Zusammenfassung der Analyse
Marktstimmung der Profis zurück ins Mittelgebirge: Trotz positivem Marktkonsens haben sich 15 Prozent der von uns befragten Profis seit Jahresbeginn von ihren DAX-Aktien getrennt, 6 Prozent sind short gegangen. Der Bull/Bear-Index institutioneller Anleger ist auf 58,9 Punkte gerutscht. Rhön statt Alpen heißt also das Reiseziel, nach den euphorischen 70,6 Punkten zum Jahresschluss.
Nach Ansicht von Cognitrend war den Profis die Bilanzaufbesserung zum Jahresschluss wichtiger als Gewinnmitnahmen, letztere holten sie dann in den vergangenen Tagen nach. Allerdings vermuten die verhaltensorientierten Analysten, dass nicht die Dauerskepsis des vergangenen Jahres zurückkehre, sondern schlicht das derzeitige Preisniveau schlicht zu hoch erscheint, um sofort wieder einzusteigen.
Ganz anders agieren die Privatanleger, die den Gipfelsturm gar nicht mitgemacht hatten. Hier sind noch mal 2 Prozent zusätzlich in Aktien eingestiegen, die Stimmung ist auf 66,8 Punkte dezent angestiegen.
Im Hinblick auf den konkreten Stand haben die verbleibenden Bullen ihre Erwartungen um 300 Punkte angehoben, aber auch die Bären sind bullisher, was für den Wunsch spricht, einen kurzfristigen Trend nach unten mitzunehmen. Um dann wieder einzusteigen.
Bull/Bear-Index: 58,9 Punkte
Vorwoche: 70,6 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.
Goldberg
8. Januar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Drei Wochen sind eine lange Zeitspanne für eine sonst wöchentliche Stimmungserhebung. Aber genauso lange ist es her, seit die Börse Frankfurt zuletzt die mittelfristig orientierten Investoren unseres Panels nach ihrer Einschätzung zum DAX befragte. Wir erinnern uns: In der letzten Umfrage des vergangenen Jahres hatte der Bull/Bear-Index mit 70,6 Punkten den höchsten Stand in 2013 erreicht. Dies ist umso beachtenswerter, da unsere Investoren über weite Strecken der zweiten Jahreshälfte – während dieser Zeit hatte der DAX praktisch seine komplette Performance der vergangenen zwölf Monate erarbeitet – gegenüber deutschen Standardwerten eher skeptisch eingestellt gewesen war. Aber ausgerechnet in der letzten kompletten Handelswoche im Dezember engagierte man sich mehrheitlich noch einmal mit ganzem Herzen auf der Käuferseite. Zugegebenermaßen dürften diese Positionierungen jedoch eher auf Window-Dressing-Aktionen, wie sie typischerweise zum Jahresschluss erfolgen, zurückzuführen sein. Dennoch haben diese Transaktionen die Händler mental vielfach vor eine unerwartet hohe Herausforderung gestellt. Nicht wegen etwaiger Verluste, die zu realisieren gewesen wären, sondern wegen anhaltender Gewinne.
Bilanz wichtiger als Gewinnmitnahmen
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In den verbleibenden Handelssitzungen zwischen unserer vergangenen Erhebung und dem Jahresende gewann der DAX nämlich fast 5 Prozent an Wert und markierte am letzten Handelstag sogar ein neues Allzeithoch. Obgleich die Versuchung groß gewesen sein muss, noch vor dem Jahresultimo diese Gewinne zu realisieren, bedeutete dieses Rekordhoch für die institutionellen Marktteilnehmer eine noch stärkere Notwendigkeit, an diesem Tag für die Bilanz ein möglichst hohes DAX-Engagement auszuweisen. Mit anderen Worten: Diese Investoren mussten zähneknirschend warten, bis die Uhren in der Silvesternacht zwölfmal geschlagen hatten. Und am ersten Handelstag des neuen Jahres wurden die überfälligen Gewinnmitnahmen schnellstens nachgeholt, so dass der DAX zwei Prozent seines Wertes zwischen Eröffnung und Schlusskurs verlor.
Unterdessen weicht das Verhalten der Privatanleger, wie bereits häufig in den vergangenen Monaten zu beobachten war, auch bei der heutigen Befragung von dem ihrer professionellen Pendants deutlich ab. Im Vergleich zur vergangenen Erhebung ist der Optimismus wieder gestiegen, so dass der Bull/Bear-Index der Privaten derzeit bei 66,8 Punkten notiert.
Dagegen dürften viele institutionelle Investoren aufgrund ihrer Gewinnmitnahmen zu Jahresbeginn leicht voreingenommen auf den DAX blicken. Ihr Optimismus ist nicht nur auf das Niveau vor der Last-Minute-Kaufwelle in 2013, sondern auf den niedrigsten Stand seit Anfang Dezember zurückgefallen. Wir glauben jedoch nicht, dass diese Akteure wieder ihre hartnäckig skeptische Position früherer Monate vertreten. Vielmehr vermuten wir, dass der DAX für sie auf dem derzeitigen Niveau trotz der jüngsten Korrektur immer noch zu teuer erscheint, um sofort wieder einzusteigen. Höchstwahrscheinlich halten sie nach einem Einstieg zwischen 9.100 und 9.200 DAX-Zählern Ausschau – dem Stand, zu dem sie das letzte Mal erfolgreich eingekauft hatten.
von Joachim Goldberg, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 8. Januar 2014
Sentiment-Zahlen
- Stand DAX (8. Januar): 9.500 Punkte (+ 3,79 % gegenüber der letzten Erhebung)
- Stand Bull/Bear-Index Institutionelle Anleger: 58,9 Punkte
Instituitionelle Anleger
Bullish | Bearish | Neutral | |
---|---|---|---|
Total | 47 % | 31 % | 22 % |
ggü. letzter Erhebung | -15 % | +6 % | +9 % |
- Stand Bull/Bear-Index Private Anleger: 66,8 Punkte
Private Anleger – Mit freundlicher Unterstützung von Comdirect
Bullish | Bearish | Neutral | |
---|---|---|---|
Total | 59 % | 27 % | 14 % |
ggü. letzter Erhebung | +2 % | -4 % | +2 % |
Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Anleger, Kurve: DAX
Weiterführende Links
Kursrekord + Jahreswechsel = Gewinnmitnahmen
Hirschmüller
Gegenüber der vorherigen Sentiment-Befragung sieht es zwar so aus, als hätten Optimisten plötzlich ihr Vertrauen in den Aktienmarkt verloren. Tatsächlich handelt es sich bei der gesunkenen Zuversicht der Marktteilnehmer aber nicht um einen fundamentalen Richtungswechsel, sondern lediglich um Gewinnmitnahmen, die aufgrund der Depotbewertung zum Jahresende ins neue Jahr verschoben wurden (siehe Hauptanalyse). Interessanterweise lag der DAX kurz nach Handelseröffnung am 2. Januar bei rund 9.600 Punkten und damit knapp oberhalb von 9.570 Zählern. Ein Niveau, das Bullen bei der letzten Befragung des vergangenen Jahres zu ihrer potenziellen Zielmarke erkoren.
Die deutlichste Verschiebung gab es dabei naturgemäß im Bullenlager, denn in der letzten Erhebung 2013 befand sich der Optimismus bekanntlich auf Jahreshöchststand. Jedoch bleibt in der Preisprognose dieser Gruppierung sichtbar, dass die Mehrheit weiter an steigende DAX-Kurse glaubt. Ihr Kursziel haben die Bullen im Mittel um 300 auf 9.700 DAX-Punkte angehoben. Die höchste, auf eine Standardabweichung geglättete Prognose, liegt nun sogar knapp unter der 10.000er Marke, bei 9.855 Zählern.
Auf Wiedereinstieg konzentriert
Die Pessimisten haben ihre Erwartungen für den DAX ebenfalls kräftig nach oben revidiert. Letztere Gruppe hat diese Woche deutlichen Zulauf erfahren. Offensichtlich sind vormals bullishe Akteure aber nur ins bearishe Lager gewechselt, um an einer schnellen DAX-Korrektur zu partizipieren. Diesen Eindruck vermitteln jedenfalls die recht hohen Kursprognosen der Skeptiker. Wir vermuten daher, dass Eindeckungskäufe gestaffelt zwischen der höchsten Schätzung (9.320 Punkte) bis hinunter zum Mittelwert bei 9.200 DAX-Punkten einsetzen werden. An Nachfrage wird es in dieser Zone also wohl nicht mangeln.
Nachfrage wird es wohl auch von einer weiteren Gruppe, den neutral Gestimmten, geben. Dorthin hat sich nämlich der größte Teil derer verschanzt, die sich diese Woche aus dem Bullenlager verabschiedet haben. Die neutralen Akteure haben ihr Prognoseband nicht nur geringfügig um 35 Punkte verringert. Sie haben, von allen Befragten, auch am deutlichsten ihre Kursziele nach oben angepasst – um bis zu 385 Zähler! Potenzielle Käufer dürften seitens dieser Gruppe also bereits knapp unterhalb des aktuellen DAX-Kursniveaus zu finden sein.
Median | höchster Wert* | tiefster Wert* | Streuung | |
---|---|---|---|---|
Bullen | 9.700 / +300 | 9.855 | 9.605 | 125 / -30 |
Bären | 9.200 / +300 | 9.320 | 9.095 | 115 / -20 |
Neutrale | 9.500 / +350 | 9.590 | 9.425 | 80 / -20 |
* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.
DAX-Gewinner und -Verlierer: Commerzbank bleibt Deutschlands „meiste“ Aktie
Einzelwertanalyse
Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.
An der ersten Einschätzung, die institutionelle Marktteilnehmer zu den 30 DAX-Aktien in 2014 abgeben, wird eines sofort ersichtlich: Im neuen Börsenjahr geht es genauso weiter wie im alten. Denn die Commerzbank polarisiert wie eh und je. Sie bleibt damit die am meist geliebte und gehasste Aktie. Kein anderer Titel (nicht einmal die volatilen K+S) hat die Investoren im vergangenen Jahr so in den Bann gezogen, wie der Finanzwert.
Die Commerzbank hat nicht nur ihren Spitzenplatz über den Jahreswechsel verteidigt. Sie konnte sogar ihren Stimmenanteil bei den Tops gegenüber der Erhebung Mitte Dezember geringfügig, um einen Prozentpunkt auf nunmehr 11 Prozent, ausbauen. Knapp dahinter, mit 10 Prozent der Stimmen, liegt ihr aber schon der zweite Finanztitel, die Deutsche Bank, im Nacken. K+S, ebenfalls ein Kauffavorit der vergangenen Monate, liegt mit 8 Prozent diesmal auf Platz drei. Das Kasseler Unternehmen hatte die institutionellen Anleger im vergangenen Jahr zwar ebenfalls häufig polarisiert, dieses Mal reichte es aber lediglich für eine nennenswerte Platzierung bei den Tops.
Bei ThyssenKrupp ist dies genau umgekehrt. Die Aktie notiert im Top-Ranking nur unter „ferner liefen“. Hingegen steht sie bei den DAX-Flops mit 9 Prozent an zweiter Stelle, drei Prozentpunkte hinter der Commerzbank, die auch dieses Feld mit 12 Prozent der Stimmen anführt. Dies sind, was die Befragten unseres Panels angeht, dann auch schon die beiden einzig herausragenden Verkaufskandidaten. Erwähnenswert ist mit 5 Prozent bestenfalls noch die Deutsche Bank, da sie bei den DAX-Favoriten gut abgeschnitten hat und damit ebenfalls über zukünftiges Polarisierungspotenzial verfügt.
von Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 8. Januar 2014