Markttechnik: Aktienmarkt vor Trendwende?

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24. Oktober 2012. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die technische Lage für den DAX hat sich durch den  Kurssturz vom gestrigen Dienstag verschlechtert. „Die kräftigen Verluste sorgen für einen echten Schlag ins Kontor“, kommentiert Jörg Scherer von der HSBC. Nach dem Schließen der Kurslücke vom 7. September stehe aktuell auch die Schlüsselhaltezone aus den jüngsten Verlaufstiefs bei 7.216/7.182 Punkten und dem ehemaligen Jahreshoch vom März bei 7.194 Punkten heftig unter Beschuss. „Ein nachhaltiger Rutsch unter diese Bastion würde gleichzeitig ein kleines Doppeltopp vervollständigen, aus dem sich immerhin ein rechnerisches Abschlagspotential von knapp 200 Punkten ableiten ließe“, weiß der Techniker.

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Scherer

Wenig Gutes verheiße auch der Blick auf die quantitativen Indikatoren. „Während der Aroon auf Tagesbasis jüngst wieder auf ‚Verkaufen‘ gedreht hat, weist der MACD aktuell eine Bullenfalle auf, da die MACD-Linie vor Generierung eines neuen Einstiegssignals wieder nach unten abgekippt ist. Dieses Phänomen war in der Vergangenheit regelmäßig ein Indiz dafür, dass ein weiterer Abwärtsimpuls folgt.“ Die nächste Unterstützung liegt laut Scherer auf dem Niveau des Erholungstrends seit Anfang Juni bei aktuell 7.085 Punkten. „Aus Bullensicht hilft dagegen nur eine schnelle Rückeroberung der ehemaligen Schlüsselunterstützungen.“

Am Mittwochmittag legt der DAX um 0,1 Prozent auf 7.183 Punkte zu.

„Bedeutende Trendwende“ steht bevor

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Deppermann

Nach Einschätzung von Klaus Deppermann, technischer Analyst der BHF-Bank, sprechen die meisten technischen Indikatoren derzeit für eine bedeutende obere Trendwende. Zwar sei daraus nicht die Erwartung eines kurz bevorstehenden Kurssturzes abzuleiten. Die Indikatorenlage weise aber auf den „Abschluss einer langfristigen Topbildungsphase mit einem bedeutenden oberen Wendepunkt in diesen Tagen hin“, erklärt der Techniker. Ein weiter Crash erscheine zwar unwahrscheinlich, realistisch sei aber eine Baisse bis 2014. „Unter anderem aufgrund saisonaler Einflüsse ist mit stärkeren Kursrückgängen aber erst ab Januar 2013 zu rechnen“, merkt Deppermann allerdings an.

Zur Begründung verweist der BHF-Bank-Analyst unter anderem auf langfristige Börsenzyklen. So sprechen laut Deppermann etwa der Vier- und der Zehnjahreszyklus für einen bedeutenden Wendepunkt in den kommenden Monaten. „Die Kombination beider Zyklen führt zu einem 40-Jahres-Abstand. Vor 40 Jahren begann für etliche Aktienmärkte die größte Baisse der Nachkriegszeit. Vor 80 Jahren im Juli 1932 endete die größte Baisse aller Zeiten am US-Aktienmarkt. Rein zyklisch betrachtet könnte es also brenzlig werden in den kommenden Monaten bzw. in den kommenden beiden Jahren“, erläutert der Techniker.

Ein weiterer Baustein der negativen Erwartungshaltung vor allem zum US-Aktienmarkt sind laut Deppermann die Elliott-Wellen: „Hier lässt sich anhand des S&P 500 eine komplette Fünf-Wellen-Struktur seit dem Tief von März 2009 erkennen. Danach wäre jetzt ein Rückfall auf das Tief der Welle Vier bei rund 1.100 Punkten zu erwarten.“

Gute Chancen auf Jahresendrallye

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Geyer

Etwas optimistischer zeigt sich Christoph Geyer von der Commerzbank, der beim deutschen Leitindex DAX zwar kurzfristiges Abwärtsrisiko sieht, zum Jahresende aber mit einer Rallye rechnet. „Das Verkaufssignal beim Stochastik-Indikator zeigt seine Wirkung. Der MACD-Indikator ist zunächst an seiner Trigger-Linie abgeprallt. Dies ist ein negatives Zeichen, das in den kommenden Tagen noch wirken könnte, erklärt Geyer. Ein Test der Aufwärtstrendlinie sei vor diesem Hintergrund durchaus noch möglich. „Der November dürfte von zyklischer Seite her dann wieder etwas freundlicher starten. Doch auch in diesem Monat ist in der zweiten Hälfte mit einer Kursdelle zu rechnen, von der aus dann eine Jahresendrallye gestartet werden sollte.“

Anlegerstimmung steigt

Die Stimmung der 300 von der Börse Frankfurt befragten aktiven Investoren hat sich in dieser Woche weiter verbessert. Mit 66,7 von zuvor 65 Punkten liegt der Bull/Bear-Index für die deutschen Bluechips weiter deutlich über die Marke von 50 Punkten, die Optimisten und Pessimisten voneinander trennt. Von den in der Vorwoche noch neutral eingestellten Anlegern wechselten 4 Prozent ins Bullenlager, die Bären legten lediglich um 1 Prozent zu. Mit insgesamt 56 Prozent erwarten die meisten der befragten Anleger steigende Notierungen im DAX, 26 Prozent sind short, 18 Prozent nicht investiert.

Der Bull/Bear-Index misst den absoluten Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 24. Oktober 2012 / Karoline Kopp