Marktsentiment: Ungeduldige Investoren

Zusammenfassung der Analyse

Optimismus wohin man schaut. Der DAX erreicht neue Höchststände und die Marktstimmung bei den Institutionellen Anlegern hat sich deutlich verbessert. Aus der heutigen Befragung von 900 aktiven Investoren resultierte ein Bull/Bear-Index von 58,3 Punkten. Dabei zeigte sich ein deutlicher Wechsel von der bearishen auf die bullishe Seite. Das Maß für den absoluten Optimismus steht auf dem höchsten Stand seit dem 10. Juli.

Auch die Privaten sind noch ein wenig optimistischer geworden – ihr Bull/Bear-Index von 60 Prozent hat fast wieder das Niveau von vor drei Wochen erreicht.

Bull/Bear-Index: 58,3 Punkte

Vorwoche: 51,1 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.

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Goldberg

6. November 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). In der Vorwoche hatten wir noch festgestellt, wie sehr die institutionellen Marktteilnehmer, die die Börse Frankfurt allwöchentlich befragt, der jüngsten Rally des DAX misstrauten. Das hat sich nun auffallend schnell geändert, denn ein Teil der Investoren hat anscheinend die Geduld verloren. Dies verrät die Veränderung unseres Bull/Bear-Index, der sich nunmehr leicht über dem Jahresmittel bewegt und zuletzt von einem sechs Prozentpunkte starken Zustrom neuer Optimisten aus dem Bärenlager profitierte. Was mag diese Akteure dazu bewegt haben, nicht mehr auf eine substantielle Korrektur der Aktienkurse warten zu wollen, wie dies noch in unserer vergangenen Detailanalyse sichtbar gewesen war?

Der Anstieg des Bullenlagers auf den höchsten Stand seit dem 10. Juli ist umso bemerkenswerter, weil der DAX seit seinem jüngsten Allzeithoch vor einer Woche nicht mehr so richtig an Fahrt gewinnen konnte. Das Börsenbarometer rutschte stattdessen, wenn auch nicht sehr deutlich, unter die runde 9.000er-Marke, was schließlich den kaufwilligen Anlegern Grund genug zu sein schien, sich nun schnell zu engagieren. Natürlich sind die Wirtschaftsdaten aus den USA, aber auch aus Europa, während der vergangenen Tage häufig besser als erwartet ausgefallen. Gerade jenseits des Atlantiks wartete man mit positiven ökonomischen Überraschungen (Einkaufsmanager-Indices) auf. In Europa wurden allerdings auch Rufe laut, die EZB möge doch angesichts der jüngsten Preisdaten und deren möglicher deflationärer Tendenz, die Leitzinsen möglichst bald senken. Aber deflationäre Tendenzen als Treibsatz für steigende Aktienkurse?

Wer steht auf der anderen Seite?

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Vielleicht waren es aber auch die teils alten Meldungen in den Finanzmedien über Kapitalströme aus den USA nach Europa, die den einen oder anderen Investor nicht mehr lange zögern ließen. Allerdings bleibt dabei die Frage offen, warum der Wechselkurs des Euro ausgerechnet während des Berichtszeitraums einen deutlichen Wertverlust gegenüber dem US-Dollar hinnehmen musste.

Immerhin haben die privaten Anleger am vergangenen Mittwoch schon das vorgemacht, was die Institutionellen dieses Mal nachgeholt haben. Aber auch die Privaten sind noch ein wenig optimistischer geworden – ihr Bull/Bear-Index von 60 Punkten hat fast wieder das Niveau von vor drei Wochen erreicht.

Schließlich vermittelt der angestiegene Optimismus, dass die Investoren, in der Angst eine Jahresschluss-Rally zu verpassen, zumindest mit einem Bein (das zweite wird bald folgen) zu Höchstkursen im Bullenmarkt angekommen sind. Wo es sich bei diesen Akteuren sogar um diejenigen handeln könnte, denen der DAX vor vier Monaten und auf gut 10 Prozent niedrigerem Niveau noch zu teuer war. Allerdings hatten die jüngsten Engagements bislang kaum positiven Einfluss auf das Kursgeschehen. Vielleicht, weil diesen inländischen Aktienkäufern mittlerweile langfristige Abgeber gegenüberstehen, wofür auch der Kursrückgang des Euro spricht. Möglicherweise profitieren die europäischen Aktienmärkte nicht mehr in gleichem Maße wie zuvor von den Kapitalströmen aus den USA. Sonst hätte der DAX wohl stärker performen müssen.

von Joachim Goldberg, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 6. November 2013

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

  Bullish Bearish Neutral
Total 45 % 30 % 25 %
ggü. letzter Erhebung +6 % -7 % +1 %

 

Institutionelle Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (6. November): 9.040 Punkte (+-0 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 58,3 Punkte

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Mit Unterstützung von
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  Bullish Bearish Neutral
Total 52 % 33 % 15 %
ggü. letzter Erhebung +2 % +0 % -2 %

 

Private Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (6. November): 9.040 Punkte (+-0 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 60,0 Punkte

Weiterführende Links

DAX-Skepsis in Light-Version

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Hirschmüller

Mit der Neun an erster Stelle seiner Notierung hat sich der DAX-Index in den in den vergangenen beiden Wochen fast ständig schmücken können. Es lässt sich sicher nicht abstreiten, dass sich bereits ein gewisser Gewöhnungseffekt eingestellt hat. Händler und Investoren haben die neue „Big Figure“ jedenfalls recht schnell akzeptiert. Dies geschah wohl vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Akteure dieses Jahr ohnehin zu oft versuchten, sich – aus den verschiedensten Gründen – gegen höhere Niveaus zu stemmen. Nun will aber offensichtlich niemand riskieren, nur wegen eines Wechsels der ersten Tausenderstelle den DAX zu meiden und dadurch erneut ins Hintertreffen zu geraten.

Gemessen am Erhebungskurs der Vorwoche hat sich der DAX nicht bewegt. Aber auch sonst gab es seit vergangenem Mittwoch keine kurstechnischen Highlights. Deshalb wundert es uns auch nicht, dass sich die meisten Prognosen der von der Börse Frankfurt befragten Akteure nicht oder nur geringfügig geändert haben.

Gewinnmitnahmen noch kein Thema

Der Mittelwert der Optimisten liegt unverändert bei 9.200 Zählern. Zwar wirkt der höchste Prognosewert mit 9.410 (-65) Punkten nicht mehr ganz so bullish wie in der Vorwoche. Die tiefste Schätzung hat sich in dieser Gruppe hingegen leicht, um 10 Punkte, auf 9.110 Zähler erhöht. Damit hat sich die asymmetrische Ausbildung dieser Spanne zur Oberseite ein wenig reduziert. Die Verzerrung ist allerdings immer noch deutlich zu erkennen. Diese ungleiche Verteilung wird wohl bestehen bleiben, solange die Akteure nicht in der Lage sind, Gewinne glattzustellen. Ein Szenario, das wohl frühestens nach Überschreiten der 9.200er-Marke greifen wird.

Etwas mehr Bewegung hat es indes im Camp der Pessimisten gegeben. Der Median ist wieder ein wenig gestiegen. Er liegt jetzt bei 8.725 (+25). Interessanter ist aber der Anpassungsbedarf, den die extremen Skeptiker an den Tag legen. Die tiefste Prognose der Bären stieg nämlich um 95 Punkte auf 8.545 DAX-Zähler. Das ist der höchste Wert, zu dem Pessimisten in unserer Erhebung bislang Kaufinteresse zeigten. Dieser Rekord hat uns veranlasst, die Zahlenreihen der Bären etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Bemerkenswert war hierbei folgende Beobachtung: Seit seinem letzten Zwischentief am 9. Oktober (8.489 Punkte) hat der DAX im Vergleich zur heutigen Erhebung 6,5 Prozent zugelegt. Die Steigerungsrate der tiefsten bearischen Prognosen hat im selben Zeitraum knapp 13 Prozent betragen. Mit anderen Worten: Von den vor kurzem noch extremen DAX-Pessimisten ist nicht mehr als eine Light-Version übrig geblieben.

Im neutralen Lager hat sich die erwartete Handelsspanne unterdessen wieder deutlich um 175 Punkte erweitert.

   Median höchster Wert* tiefster Wert* Streuung
Bullen 9.200 / +135 9.410 9.110 150 / -40
Bären 8.725 / +25 8.870 8.545 160 / -40
Neutrale 9.000 / +100 9.165 8.915 125 / +85

* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.

DAX-Gewinner und -Verlierer: K+S spricht alle Investoren an

Einzelwertanalyse

Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.

Wenn Aktien von Rating-Agenturen auf Ramschniveau gesetzt werden, halten konservative Investoren häufig Distanz zu diesen Titeln. Unter unseren Panel-Teilnehmern scheint es recht viele solcher Anleger zu geben. Denn zum einen bilden K+S mit 14 Prozent den einsamen Spitzenreiter unserer DAX-Flop-Liste. Zum anderen wurde der DAX-Wert gerade erst von der Rating-Agentur Moody’s auf Ba1, also Ramsch, abgestuft. Die Abneigung des Marktes gegenüber dem DAX-Mitglied macht sich seit gestern auch preislich wieder bemerkbar. Die Negativ-Liste führen K+S zwar alleine und mit erkennbaren Abstand an. Der zweite Wert, den vorsichtige DAX-Investoren auf ihrem Radar verfolgen und Bären bereits in ihre Verkaufslisten aufgenommen haben, ist die Deutsche Bank. Dies dürfte zweifellos mit der schlechten Presse zusammenhängen, unter der das Institut derzeit leidet. Und natürlich auch an den vielen Klagen und den immensen Regressforderungen, die unerbittlich auf die Bank niederprasseln. Bei ThyssenKrupp (8 Prozent) und der Commerzbank (5 Prozent) haben sich die Short-Spekulationen hingegen wieder beruhigt.

Im Gegensatz zur Deutschen Bank, für die sich nur 2 Prozent der Teilnehmer begeistern konnten, sehen 9 Prozent in den gescholtenen K+S eine Chance. Dies sichert dem Papier Platz eins in der Top-Liste. Dahinter folgen Deutsche Telekom mit 7 und Commerzbank mit 5 Prozent der Stimmen.

von Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 6. November 2013

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