Marktstimmung: "Fed-Euphorie verfliegt langsam"

Zusammenfassung

Obwohl sich die Aktienpreise im Betrachtungszeitraum kaum verändert haben, sind etliche Anleger wieder auf die andere Seite gesprungen, weg von den Optimisten. 7 Prozent der professionellen und 6 Prozent der privaten Anleger haben DAX-Aktien verkauft, 9 Prozent, bzw. 5 Prozent sind short gegangen.

Das drückt die Marktstimmung der Profis von einem Rekordniveau mit +47 Punkten auf immer noch hohe +31 Punkte. Privatanleger sind mit +37 Punkten nach +48 Punkten noch bullisher. Bei der Nulllinie verläuft die Grenze zwischen Optimismus und Pessimismus.

Joachim Goldberg sieht sich bestätigt, dass die Anleger bei 10.100 DAX-Punkten ihre Einstandspreise wieder gesehen haben und die Chance genutzt haben, ohne Verluste zügig aus dem Markt raus zu kommen. Allerdings sei das bullishe Sentiment immer noch relativ hoch, somit hätten sich die Aussichten für deutsche Aktien nicht wesentlich verbessert. Das Sentiment funktioniere hier als Kontraindikation. „Die vorhandenen Engagements stellen immer noch eine deutliche Hürde für nachhaltigere DAX-Avancen dar.“ Auf der Unterseite würden größere Rückschläge den DAX wieder in erhebliche Bedrängnis bringen und auch das ausländische Kapital zeichne sich nicht als Rettung ab.

 

  • Profis: +31 Punkte (Vorwoche: +47)
  • Private: +37 Punkte (Vorwoche: +48)
  • DAX:  unverändert

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Goldberg

14. Oktober 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Auch wenn sich die Zeichen verdichten, dass die US-Notenbank in diesem Jahr die Leitzinsen nicht mehr erhöhen wird, scheint einigen Investoren – vordergründig betrachtet – etwas die Luft auszugehen. Denn von der ausgesprochen euphorischen Stimmung vom vergangenen Mittwoch konnte nur ein Teil in diese Woche hinübergerettet werden: So hat sich der Optimismus der mittelfristig orientierten Investoren deutlich zurückgebildet und liegt, gemessen am Börse Frankfurt Sentiment-Index, nur noch bei einem Wert von +31, das entspricht einer Verringerung um 16 Punkte.

Vermutlich waren es aber nicht die teilweise widersprüchlichen Statements, die von Mitgliedern des Offenmarktausschusses der Fed hinsichtlich des Zeitpunktes der von den Akteuren seit langem erwarteten ersten Zinserhöhung abgegeben wurden, die 7 Prozent der befragten Investoren dazu bewogen, ihre bullishe Haltung aufzugeben und sich fast allesamt auf die Seite der Pessimisten zu schlagen. Im Gegenteil: Eigentlich hätten sogar die recht deutlichen Statements der Fed-Gouverneure Lael Brainard und Daniel Tarullo – beide sprachen sich während der vergangenen beiden Tage explizit gegen einen Zinsschritt noch in diesem Jahr aus – den Zeitpunkt für den Ausstieg der Optimisten sogar noch hinauszögern können. Aber offensichtlich wurden die Aktienabgaben der vergangenen Tage vor allen Dingen deswegen vorgenommen, weil verschiedene Akteure oberhalb von dem von uns antizipierten Niveau von 10.100 DAX-Zählern den Einstandspreis früherer Engagements wiedersahen und diese daher mit halbwegs heiler Haut nach einer vermutlich ausgedehnten Verlustphase wieder glattstellen konnten.

Leicht verbessertes DAX-Umfeld

Den zunehmenden Angebotsdruck – der DAX konnte nach der vergangenen Sentiment-Erhebung trotz mehrerer Anläufe an der Oberseite per Saldo nicht zulegen – haben auch die privaten Investoren zu spüren bekommen. Deshalb haben auch von dieser Gruppe diverse ehemalige Optimisten ihre Sichtweise aufgegeben und zu großen Teilen die Gegenposition eingenommen. Deshalb fiel der Börse Frankfurt Sentiment-Index auf +37 Punkte zurück; in der Vorwoche hatte er noch bei +48 Punkte gelegen!

Per Saldo hat sich vor allem der Optimismus der institutionellen Investoren deutlich zurückgebildet und ist sogar unter den Stand von vor 14 Tagen zurückgefallen. Allerdings ist das von uns festgestellte bullishe Sentiment immer noch relativ hoch – bei den Privatanlegern nach dem Aufzeichnungsmaximum der Vorwoche sogar immer noch auf dem höchsten Stand des Jahres. Damit haben sich die Aussichten für den DAX nicht wesentlich verbessert. Zwar könnte die Oberseite ein wenig durchlässiger geworden sein, aber die vorhandenen Engagements stellen immer noch eine deutliche Hürde für nachhaltigere DAX-Avancen dar. Das Angebot der verbliebenen Optimisten dürfte lediglich durch frisches ausländisches Kapital zu absorbieren sein. Auch wenn die jüngste BofA Merrill Lynch Umfrage unter globalen Fondsmanagern vermuten lässt, dass der DAX Anfang Oktober (die Übergewichtung europäischer Aktien stieg von netto 45 auf 54 Prozent) von derartigen Zuflüssen profitiert haben dürfte, ist jedoch keinesfalls sichergestellt, dass diese Kapitalströme weiterhin in dieser Stärke fließen werden. Immerhin hat sich durch die “Gewinnmitnahmen“ der vergangenen Tage die Nachfrageseite für den DAX etwas verbessert, was sich etwa drei Prozent unter dem heutigen Stichtagskurs von 9.960 Zählern bemerkbar machen sollte. Größere Rückschläge würden jedoch nicht nur die verbliebenen Optimisten, sondern auch den DAX wieder in erhebliche Bedrängnis bringen.

  • 11.15 Uhr auf n-tv
  • 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF

von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

© 14. Oktober 2015.

[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.

Börse Frankfurt Sentiment-Index
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Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Investoren

Institutionelle Anleger

 

   Bullish Bearish  Neutral
Total  58%  27%  15%
ggü. letzter Erhebung   -7%   +9%  -2%

 

    • DAX (Veränderung im Vergleich zu 7. Oktober): 9.960 (unverändert ggü. letzten Sentiment)
    • Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionelle Anleger: + 31 Punkte  (letzte Erhebung: +47 Punkte)
DAX-Entwicklung im betrachteten Zeitraum
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Private Anleger

 

   Bullish Bearish  Neutral
Total  59%  22%  19%
ggü. letzter Erhebung  -6%  +5%  +1%

 

  • DAX (Veränderung im Vergleich zu 7. Oktober): 9.620 (unverändert ggü. letztem Sentiment)
  • Börse Frankfurt Sentiment-Index private Anleger: +37 Punkte (letzte Erhebung: +48 Punkte)