließend blie­ben sie eine Zeitlang auf dem niedrigen Niveau. Seit et­wa einem Jahr gehen sie wieder nach oben.

Für den Gesamtmarkt der USA ist der Anstieg noch relativ gering. In einzelnen Regionen sind die Preisstei­gerungen aber schon ganz beträchtlich. In den letzten zwölf Monaten haben sich die Häuserpreise in San Fran­cisco um knapp 4 Prozent nach oben bewegt. Ähnlich in Utah und in Florida. In der alten Autostadt Detroit da­ge­gen oder in Minneapolis im Mittleren Westen gehen die Preise nach wie vor zurück.

Es würde mich wundern, wenn sich die Aufwärtsentwick­lung der US-amerikanischen Häuserpreise nicht fortsetzen würde. Erstens sind die Zinsen nach wie vor niedrig. Hy­po­thekenkredite mit 15-jähriger Zinsfestschreibung sind auch nach dem Anstieg der letzten Woche für et­was mehr als 3 Prozent zu haben. In den letzten 20 Jah­ren lagen sie im Durchschnitt bei knapp 6 Prozent.

Zweitens sind solche Kredite relativ leicht zu bekommen. Bei den US-Banken gehört das Hypothekengeschäft in­zwischen wieder zu den profitabelsten Geschäftszwei­gen. Die Banken können die Kredite über die „Agencies“ Fannie Mae und Freddy Mac leicht refinanzieren. Die Federal Reserve wird nach eigener Aussage mindestens noch bis Mitte 2014 Hypothekenkredite am Markt kau­fen, wenn auch vermutlich nicht mehr in dem Ausmaß, in dem sie das bisher getan hat.

Ende der US-Häuserkrise?
S&P-Case-Shiller-Hauspreisindex

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Quelle: S&P

Drittens werden Wohnungen in den USA gebraucht. An­ders als in Deutschland wächst dort die Bevölkerung, und zwar mit einer Rate von rund 0,7 Prozent pro Jahr. Das sind über zwei Millionen Menschen. Seit 2008, dem Hö­he­punkt der Krise, hat sich die Zahl der Einwohner der Vereinigten Staaten um 13 Millionen erhöht. Der Markt ist daher fundamental gesünder als beispielsweise der in Deutschland. In Deutschland steigen die Häuserprei­se, weil die Menschen Angst vor Inflation haben. In man­chen Gegenden (etwa München) ähnelt die Lage einer Blase, die eines Tages wieder in sich zusammenfallen könnte.

Viertens geht es den privaten Haushalten in Amerika wie­der besser. Sie haben ihre Hypothekenschulden seit der Lehman-Pleite um 2.300 Milliarden zurückgeführt. Das sind 19 Prozent des verfügbaren Einkommens. Das war freilich ein schmerzhafter Prozess, sowohl für Schuldner (Zwangsvollstreckungen) als auch für Gläubiger (seit 2008 sind über 400 Banken pleite gegangen).

Fünftens ist die Stimmung bei Verbrauchern und Unter­nehmen gut. Die Wirtschaft wächst nach Ansicht der US-Notenbank im kommenden Jahr mit einer Rate von über 3 Prozent. Ein solches Umfeld beflügelt natürlich auch den Häu­sermarkt. Die Wirtschaftsleistung liegt inzwischen um 3 Prozent über dem Vorkrisenniveau, die Hauspreise sind 30 Prozent niedriger.

Für den Anleger

Aus volkswirtschaftlicher Sicht bieten sich auf dem US-Häusermarkt gute Investitionschancen. Selbst wenn die Preise im Durchschnitt des gesamten Landes um 25 Prozent steigen, liegen sie immer noch unter dem Niveau vor der großen Finanzkrise.

Freilich gibt es Risiken. In den letzten Jahren haben die Häuserpreise ein paar Mal Anlauf genommen zu stei­gen, sind dann aber wieder zurückgefallen. So etwas kann natürlich auch jetzt wieder passieren. Dann gibt es den Wechselkurs. Die meisten erwarten derzeit, dass der Dollar steigt. Er kann aber auch fallen.

Das größte Risiko freilich sind steigende Zinsen. Sie könnten sich zumindest vorübergehend negativ auf die Häuserpreise auswirken, weil der eine oder ande­re Kauf zurückgestellt wird. Noch schlimmer ist der Effekt steigender Zinsen auf Finanzinstrumente, mit denen Anleger auf dem amerikanischen Hypothekenmarkt in­vestieren können (zum Beispiel sogenannte REITs = Real Estate Investment Trusts). Die Kurse der REITs haben schon in den letzten Wochen in Erwartung hö­herer Zinsen deutlich nachgegeben. Mit dem Kauf von REITs sollte man daher warten, bis sich die Zinssituation in den USA beruhigt hat.

Wer direkt Immobilien in den USA erwerben will, braucht viel Sachverstand. Die Verhältnisse auf dem US-Häuser­markt sind in vielerlei Hinsicht anders als in Europa. Zu­dem spielt bei Hauskäufen wie überall die Lage des ent­sprechenden Objekts eine wichtige Rolle.

Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

© 27. Juni 2013 /Martin Hüfner

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem „Europa – Die Macht von Morgen“ (2006), „Comeback für Deutschland“ (2007), „Achtung: Geld in Gefahr“ (2008) und „Rettet den Euro!“ (2011).