Zusammenfassung
Kaum reagiert haben private Anleger. 1 Prozent ist auf der Short-Seite dazu gekommen, alle anderen Positionen sind unverändert. Der Sentiment-Index für diese Investorengruppe ist mit -3 Prozent weiterhin bearish.
Joachim Goldberg sieht die Entwicklung kritisch. Die Nachrichtenlage und der Rückzug ausländischer Investoren zögen die Preise nach unten. Zwar wäre gut nachvollziehbar, dass die „von vielen ersehnte DAX-Korrektur unter Auslassung aller fundamentalen Erwägungen förmlich zum Einstieg eingeladen hätte“. Die Käufer könnten sich bei Kursverlusten als Belastung erweisen.
- Profis: +15 Punkte (Vorwoche: +3)
- Private: -3 (Vorwoche: -2)
- DAX: -470 Punkte
Goldberg
6. Mai 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der deutsche Aktienmarkt schien während der vergangenen Handelstage unter keinem guten Stern zu stehen. Nicht nur, dass der DAX zum dritten Male hintereinander in der Stichtagsbetrachtung einen Wochenverlust, dieses Mal um 4 Prozent, hinnehmen musste.
Auch die Nachrichtenlage war seit der vergangenen Stimmungserhebung alles andere als rosig. So dürften die in der Vorwoche wesentlich schlechter als erwartet ausgefallenen Wachstumszahlen aus den USA ebenso auf die Stimmung vieler Marktteilnehmer gedrückt haben wie das gestern veröffentlichte Handelsbilanzdefizit, das so groß wie zuletzt im Oktober 2008 ausgefallen war.
Umso bemerkenswerter ist das Ergebnis der heutigen Stimmungsumfrage unter mittelfristig orientierten institutionellen Investoren: Diese scheinen, nach langem Zögern, bei deutschen Aktien zugegriffen zu haben. Denn der Börse Frankfurt Sentiment Index hat sich kräftig erhöht und markiert mit +15 nach +3 Punkten in der Vorwoche sogar den bislang höchsten positiven Stand in diesem Jahr. Dabei hat das Bullenlager von Gewinnmitnahmen vormals skeptisch eingestellter Investoren sowie Neuengagements neutral gestimmter Marktteilnehmer gleichermaßen profitiert.
Dieser Aktionismus erscheint auf den ersten Blick angesichts der Nachrichtenlage und dem noch am Freitag bevorstehenden Ereignisrisiko des US-Arbeitsmarktberichts gewagt. Wenn man jedoch bedenkt, dass der DAX auf Erhebungsbasis seit dem 8. April fast 8 Prozent an Wert verloren hat, könnte man jedoch von einer angemessenen Risikoprämie sprechen, die die jüngsten Käufer mit ihrem Einstieg teilweise sogar vollständig verdient haben. So gesehen dürfte die Investitionsentscheidung manchem institutionellen Anleger, gestützt durch ein ordentliches Gewinnpolster im Rücken, sogar leicht gefallen sein. Zumindest ist die von vielen ersehnte DAX-Korrektur endlich gekommen und hat – unter Auslassung aller fundamentalen Erwägungen – zum Einstieg förmlich eingeladen.
Langfristiges Kapital auf dem Rückzug
Ganz anders gestaltet sich das Bild bei den Privatanlegern, die keineswegs denselben Mut wie ihre institutionellen Pendants aufbringen konnten. Hier ist die Stimmung mit -3 Punkten nach -2 Punkten in der Vorwoche sogar etwas schlechter als zuvor ausgefallen, allerdings halten sich die Verschiebungen bei der jüngsten Befragung in ganz engen Grenzen. Angesichts der mancherorts verbreiteten Crash-Ängste und der immer noch nicht beigelegten Griechenland-Krise mag diese Zurückhaltung sogar verständlich sein.
Per Saldo haben sich also unsere Erwartungen erfüllt, dass die institutionellen Investoren im Falle einer weiteren DAX-Schwäche angesichts der relativ günstig aussehenden Kursniveaus als Käufer tätig würden. Allerdings ist auffällig, dass der DAX – sofern die Investoren nicht das Korrekturtief erwischt haben – seither noch nicht massiv angezogen hat. Das mag unter anderem an den langfristig orientierten US-Investoren liegen, die zumindest während der vergangenen Wochen immer weniger Interesse für europäische Titel (vergleiche etwa die jüngste Flow-Analyse von BofA Merrill Lynch) an den Tag legten.
Gerade das ausländische Kapital könnte sich während der kommenden Monate noch als Belastungsfaktor für den DAX erweisen, denn die aufgrund schwacher Wirtschaftsdaten immer weiter in die Zukunft gedrängte Zinswende der US-Notenbank macht den dortigen Markt wieder attraktiver. Andererseits könnten die Diskussionen um eine etwaige vorzeitige Beendigung des quantitativen Lockerungsprogramms der Europäischen Zentralbank, von dem europäische Aktien in hohem Maße profitieren, ausländische Investoren vor größeren Engagements abschrecken. Außerdem dürften Gewinnmitnahmen institutioneller Investoren einer nachhaltigen Erholung des DAX im Wege stehen. Mit anderen Worten: Die jüngsten Positionsveränderungen helfen dem DAX zunächst nur temporär auf die Beine, könnten sich aber im Falle einer neuerlichen Aktienschwäche sogar als Belastung erweisen. Denn mit den jüngsten Käufen ist auch ein Teil der potentiell stützenden Nachfrage an der Unterseite verbraucht.
- 11.15 Uhr auf n-tv
- 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 6. Mai 2015
[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.
Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Investoren
Institutionelle Anleger
Bullish | Bearish | Neutral | |
---|---|---|---|
Total | 44% | 29% | 27% |
ggü. letzter Erhebung | +8% | -4 % | -4% |
- DAX (6. Mai): 11.330 (-3,98%)
- Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionelle Anleger: +15 Punkte (+3 Punkte in der Vorwoche)
Private Anleger
Bullish | Bearish | Neutral | |
---|---|---|---|
Total | 38% | 41% | 21% |
ggü. letzter Erhebung | +0% | +1% | -1% |
- DAX (6. Mai): 11.330 (-3,98%)
- Börse Frankfurt Sentiment-Index private Anleger: -3 Punkte (-2 Punkte in der Vorwoche)