Marktstimmung: Langfristiges Kapital scheint DAX zu stabilisieren

Zusammenfassung

Seit vergangenem Mittwoch haben sich deutsche Aktien im Zuge der europäischen Einigung deutlich und stetig um 790 Punkte erholt. Dennoch sind eine ganze Reihe an Investoren aus ihren Long-Engagements raus gegangen, nämlich 5 Prozent der Profis und 6 Prozent der Privaten. Während jedoch 3 Prozent der Profis short gegangen sind, haben 7 Prozent der Privaten ihre Short-Engagements geschlossen.

Der Börse Frankfurt Sentiment Index steht mit +11 (Profis) bzw. +21 Punkten (Private) immer noch deutlich im optimistischen Bereich über 0 Punkten, die einen bullishen von einem bearishen Markt trennen.

Joachim Goldberg sieht weniger den Griechenland-Kompromiss als Auslöser für die zum Markt konträre Bewegung, sondern eher die Chance, sich von Positionen im Minus zu trennen, die er Schieflagen nennt. In den Wochen zuvor hat der Analyst bei etlichen Bullen Buchverluste erwartet. Er vermutet, dass ausländisches Kapital den Markt gegen diese Stimmungswechsler stabilisieren konnte. Aus dieser Erhebung ließe sich leider kein Trend ableiten, allerdings wäre vermutlich noch ausreichend internationales Anlegerinteresse vorhanden.

  • Profis: +11 Punkte (Vorwoche: +19)
  • Private: +21 Punkte (Vorwoche: +20)
  • DAX: +790 Punkte

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Goldberg

15. Juli 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Wer am vergangenen Mittwoch den Mut hatte, sich im DAX auf der Käuferseite zu engagieren, kann sich nunmehr über einen Gewinn von mehr als 7 Prozent freuen. Für die Mehrheit der Marktteilnehmer gab es allerdings trotz dieses massiven Kursaufschwungs, der zu großen Teilen dem so genannten Griechenland-Deal, aber auch einer kräftigen Erholung am chinesischen Aktienmarkt zu verdanken gewesen sein dürfte, anscheinend keinen Grund zum Feiern.

Dies gilt insbesondere für die von uns allwöchentlich befragten institutionellen Investoren. Zwar zeigten sie sich überwiegend optimistisch eingestellt, doch ist davon auszugehen, dass ihre zugrunde liegenden Long-Positionen zuvor deutlich unter Wasser gestanden haben müssen. Und so hat die DAX-Rallye dafür gesorgt, dass zumindest einige mittelfristig orientierte Anleger am Ende mit heiler Haut aus ihren schiefliegenden Engagements herausgekommen sind. Dies spiegelt sich auch in unserem Börse Frankfurt Sentiment-Index wider, der erneut einen Rückgang des Optimismus‘ auf einen Wert von aktuell nur noch +11 Punkten verzeichnet nach +19 Punkten in der Vorwoche. Insgesamt ist eine Gruppe dem Bullenlager abtrünnig geworden, die der Zahl nach etwa 5 Prozent aller Befragten entspricht. Doch haben sich davon nur etwas mehr als die Hälfte auf die Bärenseite geschlagen.

Betrachtet man die DAX-Entwicklung aus einem anderen Blickwinkel, so könnte man auch zu dem Schluss kommen, dass sich das Börsenbarometer seit Montag, als endlich eine Einigung in der Causa Griechenland erzielt zu sein schien, eigentlich nicht mehr recht an Schwung gewonnen hat. Dies mag insbesondere daran liegen, dass es in dem von uns in der Vorwoche avisierten Kursbereich zwischen 11.400 und 11.500 DAX Zählern zu stärkeren Abgaben gekommen ist. Vermutlich gehen viele davon aus, dass die Problematik um Griechenlands Schulden noch weit davon entfernt ist, abschließend gelöst zu sein. Noch wahrscheinlicher ist jedoch, dass jene oben genannten Schieflagen dort begradigt wurden.

Privatanleger: Starke Stimmungswechsel, aber per Saldo hoher Optimismus

Bei den Privatanlegern ist es ebenfalls zu Positionsglattstellungen früherer Optimisten gekommen, die sogar noch deutlicher als bei ihren institutionellen Pendants ausgefallen sind. Da im gleichen Zuge jedoch auch frühere Pessimisten – und dies in noch größerem Maße – das Handtuch geworfen und ihre Absicherungen bzw. Short Positionen aufgelöst haben, hat sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index gegenüber der Vorwoche sogar noch um einen Punkt auf nunmehr +21 befestigt. Zwangsläufig ist damit die zuletzt ausgesprochen stark ausgefallene Polarisierung zwischen Bullen und Bären im privaten Segment deutlich zurückgegangen.

Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Zwar haben der abnehmende Optimismus der institutionellen Anleger und deren damit verbundenen Aktienverkäufe den Anstieg des DAX temporär gebremst, aber diesem dennoch nicht geschadet. Möglicherweise hat auf der anderen Seite langfristiges Kaufinteresse bestanden. Dessen fundamentale Motivation dürfte in dem Ende des Atomstreits mit dem Iran und dem damit für die Industrie möglicherweise in Aussicht stehenden Milliardengeschäft zu suchen sein.

Am Ende haben die starken Wechselbäder, denen Anleger und Investoren in den vergangenen Wochen ausgesetzt waren, dazu geführt, dass sich der DAX trotz aller Widrigkeiten stabilisieren konnte. Allerdings ist aus der heutigen Stimmungserhebung nicht erkennbar, ob es zu weiteren deutlichen Aufwärtsbewegungen beim DAX kommen wird. Ausländisches Kapital dafür wäre, das ergab die gestrige BofA Merrill Lynch Umfrage, wegen der hohen Kassenquote der internationalen Fondsmanager und deren Neigung, europäische Aktien überzugewichten, durchaus vorhanden.

  • 11.15 Uhr auf n-tv
  • 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF

von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

© 15. Juli 2015

[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.

Börse Frankfurt Sentiment-Index
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Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Investoren

Institutionelle Anleger

 

   Bullish Bearish  Neutral
Total  43%  32%  25%
ggü. letzter Erhebung  -5%  +3%  +2%

 

    • DAX (Veränderung im Vergleich zu 8. Juli): 11.490 (+7,4 %)
    • Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionelle Anleger: +11 Punkte  (+19 Punkte in der Vorwoche)
DAX-Entwicklung im betrachteten Zeitraum
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Private Anleger

 

   Bullish Bearish  Neutral
Total  49%  28%  23%
ggü. letzter Erhebung  -6%  -7%  +13%

 

  • DAX (Veränderung im Vergleich zu 8. Juli):  11.490 (+7,4 %)
  • Börse Frankfurt Sentiment-Index private Anleger: +21 Punkte (+20 Punkte in der Vorwoche)