Marktsentiment: Starker September macht Short-Spielern zu schaffen

Zusammenfassung der Analyse

Weiterhin unterschiedlich reagieren private und professionelle Anleger auf die Seitwärtsbewegung deutscher Aktien auf Wochensicht.

Von den Profis sind 12 Prozent der Befragten ganz aus dem Markt raus gegangen. 8 Prozent waren zuvor long und 4 Prozent short in DAX-Werten gewesen. Der Bull/Bear-Index, der den absoluten Optimismus im Markt wiedergibt, fällt mit 49,4 Punkten in den leicht pessimistischen Bereich. Bei den Privatanlegern haben immerhin 3 Prozent Aktien gekauft und 7 Prozent setzen nicht mehr auf fallende Kurse. Das hebt die Stimmung auf 51,1 Punkte. Im betrachteten Zeitraum ist der DAX um 20 Punkte ganz leicht gestiegen, schaffte allerdings am vergangenen Donnerstag ein Allzeithoch.

Die Analysten von Cognitrend sehen in der Reaktion weniger Gewinnmitnahmen grundskeptischer Investoren, viel eher eine Bewegung, die vom Terminmarkt herübergeschwappt ist. Dort war nämlich am Freitag ein großer Verfallstermin und es könnte eine ganze Reihe von Stillhaltern auf dem falschen Fuss erwischt worden sein, schließlich war man vielerorts von einem schwachen September ausgegangen.

In den Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung von Einzelwerten im DAX polarisiert diesmal K+S, deren Aktie sowohl die Gewinner- als auch die Verliererliste anführt.

Bull/Bear-Index: 49,4 Punkte

Vorwoche: 51,7 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.

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Hirschmüller

25. September 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). In zahlreichen Finanzmarktkommentaren, in denen zu Wochenbeginn krampfhaft versucht wurde, die relativ verhaltene Eröffnung des deutschen Aktienmarktes in irgendeiner Form mit dem Ausgang der Bundestagswahl in Verbindung zu bringen, drang meist auch ein wenig Verzweiflung durch. Dabei hatten in den vergangenen 25 Jahren deutsche Wahlen auf die Börse ohnehin meist nur wenig nachhaltigen Einfluss. Die einzig unverbindliche Aussage zum Thema Wahl und Börse wäre indes eine scherzhafte: Im Gegensatz zu einigen Parteien, hat der DAX längst sein Soll erfüllt und die 5-Prozent-Hürde nicht nur gemeistert, sondern längst weit hinter sich gelassen.

Bundestagswahl und Spaß einmal beiseite gelassen, bleibt am Ende wieder einmal nur eine einzige Geschichte, auf die sich Investoren zu konzentrieren scheinen: die Ausstiegspläne der US-Notenbank aus der ultralockeren Geldpolitik. Jene liegen seit vergangenem Mittwochabend auf Eis. Dabei hatten Marktteilnehmer vor einer Woche noch fest mit einer Reduzierung der Anleihekäufe gerechnet.

Skeptiker verschätzen sich

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Im Aktienmarkt hatten Akteure aber nicht mit Enttäuschung, sondern mit Begeisterung auf die Aufschiebung der Tapering-Verkündung der US-Notenbank reagiert. Zumindest sah oberflächlich betrachtet alles danach aus. Der DAX sprang nach der US-Offenmarktauschusssitzung deutlich nach oben und markierte ein neues Allzeithoch. Die Händler kauften aber nicht aus Freude über die unveränderte Liquiditätsschwemme der Fed. Sie kauften weil sie im Vorfeld auf eine negative Reaktion der Aktienmärkte setzten, die sie sich durch die Bekanntgabe einer Reduzierung des US-Anleihekaufprogramms erhofft hatten. Jedoch flauten die Eindeckungsaktivitäten bereits nach 24 Stunden wieder ab. Die Auswirkungen der jüngsten Fed-Fehleinschätzung sind auch in unserem Sentiment-Panel zu erkennen – allerdings nur in geringem Maße. Zwar haben 4 Prozent der Bären Konsequenzen gezogen und sich von ihrer Strategie verabschiedet. Auf der anderen Seite trennten sich indes gleichzeitig doppelt so viele Optimisten von ihren Positionen. Beide Lager liegen nun fast gleichauf und da die Neutralen um 12 Prozent zulegten, hat sich die Polarisierung erheblich reduziert.

Die Bullen, so könnte man beim Blick auf den haussierenden DAX denken, konnten wohl nicht wiederstehen, nach dem jüngsten Kursrekord Gewinne mitzunehmen. Wir glauben allerdings nicht, dass dies der wahre Grund für den Rückzug der Optimisten war. Vielmehr dürfte das unerwartet hohe Kursniveau am vergangenen Freitag zum Eurex-September-Verfall für diese Abwanderung verantwortlich gewesen sein. Im Übrigen belegt die fallende DAX-Volatilität, dass in den vergangen Wochen gerne Aktienoptionen verkauft wurden – insbesondere Calls, wegen des traditionell schwachen Börsenmonats September. Deswegen gehen wir davon aus, dass zahlreich Stillhalter am Freitag auf dem falschen Fuß erwischt wurden.

Das Ergebnis der Privatanleger-Umfrage scheint übrigens unsere Annahme zu bestätigen. Dort verhielten sich zwar die Bären so wie die Profis, nicht aber die Bullen, was mit einer geringeren Aktivität am Derivatemarkt zusammenhängen könnte. Der Bull/Bear-Index der Privaten liegt nun bei 51,1 Punkte.

Liegen wir mit unserer These richtig, dürfte sich bereits bei kleineren DAX-Korrekturen erhebliche Nachfrage von Wiedereinsteigern entfalten. Ein überhitzter Markt sieht jedenfalls anders aus.

von Gianni Hirschmüller, cognitrend
© 25. September 2013

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

  Bullish Bearish Neutral
Total 35 % 36 % 29 %
ggü. letzter Erhebung -8 % -4 % +12 %

 

Institutionelle Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (25. September): 8.630 Punkte (+0,23 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 49,4 Punkte

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Mit Unterstützung von
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  Bullish Bearish Neutral
Total 41 % 39 % 20 %
ggü. letzter Erhebung +3 % -7 % +4 %

 

Private Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (25. September): 8.650 Punkte (+0,23 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 51,1 Punkte

Weiterführende Links

Schnell weg mit den Aktien?

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Goldberg

Weder das Ergebnis der Bundestagswahl noch die gar nicht einmal allzu hochgesteckten Ziele konnten die Optimisten der vergangenen Woche im deutschen Aktienmarkt zum Bleiben bewegen. Wo sich diese Gruppe vor Wochenfrist noch vorgenommen hatte, im Mittel zumindest bis zu einem DAX-Stand von 8.800 Zählern zu warten, bevor Gewinnmitnahmen beabsichtigt waren. Diese sind nun im besten Fall bereits beim jüngsten historischen Hoch von 8.770 Zählern erfolgt, was man zumindest als Indiz dafür werten kann, dass diese Verkäufe nicht immer freiwillig durchgeführt wurden. Denn das Bullenlager hat sich um gut ein Fünftel seiner bisherigen Teilnehmer reduziert und dies zu Preisen, die eher durch die Ausübung geschriebener Call-Optionen anderer Parteien am vergangenen Freitag diktiert worden sein dürften, als durch gewollte Aktienverkäufe. Immerhin hat sich die Haltung der verbliebenen Bullen kaum verändert, so dass die mittlere Prognose auf dem Niveau von 8.800 Punkten wie in der Vorwoche liegt. Auch das Vertrauen in diese Vorhersagen hat sich trotz der jüngsten DAX-Korrektur nicht wesentlich verschlechtert.

Pessimisten von vorsichtig bis extrem bearish

Auch das Bärenlager musste einige Abgänge verzeichnen, weil hier und da Stop-loss-Käufe in der vergangenen Woche vorgenommen werden mussten. Erstaunlich ist jedoch, wie sehr nun die Streuung der Prognosen auseinander gedriftet ist – sie ist trotz der jüngst gefallenen Kurse mit 255 Zählern fast doppelt so hoch wie die der Optimisten. Offenbar gehen die Meinungen bezüglich der Folgen drohenden Ungemachs weit auseinander. Dabei dürfte der Hauptgrund für einen derart unterschiedlich ausgeprägten Pessimismus nicht einmal im jüngsten Kommunikationswirrwarr der US-Notenbank und ihrer Geldpolitik liegen. Vielmehr scheint der immer näher rückende Termin einer möglichen zwangsweisen Schließung von Regierungseinrichtungen und dem Schuldendeckel in den USA viele Börsianer zu beunruhigen. Dass der Median der Pessimisten gegenüber der Vorwoche leicht angestiegen ist, lässt sich in erster Linie den konservativen Bären zuschreiben, die trotz eines gegenüber der Vorwoche kaum veränderten DAX bereits erstmals bei 8.525 Zählern ihre Positionen schließen möchten. Allerdings sind auch die Prognose-Ausreißer nach unten größer geworden, wobei die erste Standardabweichung an der Unterseite mit 8.020 Punkten zwei wesentlich tiefere, über 300 Punke niedrigere Vorhersagen kaschiert,.

Stärkere Bewegung ist indes bei den neutralen Marktteilnehmern entstanden, deren Gruppe mit zwölf Prozentpunkten den größten wöchentlichen Zuwachs seit Mai 2012 verbuchen konnte. Deswegen dürfte sich auch die Streubreite ihrer Prognosen verdreifacht haben. Interessant in diesem Zusammenhang: Die untere Standardabweichung der Neutralen fällt mit der oberen der Bären bei 8.525 DAX-Zählern zusammen.

   Median höchster Wert* tiefster Wert* Streuung
Bullen 8.800 / +/-0 8.980 8.710 135 / +5
Bären 8.325 / +25 8.525 8.020 255 / +75
Neutrale 8.600 / +/-0 8.685 8.525 80 / +50

* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.

DAX-Gewinner und -Verlierer: Große Einigkeit bei den Verlierern der Woche

Einzelwertanalyse

Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.

Wenn es darum geht, die Top-Performer unter den deutschen Standardwerten zu finden, tun sich die Investoren wesentlich schwerer, als die kommenden Verlierer auszumachen. Allerdings konnten sich immerhin noch 7 Prozent der Befragten dafür entscheiden, K+S an die Spitze ihrer Einkaufsliste zu setzen – das ist jedoch fast die Hälfte weniger als in der Vorwoche. Ganz davon zu schweigen, dass dasselbe Papier auch die Liste der Flops anführt. Von den übrigen Favoriten der Vorwoche (Deutsche Telekom und Lufthansa) bleibt ansonsten nur die Commerzbank übrig, die mit einem Votum von 5 Prozent der Investoren immerhin noch Platz zwei belegen kann, gefolgt von Beiersdorf und ThyssenKrupp (jeweils 4 Prozent).

Wesentlich sicherer scheinen sich die Investoren ihrer Sache bei den Verlierern zu sein, wo sich ein Drittel des Panels für eine der drei Aktien K+S, ThyssenKrupp oder Commerzbank, eindeutig entscheiden konnte. Während K+S mit 14 Prozent der Befragten nur unwesentlich mehr Verkaufs-Interesse als in der Vorwoche anzog, konnten ThyssenKrupp (Rang 2) und die etwas besser positionierte Commerzbank je 10 Prozent der Anlegerstimmen für sich reservieren. Auf den weiteren Plätzen der Verlierer folgen mit deutlichem Abstand die Deutsche Telekom (5 Prozent) und die Deutsche Bank (4 Prozent). Bemerkenswert bleibt in diesem Zusammenhang: 18 DAX-Werte erscheinen überhaupt nicht auf der heutigen Flop-Liste.

von Joachim Goldberg, cognitrend
© 25. September 2013

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