Marktstimmung: Einstieg ohne Angst

Zusammenfassung

Sky’s the limit: Der DAX hat von den Gewinnen der Vorwoche wieder 350 Punkte abgegeben, was die von uns befragten Anleger in den Markt zu treiben scheint.

Von den institutionellen Anlegern haben seit Mittwoch unterm Strich 15% Aktien gekauft und 6% sind aus den Short-Engagement raus gegangen. Dadurch rechnet jetzt die Hälfte der Anleger mit steigenden Preisen, der Sentiment-Index liegt bei +22 Punkten. Joachim Goldberg weist darauf hin, dass die Ex-Bären sicher Gewinne mitgenommen haben und sich das Gros „nach einer schöpferischen Pause von der Seite aufs Parkett“ wagt. Die Privatinvestoren sind etwas zurückhaltender, kommen aber von einem höheren Niveau: Plus 9 Prozent Bullen und minus 4 Prozent Bären heben die Stimmung auf +25 Punkte.

Für den verhaltensorientierten Analyst ist klar, dass den Anlegern das Chartbild der vergangenen acht Wochen wichtiger ist, als die Angst vor der Fed und dem chinesischen Kursdebakel: 11.000er Marke als solide Basis auf der Unterseite und plus 4 bis 5 Prozent vom aktuellen Niveau an der Oberseite. Seiner Ansicht nach belasten zwar die Käufe den Markt, allerdings erst ab 10.645 Punkten.

  • Profis: +22 Punkte (Vorwoche: +1)
  • Private: +25 Punkte (Vorwoche: +12)
  • DAX: -350 Punkte

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Goldberg

29. Juli 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Noch gestern stellten sich manche Kommentatoren die Frage, was die Anleger eigentlich mehr beunruhigen würde. Die Angst vor den Folgen des erneuten Kurseinbruchs am chinesischen Aktienmarkt, wo sich, insbesondere gemessen am Shanghai Composite, vorgestern mit 8,5 Prozent der höchste Tagesverlust seit acht Jahren ereignete? Oder die Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank, die am heutigen Tage zu Ende gehen wird?

Die Antwort hierauf fiel zumindest bei den von uns allwöchentlich befragten institutionellen Investoren mit mittelfristig orientiertem Handelshorizont eindeutig aus: Keines der beiden während der vergangenen Handelstagen so heiß diskutierten Ereignisse scheint sie zu belasten. Denn der Optimismus, der noch vor einer Woche praktisch vollständig verschwunden war, ist bei ihnen zurückgekehrt: Mit der heutigen Erhebung ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index auf den höchsten Stand seit Anfang Juli hochgeschossen und weist nun einen Wert von +22 nach +1 Punkt in der Vorwoche aus.

Abgesehen von Gewinnmitnahmen von Akteuren, die zuletzt noch auf fallende Kurse gesetzt hatten, speist sich das Gros der neuen Optimisten zu 60 Prozent aus vormals neutral eingestellten Akteuren. Anscheinend haben diese sich nach einer „schöpferischen Pause“ erneut aufs Parkett gewagt.

Ausschlaggebend für diese neuerlichen Aktienkäufe dürfte für die institutionellen Akteure vor allem das relativ günstige Kursniveau des DAX nahe der 11.000er Marke gewesen sein. Von dem heute zu Ende gehenden Treffen des Offenmarktausschusses der US-Notenbank hatte man sich ohnehin mehrheitlich keine negative Überraschung für den Aktienmarkt ausgerechnet. Und gemessen an dem Hochpunkt von rund 11.800 Zählern vor gerade einmal zehn Tagen und dem Juli-Tief im Zuge der Griechenland-Krise bei 10.645 Punkten könnte man jetzt fast schon von einem Schnäppchen sprechen.

Bullish, aber mit begrenztem Horizont

Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei den Privatanlegern zu beobachten, bei denen wir ebenfalls einen Anstieg des Optimismus vermelden können. Gemessen am Börse Frankfurt Sentiment-Index, der nun einen Wert von +25 aufweist, ist das Bullenlager sogar auf das bisherige Jahreshoch vom 1. Juli gestiegen. Im Vergleich zu den institutionellen Pendants ist jedoch die Ausgangsbasis bei den Privatanlegern eine andere, da deren Optimismus bei der vergangenen Stimmungserhebung mit +12 Punkten längst nicht so massiv geschrumpft gewesen war.

Per Saldo zeigt sich also eine starke Orientierung der Investoren am Chartbild der vergangenen acht Wochen, bei dem zwar die 11.000er Marke nicht die Untergrenze des Handelsgeschehens, dennoch aber so etwas wie eine solide Basis darstellt, von der man sich gute Kursgewinne verspricht. Anders ausgedrückt: Ein günstiger Einstieg galt den Händlern mehr als etwaige Ängste vor Chinas Börsen oder der Fed. Setzt man tatsächlich dieses Handelsmotiv voraus, wären, ausgehend vom heutigen Niveau des DAX, in Orientierung am bisherigen Entwicklungsbild 4 bis 5 Prozent weiter oben Gewinnmitnahmen zu erwarten. Dies dürfte insbesondere dann zutreffen, wenn sich diese Erholung schnell vollziehen sollte.

Obgleich sich die jüngsten Positionierungen nach gängiger Lesart unserer Stimmungsanalysen als belastend für den DAX erweisen sollten, ist auf der anderen Seite im Falle abermaliger Kursrückgänge nicht mit einer sofortigen Verkaufswelle, etwa losgetreten durch die neuen bullishen Händler, zu rechnen. Denn das Polster für etwaige Kursverluste reicht, ebenfalls gemessen an den Handelserfahrungen der vergangenen Wochen, mindestens bis zum Juli-Tief (10.645), bevor man eine Notbremse in Form von Stopp-Loss-Verkäufen überhaupt ins Kalkül ziehen müsste.

 

  • 11.15 Uhr auf n-tv
  • 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF

von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

© 29. Juli 2015

[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.

Börse Frankfurt Sentiment-Index
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Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Investoren

Institutionelle Anleger

 

   Bullish Bearish  Neutral
Total  50%  28%  22%
ggü. letzter Erhebung  +15%  -6%  -9%

 

    • DAX (Veränderung im Vergleich zu 22. Juli): 11.220 (-3 %)
    • Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionelle Anleger: +22 Punkte  (+1 Punkte in der Vorwoche)
DAX-Entwicklung im betrachteten Zeitraum
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Private Anleger

 

   Bullish Bearish  Neutral
Total 53%  28%  19%
ggü. letzter Erhebung  +9%  -4%  -5%

 

  • DAX (Veränderung im Vergleich zu 22. Juli):  11.220 (-3 %)
  • Börse Frankfurt Sentiment-Index private Anleger: +25 Punkte (+12 Punkte in der Vorwoche)