Jahresausblick II: Es winkt ein weiteres Bullenjahr

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30. Dezember 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Bis zu den letzten Handelstagen bleibt es in Europa auf politischer Ebene spannend. Nach zwei gescheiterten Anläufen hat das griechische Parlament am gestrigen Montag in einer dritten Runde die Gelegenheit, Stavros Dimas zum neuen Staatsoberhaupt zu wählen. Erreicht der Kandidat die nun nötigen 180 Stimmen nicht, schreibt die griechische Verfassung die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen vor. Auf diese Lösung hofft die in Umfragen vorn liegende Euro-kritische Partei Syriza, die ein Ende der Sparpolitik verspricht.

Deshalb kann es Robert Halver zufolge bis zum möglichen Wahltag im Februar durchaus zu Euro-Krisensymptomen an den Kapitalmärkten kommen. Der Baader Bank-Analyst geht allerdings davon aus, dass die neue griechische Regierung nach dem Amtsantritt moderatere Töne anstimmen wird, um schwere wirtschaftliche Schäden abzuwenden. „Daneben wird die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds etwa durch Verlängerungen der Schuldenlaufzeiten und abgemilderten Spar- und Reformforderungen Entgegenkommen zeigen, damit Griechenland nicht zum ersten fallenden Stein in einer Dominokette wird, an deren Ende der Zerfall der Eurozone stehen könnte.“

Aussicht auf gutes DAX-Jahr

Für das gesamte Börsenjahr 2015 geben sich die meisten Analysten optimistisch. So liegen die Schätzungen von der Deutschen Bank und der Postbank bei einem DAX von 11.500 Punkten Ende 2015. Andere Stimmen sehen den deutschen Leitindex gar in Richtung 13.000 Punkte laufen, vorausgesetzt die Europäische Zentralbank bleibe bei ihrer lockeren Geldpolitik. Es gibt auch moderatere Erwartungen. Mit prognostizierten 9,500 Punkten liegt die DZ Bank beispielsweise eher am unteren Band.

Noch Luft nach oben für US-Börsen

Auch für US-Aktien soll es nach den starken Zuwächsen in diesem Jahr noch Zuschlag geben. Dem breiten S&P 500 trauen Analysten im Schnitt weitere 5 Prozent zu. Skeptische Stimmen wie die des Chef-Strategen von Wells Capital halten dagegen. James Paulson vermutet vor allem in der Aussicht auf steigende Zinsen einen Fallstrick für weitere Kursgewinne in den USA. Die Aktien-Hausse der vergangenen Jahre sei vor allem ein Ergebnis der niedrigen Zinsen. Mit den soliden Wirtschaftsdaten würden aber Zinssteigerungen immer wahrscheinlicher. Für das kommende Börsenjahr in den USA erwartet Paulson bestenfalls stagnierende Notierungen oder aber nachgebende Kurse.

Aktien bleiben attraktiv

Mit nach wie vor kontrastreichen wirtschaftlichen und geldpolitischen Programmen wird auch das kommende Jahr für die Kapitalmärkte wechselhaft, wie Tilmann Galler meint. Investoren müssten angesichts börsentreibender Maßnahmen von Zentalbanken weltweit auch 2015 mit erhöhter Volatilität rechnen. „Dennoch ist eine Übergewichtung von Aktien gegenüber risikoarmen Anlagen sinnvoll – zumindest so lange wie die geldpolitischen Entscheidungsträger ein stärkeres Wirtschaftswachstum und eine höhere Inflation anstreben“, urteilt der Stratege von J.P. Morgan.

Selbst einen steigenden US-Dollar bräuchten Anleger nicht zu fürchten, solange die Währungskursentwicklung einigermaßen gemäßigt verlaufe. Ein starker Greenback helfe einerseits, den Inflationsdruck aufgrund der steigenden Auslastung der US-Wirtschaft zu lindern. Auf der anderen Seite könnten Güter etwa aus dem Euroraum oder den Emerging Markets durch die relative Schwäche ihrer eigenen Währung wettbewerbsfähiger werden. Gefährlich werde es erst, wenn ein dynamisch aufwertender US-Dollar zu einem massiven Kapitalstrom in US-Dollar-Anlagen führe.

Reichlich politischer Zündstoff

Analysten sind sich einig: Auf politischer Ebene bleibt es 2015 unbeständig. Der ungelöste Ukraine-Konflikt belastet nach Meinung von Cyrus de la Rubia, Analyst bei der HSH Nordbank, die konjunkturelle Erholung in Europa. Russland könne durch die vom Westen beschlossenen Sanktionen und den niedrigen Ölpreis in eine langwierige Krise stürzen – mit spürbaren Effekten auf die Weltwirtschaft.

Für Halver hat sich mit der galoppierenden Inflation und dem Einbruch der Energiepreise das Risiko einer erneuten Staatspleite Russlands auf mittlerweile 32 Prozent erhöht. In diesem Szenario sieht der Analyst das größte Risiko. „Von einer massiven russische Rezession bzw. Staatspleite ist zunächst die europäische Kreditwirtschaft betroffen, die im Extremfall bis Ende 2015 einen Ausfall von russischen Auslandskrediten in Höhe von gut 200 Milliarden US-Dollar verkraften müsste.“

Weltwirtschaft besser als ihr Ruf

Die globale Wirtschaft steht übrigens laut IWF gar nicht so schlecht da. Der niedrige Ölpreis sorge für Wachstumsimpulse. Ein Preisrückgang um 30 Prozent schiebe die Konjunktur in den Industrienationen beispielsweise um 0,8 Prozent an. Immerhin stehe beim Ölpreis seit Juni ein Minus von 45 Prozent zu Buche. Unter sonst gleichen Bedingungen könnte es 2015 mit der Weltwirtschaft deshalb weiter aufwärts gehen.

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von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 30. Dezember 2014