Marktsentiment: Ein zu glattes Bären-Szenario

Zusammenfassung der Analyse

Obgleich sich die skeptischen Kommentare zum DAX gerade während der vergangenen Tage deutlich verstärkt hatten und viele Analysten von teils massiven Korrekturen im Aktienmarkt sprachen, hat sich die Stimmung der institutionellen Marktteilnehmer trotz eines fast 3-prozentigen Kursrückgangs im Wochenvergleich nur unwesentlich verschlechtert. Die Aktien-Bullen sind zwar noch in der Mehrheit, aber gemessen an unserem Bull/Bear-Index liegt der Optimismus mit 63,9 Prozent nur leicht über dem Jahresmittel. Noch geringer fiel unterdessen der Rückzug der privaten Anleger aus, deren Bull/Bear-Index sich lediglich auf 64,2 Prozent zurückbildete. Da sich der Euro während der vergangenen Handelstage befestigen konnte, geht Joachim Goldberg davon aus, dass die jüngste Korrektur beim DAX vornehmlich von kurzfristig orientierten Akteuren losgetreten wurde, deren Geduld allerdings nicht allzu strapazierfähig sei. Deswegen habe sich die Chance auf eine schnelle Erholung des DAX verbessert.

Die Prognose-Details zeigen, dass sowohl Optimisten als auch Pessimisten ihre mittleren Vorhersagen der jüngsten DAX-Korrektur angepasst haben: Beide Gruppierungen liegen im Prognosemittel nunmehr 170 bzw. 200 Zähler niedriger. Bei den Einzelwerten führen Finanzwerte sowohl die Gewinner- als auch die Verliererliste an.

Bull/Bear-Index: 63,9 Punkte

Vorwoche: 66,7 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.

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Goldberg

10. April 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ja, gegenüber der Vorwoche hat der DAX einen herben Kursverlust in Höhe von knapp 3 Prozent hinnehmen müssen, eine Korrektur, die zu anderen Zeiten und ursprünglich von einem anderen Kursniveau ausgehend, kaum so viel Aufsehen wie dieses Mal erregt hätte. Aber die Reaktion schien einigen Kommentatoren gut ins Konzept gepasst zu haben und manch einer ließ sich sogar zu gewagten Prognosen hinreißen – nach unten, versteht sich. Vom bevorstehenden Crash war die Rede, von den Iden des März, die nicht nur im Jahre 44 v. Chr. Julius Caesar, sondern auch in diesem Jahr dem Deutschen Börsenbarometer Unheilvolles verheißen sollten. Ein Jahreshoch, markiert am 15. März, ein DAX mit der Aussicht in Kombination mit den Kursspitzen der Jahre 2000 und 2007 gar ein Dreifach-Hoch zu markieren, und sein erneutes Versagen, sich oberhalb der 8.000er Marke zu etablieren, verleitete mancherorts sogar zu Vorhersagen, die im Extrem Niveaus von unter 6.000 Zählern in Betracht zogen.

Diese schlechte Stimmung unter den Analysten und Kommentatoren schlug sich jedoch vornehmlich im DAX nieder, während man in den USA keine größere Korrektur am Aktienmarkt hinnehmen musste. Interessanterweise sollen es die Daten zum US-Arbeitsmarkt gewesen sein, die so schlecht ausgefallen waren, dass sie – allerdings schon Stunden vor ihrer Veröffentlichung – in erster Linie dem DAX den Garaus machten, während man in den USA mit diesen Daten offenbar wesentlich souveräner umging. Dortzulande meldete sich mit John Williams von der San Francisco Fed sogar eine Zinstaube(!) aus dem Offenmarktausschuss der Notenbank gestern zu Wort, die US-Konjunktur könne möglicherweise so robust sein, dass man im zweiten Halbjahr 2013 die Anleihekäufe zurückfahren könne.

Mittelfristige Akteure bleiben gelassen

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Die jüngste Korrektur beim DAX hat jedoch bei den von der Börse Frankfurt wöchentlich befragten institutionellen Anlegern im Gegensatz zu den Analystenmeinungen nur geringe Spuren hinterlassen. Unser Bull/Bear-Index hat sich im Wochenvergleich deshalb auch nur ein wenig nach unten verändert, zumal das Bullenlager offenbar nur um ein paar ausgestoppte Akteure (4 Prozent) reduziert wurde – dafür spricht die Wanderung eines Großteils der Befragten zu den „Neutralen“.

Auch bei den privaten Anlegern, die die Börse Frankfurt seit einigen Wochen befragt, ist nur eine kleine Verringerung des Optimismus feststellbar. Damit bleiben, ähnlich wie bei den institutionellen Investoren, die Optimisten zwar in der Mehrheit, die Stimmung, gemessen am Bull/Bear-Index allerdings in der Nähe ihrer Jahresdurchschnitte, so dass das Stimmungsumfeld relativ verzerrungsfrei ist. Damit kommen vornehmlich kurzfristige Quellen als Verursacher der jüngsten Korrekturen in Frage – gegen längerfristige Abgeber spricht vor allem der jüngst erholte Kurs des Euro. Gerade die Ungeduld jener kurzfrist-Trader, verbunden mit Eindeckungskäufen, könnte so am Ende für eine saftige Short-Squeeze beim DAX sorgen.

© 10. April 2013/Joachim Goldberg, cognitrend

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

  Bullish Bearish Neutral
Total 49 % 24 % 27 %
ggü. letzter Erhebung -4 % +1 % +3 %

 

Institutionelle Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (10. April): 7.700 Punkte (-2,99 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 63,9 Punkte

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Mit Unterstützung von
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  Bullish Bearish Neutral
Total 56 % 29 % 15 %
ggü. letzter Erhebung -2 % +0 % +2 %

 

Private Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (10. April): 7.700 Punkte (-2,99 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 64,2 Punkte

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DAX-Rückschlag hat Prognosen negativ beeinflusst

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Hirschmüller

Die positive Haltung zum deutschen Aktienmarkt, die institutionelle Marktteilnehmer im ersten Quartal zum Besten gaben, ist zwar nicht komplett verflogen. Aber ihre Zuversicht ist seit dem Quartalswechsel sichtbar beeinflusst worden. Die Meinung der meisten Akteure, die bislang vorherrschte – der DAX werde bald neue Höchstkurse erreichen – war offensichtlich nicht in Stein gemeißelt. Stattdessen zeigt sich ein Teil unseres Panels anfällig für Einflüsse von außen. Dazu zählen Analysten und Händlerkommentare, die, teils technisch, teils fundamental begründet, einen Abschwung des deutschen Aktienmarktes ausriefen. Besonders während des jüngsten DAX-Rückschlags rührten die Pessimisten ihre Werbetrommel auffallend laut.

Einige der Befragten wurden nicht nur durch die oben erwähnten Mahner eingeschüchtert. Auch die spürbare Eintrübung der konjunkturellen Aussichten für das zweite Quartal führte zu einem plötzlichen Momentum-Verlust. Letztendlich dürfte auch die preisliche Entwicklung des DAX für die jüngste Zurückhaltung der Akteure ausschlaggebend gewesen sein. Seit dem vergangenen Eurex-Verfallstag haben sich die Verluste auf 5,5 Prozent summiert. Diese Größenordnung scheint wohl jenseits der Schmerzgrenze einiger Akteure gelegen zu haben.

DAX wird im unteren Teil der Jahreshandelsspanne gesehen

Die Konsequenzen wurden weniger in Form eines kompletten Meinungswechsels vollzogen – mit 4 Prozent hielt sich die Abwanderung der Bullen in Grenzen. Vielmehr reduzierten die Fondsmanager auf breiter Front deutlich ihre Kurserwartungen. Die höchsten Prognosen fielen in allen drei Lagern um ganze 180 Stellen. Damit halten nur noch die optimistischsten Bullen marginal höhere Allzeithochs für möglich. Hingegen wurde die tiefste Schätzung dieser Gruppe gar um 210 Punkte nach unten adjustiert.

Die Bären scheinen sich durch die jüngste Kurskorrektur bestätigt, vor allem aber sicher zu fühlen. Sie denken, dass der nächste Abschwung den DAX in die 7.300/550er Zone drücken wird.

Auffallend sind diesmal aber besonders die Prognose-Verschiebungen der „Neutralen“, die nun grob von einer Seitwärtsspanne im Bereich 7.550/800 ausgehen. Damit haben sich die Vorhersagen dieser Gruppe gegenüber der Vorwoche weit stärker nach unten angepasst als der DAX auf Erhebungsbasis an Wert verloren hat. Besonders hervorstechend: Die tiefste Kursprognose verringerte sich um 300 Punkte! Dies könnte als Indiz gewertet werden, dass Portfolios über Derivate auf einen April-Verfallstermin ausgerichtet wurden, der sich für diese Marktteilnehmer idealerweise im unteren Bereich der bislang etablierten Jahreshandelsspanne einpendeln wird.

   Median höchster Wert* tiefster Wert* Streuung
Bullen 7.930 / -170 8.100 7.825 125 / +20
Bären 7.400/ -200 7.545 7.270 150 / -100
Neutrale 7.700 / -250 7.810 7.560 65 / -20

* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.

DAX-Gewinner und -Verlierer: Hauptaugenmerk gilt nach wie vor Finanzwerten

Einzelwertanalyse

Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.

Obgleich der gesamtökonomische Ausblick von einigen Analysten in der vergangenen Woche zunehmend in Zweifel gezogen wurde und sich pessimistische Kommentatoren vor allem auf die sehr schwachen deutschen März-KFZ-Zulassungszahlen stürzten, bleiben unsere befragten Fondsverwalter vornehmlich auf Bank- und Finanztitel fokussiert. Die Automobilwerte des DAX spielen für sie derzeit nur eine untergeordnete oder gar keine Rolle.

Ganz oben auf der Kaufliste stehen die üblichen Verdächtigen: Die Commerzbank und die Deutsche Bank – und zwar in dieser Reihenfolge. Allerdings kann sich mit jeweils 7 und 6 Prozent diesmal keiner der beiden deutlich von den anderen DAX-Mitstreitern absetzen. Hingegen kam die Allianz – obgleich das Papier gerade erst von einer US-Investmentbank weiter als „Overweight“ eingestuft wurde – nicht über eine Zustimmungsquote von 3 Prozent hinaus.

Deutlicher werden hingegen die Abstände, wenn es um die Bewertung der zukünftigen DAX-Flops geht. Auch hier dürfte nicht überraschen, dass die Commerzbank ebenfalls die Spitzenposition innehält. 16 Prozent der Befragten setzen diesen Titel auf ihre Verkaufsliste. Weit abgeschlagen auf Platz zwei liegt, wie schon in der Vorwoche, ThyssenKrupp mit 5 Prozent, dicht gefolgt von der Deutsche-Bank-Aktie (4 Prozent). Ebenfalls mit 4 Prozent, finden sich auch K+S unter den potenziellen Verlieren wieder. Ein paar Frühlingsgefühle scheint es also an der Börse doch noch zu geben.

© 10. April 2013/Gianni Hirschmüller, cognitrend

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