Marktstimmung: Vorsicht ist die Mutter des Portfolios

Während die Privatanleger über den Jahreswechsel scheinbar eine Pause gemacht haben, sind viele professionelle Investoren auf die Bärenseite gewechselt. 12 Prozent haben seit Jahresbeginn ihre DAX-Aktien verkauft, 11 Prozent setzen nun auf fallende Kurse. Der Sentiment-Index liegt bei 5 Punkten nach 28 Punkten in der letzten Erhebung 2014 vor Weihnachten.

Die privaten Anleger haben in der Zeit eine Pause gemacht. Das Verhältnis Bullen zu Bären steht unverändert bei 52 zu 34 Prozent und der Sentiment-Index ist mit 18 Punkten deutlich höher.

Joachim Goldberg begründet den Teilrückzug der Profis zum einen mit dem Jahresbeginn – „mentaler Reset“ – und zum anderen mit der „unübersichtlichen Situation“ an den Finanzmärkten, die viele Akteure vorsichtig werden ließe. Außerdem hätte die kleine Rallye zwischen den Jahren sicherlich den einen oder anderen zu Gewinnmitnahmen verleitet. Was bei den Privatanlegern seltsamerweise ausgeblieben sei.

 
Sein Fazit fällt gemischt aus: keine größeren Schieflagen, aber auch wenig stützende Nachfrage. Der DAX bleibe weitgehend Spielball der Ereignisse.

  • Profis: +5 Punkte (+28 Punkte)
  • Private:+18 Punkte (+0 Punkte)

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Goldberg

7. Januar 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Wenn sich bereits während der ersten Handelstage des neuen Jahres eine der vielen Prognosen bewahrheitet hat, dann ist das die Vorhersage, dass für das Jahr 2015 weithin mit mehr Volatilität am Aktienmarkt gerechnet werden muss. Tatsächlich dürften sich einige Akteure nach der Rückkehr aus der Weihnachtspause die Augen gerieben haben, wie schnell sich beispielsweise beim DAX bereits die Lage gegenüber einem einigermaßen versöhnlich endenden Jahr 2014 geändert hat. Dies schlägt sich auch in der jüngsten Stimmungserhebung der mittelfristig orientierten institutionellen Investoren nieder. Dort hat sich gezeigt, dass der Optimismus im Vergleich zu letzten Erhebung des Vorjahres deutlich zurückgegangen ist. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index weist nach einer beeindruckenden Wanderung von knapp 12 Prozent aller Befragten vom Bullen- ins Bärenlager nur noch einen Wert von +5 auf und liegt damit sogar unter dem Mittelwert des Vorjahres von knapp +10. Bei der vorherigen Erhebung am 17.12 waren es noch +28 gewesen.

Diese deutliche Verschiebung dürfte zum einen auf (mancherorts durchaus profitable) Positionsglattstellungen in Form von Verkäufen zurückzuführen sein, denn der DAX hatte seit der vergangenen Erhebung immerhin noch einmal einen Ausflug jenseits der 9.900 Zähler gewagt. Zum anderen werden nach dem Jahresultimo die Händlerbücher neu aufgeschlagen, wobei der DAX bei diesem mentalen „Reset“ während der ersten Januartage sogleich einen deftigen Verlust hinnehmen musste. Allerdings blieb dabei weitestgehend unklar, ob die Schwäche im Aktienmarkt tatsächlich auf einen möglicherweise drohenden Austritt Griechenlands aus der Eurozone zurückzuführen sei, sofern die Linksbündnis Syriza am 25. Januar die Wahlen gewinnen sollten. Denn die Furcht vor diesen jetzt anberaumten Neuwahlen hätte ja auch schon seit längerem bestehen können. Aber auch der andere, häufig genannte Grund – die massive Kursschwäche am Rohölmarkt – müsste ja nicht zwangsläufig als Vorbote einer globalen Wachstumsschwäche interpretiert werden. So haben viele Kommentatoren im Gegenteil darauf hingewiesen, welche stimulierende Wirkung sinkende Benzin- und Heizölpreise auf das Verhalten der Verbraucher ausüben können. Vielleicht ließ die unübersichtliche Situation an den Finanzmärkten viele Akteure ganz einfach nur vorsichtig werden, woraus sich eine spürbare Risikoaversion entwickelte.

Privatanleger bleiben treu

Völlig anders gestaltet sich die Stimmungslage indes bei den Privatanlegern. Hier ist der Optimismus der letzten Vorjahresumfrage eins zu eins auf die heutige Erhebung kopiert worden: Der Börse Frankfurt Sentiment-Index verharrt bei +18. Dass sich die Einschätzung der Privatanleger so deutlich von der der institutionellen Marktteilnehmer unterscheidet, dürfte höchstwahrscheinlich dem Umstand geschuldet sein, dass sie zum Jahresende keine Bilanzierung vornehmen und daher auch keine Rechenschaft über etwaige Gewinne oder Misserfolge ablegen müssen. Vielmehr können sie ihre Positionen ohne Neubewertung einfach ins neue Jahr hinübernehmen. Bemerkenswert ist allerdings, dass sich angesichts der Rallye vor Weihnachten anscheinend kaum jemand zu Gewinnmitnahmen verleiten ließ.

Insgesamt legt diese erste Stimmungserhebung im neuen Jahr den Schluss nahe, dass die jüngste DAX-Schwäche möglicherweise durch Abgaben heimischer institutioneller Anleger begünstigt wurde. Andererseits lässt die aktuelle neutrale Haltung bei einem DAX von immerhin 9.500 Punkten vermuten, dass das Börsenbarometer derzeit von keinen größeren Schieflagen belastet wird. Gleichwohl kann – selbst von Privatanlegern – auch nur wenig stützende Nachfrage für den DAX erwartet werden, geschweige denn von ausländischem Kapital. Gerade von dieser Seite her scheint man fast teilnahmslos dem Kursverfall des Euro gegenüber dem US-Dollar zuzusehen. Angesichts mehrheitlich pessimistischer Prognosen für die Zukunft der Gemeinschaftswährung ist wohl auch kaum jemand zu Investments hierzulande zu bewegen. Somit bleibt der DAX mit neutraler Tendenz weitgehend Spielball der Ereignisse (US-Arbeitsmarkt, EZB-Sitzung, Griechenland-Wahlen), die noch im Januar bevorstehen.

  • 11.15 Uhr auf n-tv
  • 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF

von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 7. Januar 2015

[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.

Börse Frankfurt Sentiment-Index
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Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Investoren

Institutionelle Anleger

   Bullish  Bearish  Neutral
 Total    42%    37%  21%
 ggü. letzter Erhebung  -12%  +11%  +1%
  • Stand DAX (7. Januarr): 9500  (+0,32%)
  • Stand Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +5 Punkte (+28 Punkte)

Private Anleger

   Bullish Bearish Neutral
 Total  52%  34%  14%
ggü. letzter Erhebung  +0%  +0%  +0%

 

  • Stand DAX (7. Januar): 9500 (+0,32%)
  • Stand Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +18 Punkte (+0 Punkte)