Zusammenfassung der Analyse
Während die Preise deutscher Bluechips wieder leicht gestiegen sind, haben sich mit 6 Prozent der befragten professionellen Investoren nicht wenige der Pessimisten von ihren Short-Positionen verabschiedet. Aber auch 2 Prozent der Bullen sind aus dem Markt raus, was die abwartenden Anleger an der Seitenlinie um 8 Prozent erhöht. Das bringt einen Bull/Bear-Index von 66,7 Prozent. Joachim Goldberg weist allerdings darauf hin, dass die bessere Stimmung auf eben diese Aktienrückkäufe ehemaliger Bären zurückzuführen sei, weniger auf echten Optimismus. Insgesamt sei mit 30 Prozent der Anteil der nicht positionierten Anleger bemerkenswert hoch.
Bei den Privatanlegern sieht das anders aus, denn von denen sind 4 Prozent in DAX-Aktien eingestiegen und im Vergleich zu den Profis weitaus mehr Anleger im Markt aktiv. Der Bull/Bear-Index steigt von 61,1 auf 64,7 Prozent. Insgesamt beschreibt Cognitrend die Marktstimmung als bullish, aber impulslos. Es fehle langfristigere Nachfrage, die allerdings in den vergangenen Wochen eher zurückgegangen sei.
Hinsichtlich der Kursziele haben lediglich die Bullen ihre Prognose leicht nach unten gesetzt – eine reiche Vorsichtsmaßnahme vor rätselhaften Kursschwankungen vermutet Cognitrend. Was die Einzelwerte angeht, führt nach wie vor die Commerzbank Gewinner- wie Verliererliste an – inzwischen mit großem Abstand und unbeeindruckt des heutigen Aktiensplits.
Bull/Bear-Index: 66,7 Punkte
Vorwoche: 64,4 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.
Goldberg
24. April 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Wenn man die Entwicklung der Stimmung institutioneller Akteure während der vergangenen drei Wochen betrachtet, ist der Optimismus, gemessen an unserem Bull/Bear-Index wieder auf sein Ausgangsniveau gestiegen. Allerdings ist die Risikobereitschaft der von der Börse Frankfurt befragten Anleger während dieses Zeitraums gesunken, was sich in einer gefallenen Polarisierung zwischen Bullen und Bären niedergeschlagen hat. Möglicherweise, weil der DAX während dieser Zeit (im Punktvergleich) etwa 3 Prozent seines Wertes eingebüßt hat.
Viel wesentlicher für diese Risikoaversion erscheint uns jedoch, dass die Investoren vor Wochenfrist zum einen mit einem Kurssturz von 200 DAX-Zählern innerhalb von 15 Minuten konfrontiert wurden, der im Gegensatz zu allen anderen Aktienmarktkorrekturen in diesem Jahr fundamental nur schwer erklärbar war. Aber auch der Grund für die gestrige deutliche Erholung des Börsenbarometers erscheint auf den ersten Blick nicht sonderlich schlüssig. Denn die Kurse stiegen, obgleich etwa der deutsche Einkaufsmanager-Index unter den Erwartungen der Analysten lag und gerade noch oberhalb der Trennlinie zwischen Expansion und Rezession notiert.
Natürlich wurde schnell eine Begründung nachgereicht, denn die EZB, so war vielerorts zu vernehmen, würde möglicherweise aufgrund der ungünstigen Rahmendaten innerhalb der Eurozone alsbald die Zinsen senken – eine Begründung für steigende Börsenkurse, die man hierzulande schon lange nicht mehr gehört hat. Tatsächlich hat die EZB mit ihrer Politik der ruhigen Hand einen ausgezeichneten Job gemacht: Die Anleiherenditen innerhalb der Eurozone sind weiter auf dem Rückzug. Und wenn man nach positiven Argumenten suchen möchte, könnte man immerhin auch die jüngsten Maßnahmen zur Stimulierung des Wachstums in Portugal, Spanien und Irland nennen, die letztlich auch als Indiz für eine Gegenbewegung zur europäischen Sparpolitik gewertet werden können.
Private Anleger sind risikofreudiger
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Die jüngste Stimmungserhebung zeigt jedoch, dass der Anstieg des Optimismus bei den institutionellen Investoren lediglich auf Aktienrückkäufe früherer Bären beruht – ihr Anteil am Panel ist auf den tiefsten Stand dieses Jahres im Februar zurückgefallen –, nicht aber durch neu hinzugekommene Bullen zustande gekommen ist. Bei den privaten Anlegern, deren Optimismus ebenfalls gestiegen ist, zeichnet sich indes ein anderes Bild ab: Nicht nur, weil es Gewinnmitnahmen bei den Bären gegeben hat, die sich sogar sogleich auf die Seite der Optimisten schlugen. Vielmehr ist auch eine deutlich höhere Polarisierung zwischen Bullen und Bären festzustellen. Während das Lager der Neutralen bei den Privaten mit 18 Prozent relativ niedrig ausfällt, erreicht die gleiche Gruppe bei den institutionellen Pendants mit 30 Prozent heute immerhin den höchsten Stand dieses Jahres.
Damit bleibt der deutsche Aktienmarkt stimmungstechnisch relativ impulslos, aber immer noch optimistisch. Um wieder in Schwung zu kommen ist er auf langfristige Nachfrage angewiesen, die jedoch in den vergangenen Wochen etwas nachgelassen haben dürfte.
© 24. April 2013/Joachim Goldberg, cognitrend
Verhältnis Optimisten zu Pessimisten
Bullish | Bearish | Neutral | |
---|---|---|---|
Total | 50 % | 20 % | 30 % |
ggü. letzter Erhebung | -2 % | -6 % | +8 % |
- Stand DAX (24. April): 7.680 Punkte (+0,52 % gegenüber der letzten Erhebung)
- Stand Bull/Bear-Index: 66,7 Punkte
Verhältnis Optimisten zu Pessimisten
Bullish | Bearish | Neutral | |
---|---|---|---|
Total | 55 % | 27 % | 18 % |
ggü. letzter Erhebung | +4 % | -3 % | -1 % |
- Stand DAX (24. April): 7.680 Punkte (+0,52 % gegenüber der letzten Erhebung)
- Stand Bull/Bear-Index: 64,7 Punkte
Weiterführende Links
Schaukelbörse
Hirschmüller
Während sich bei der Marktstimmung durchaus nennenswerte Verschiebungen ergeben haben, hat sich bei den Prognosedetails kaum etwas bewegt. Die Mehrheit der von der Börse Frankfurt befragten Institutionellen stehen, was ihre Vorhersagen angeht, somit voll unter dem Eindruck der jüngsten Kursbewegungen. Eine Schaukelbörse, die sich ohne wirklich fassbare fundamentale Einflüsse schnell einmal 2 oder 3 Prozent rauf und runter bewegt. Seit gestern notiert der DAX wieder um die 7.700er Marke, also genau da, wo er sich vor dem schlagartigen Kurseinbruch am vergangenen Mittwoch eingependelt hatte.
Aktivitäten ohne Einfluss auf Prognosen
Auch nach einer Woche bleibt es dabei: Plausible Erklärungen für den raschen Kursverfall gibt es bis heute genauso wenig, wie für die steile, gegenwehrfreie Aufwärtsbewegung gestern. Vor diesem Hintergrund ist es wohl die beste Strategie, dem DAX beim kurzfristigen Austoben zuzuschauen und ansonsten lieber erst einmal alles beim Alten zu lassen. Die Kursprognosen haben sich tatsächlich fast gar nicht verändert. Lediglich die Bullen haben ihren Ausblick ein klein wenig konservativer gestaltet. Der Median liegt in dieser Gruppe 50 DAX-Zähler unter der Vorwoche, bei nunmehr 7.900 Punkten.
Interessanterweise haben nur die Optimisten ihre Zielzone etwas angepasst. Dabei war dies ausgerechnet die Gruppe, bei der es diese Woche die geringsten Aktivitäten zu verzeichnen gab. Die leichte Adjustierung nach unten, könnte also als reine Vorsichtsmaßnahme aufgrund der rätselhaften, kurzfristigen Kurskapriolen gedeutet werden.
Bei den DAX-Bären hingegen, wo die 6-prozentige Abwanderung durchaus als Indiz für Eindeckungskäufe gewertet werden kann, hat sich der Zentralwert der Schätzungen gar nicht verändert. Lediglich die höchste bzw. tiefste Prognose fiel jeweils 25 Punkte geringer aus.
Ähnlich sieht es bei den Neutralen aus. Sie erhielten mit 8 Prozent zwar starken Zulauf, die Schätzung dieser Gruppe (Median 7.700) liegen gegenüber der Vorwoche aber unverändert. Hingegen hat sich die Bandbreite der Handelsspanne, die diese Marktteilnehmer erwarten, um 20 Punkte verringert.
Wie schon vor einer Woche haben die jüngsten Kursschwankungen weder zu völligen Neuorientierungen noch zur Neueinschätzungen geführt. Und da die Prognose-Unsicherheit ebenfalls kaum Veränderungen aufweist, lässt sich nur eines aus den Zahlen interpretieren. Die Akteure wünschen sich auf kurze Sicht eher mehr Aufklärung und lieber weniger Bewegung.
Median | höchster Wert* | tiefster Wert* | Streuung | |
---|---|---|---|---|
Bullen | 7.900 / -50 | 8.120 | 7.795 | 165 / +5 |
Bären | 7.400 / +/-0 | 7.495 | 7.210 | 145 / +/-0 |
Neutrale | 7.700 / +/-0 | 7.740 | 7.605 | 70 / -10 |
* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.
DAX-Gewinner und -Verlierer: Commerzbank-Facelifting beeindruckt Akteure nicht
Einzelwertanalyse
Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.
Was die Schätzung des Spitzenplatzes bei den Verlierern angeht, haben die von der Börse Frankfurt befragten Akteure seit mehreren Wochen ein gutes Händchen bewiesen. Denn der Commerzbank hat ein großer Anteil der Händler eine Dauerkarte für die vorderen Ränge ausgestellt.
Auch diese Woche belegt der Bankwert einmal mehr Platz eins. Und mit 28 Prozent ist der Anteil der Commerzbank-Bären noch einmal deutlich höher (+10 Prozent) ausgefallen als in der Vorwoche. Daran konnte auch die jüngste Kurskosmetik nichts ändern. Eine Maßnahme, die den Finanztitel seit heute um das zehnfache teurer aussehen lässt. Gewinne, so die mehrheitliche Meinung, kann man sich in naher Zukunft aber wohl abschminken. Die Angriffslust der Bären lässt eher vermuten, dass einige hier wieder schnell den alten Zustand herstellen wollen und sich vorgenommen haben, die Notierung wieder umgehend in den einstelligen Euro-Bereich zu drücken. Und da der Markt sich voll auf die Commerzbank zu konzentrieren scheint, laufen die anderen Verlierer – selbst die mit jeweils 5 Prozent zweit- und drittplatzierten Deutsche Bank und ThyssenKrupp – nur unter „ferner liefen“.
Sehr ähnlich sieht es bei den Gewinnern aus. Denn hier ist die Rangfolge der ersten drei mit der der Verlierer identisch. Lediglich die Abstände sind etwas enger: Die Commerzbank favorisieren lediglich 13 Prozent, Deutsche Bank 6 Prozent, gefolgt von ThyssenKrupp mit 5 Prozent der Befragten. Merkwürdig: VW, deren Hauptversammlung morgen ansteht, blieb in beiden Lagern stimmenlos.
© 24. April 2013/Gianni Hirschmüller, cognitrend