Markttechnik: Analysten bleiben bullish, Anleger weniger

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22. Januar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Dass nach Erreichen eines abermals neuen Allzeithochs am gestrigen Dienstag der DAX den Rückwärtsgang eingelegt hat, ist nach Ansicht der meisten technisch orientierten Analysten kein Beinbruch. „Die bislang erfolgte Konsolidierungsbewegung muss weiterhin als ein Luftholen auf hohem Niveau betrachtet werden“, kommentiert etwa Dirk Oppermann von der DZ Bank. Jede Gegenbewegung, die zumindest oberhalb des letzten Bewegungshochs bei 9.620 Punkten verbleibe, deute auf einen intakten Aufwärtstrend hin.

Den Analysten von ING Markets zufolge wird die Rallye zwar etwas wackeliger, die Chance, dass der DAX die auf Höhe des Rekordstandes liegende obere Begrenzung des September-Aufwärtstrendkanals nach oben durchschlage, liege aber immer noch bei fast 50 Prozent. „Gelingt das, wäre ein Anlauf an die 10.000 nur noch ein Katzensprung.“

Kein Ende der Hausse in Sicht

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Wurm

Wie Sophia Wurm von der Commerzbank erläutert, durchläuft der DAX aus langfristiger technischer Sicht eine intakte Hausse-Bewegung. „Der Hausse-Trend aus dem Herbst 2011 liegt aktuell oberhalb der steigenden 200-Tage-Linie bei etwa 8.700 Punkten. Dieser hat den DAX zuletzt auf neue Jahres- und Allzeithochs geführt“, erklärt die Analystin. Die positive Entwicklung gelte auch für viele Indexmitglieder, so dass insgesamt eine ansprechende technische Marktbreite vorliege.

„Daher und wegen der intakten Hausse an den US- Aktienmärkten und den deutlichen Verbesserungen in Südeuropa deutet sich für 2014 insgesamt eine Fortsetzung der langfristigen Hausse-Bewegung in Richtung von 10.500 Punkten an.“ Aufgrund der ausgeprägten Kursgewinne in den Vormonaten, die zu einer überkauften Lage geführt hätten, sei allerdings mit einer Abschwächung des zuletzt sehr hohen Aufwärtsmomentums zu rechnen.

10.000 Punkte in nächsten Wochen

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Szola

Nach Ansicht von Karen Szola wird mit Erreichen der magischen 10.000er-Marke wohl vermehrt Unsicherheit in den Markt kommen. Dennoch: „In der gegenwärtigen Hausse sollte die 10.000er-Hürde nicht das Ende der Fahnenstange sein“, meint die technische Analystin für Euro am Sonntag und finanzen.net. Auf der Unterseite sei der DAX gut unterstützt: „Zunächst gibt der Bereich um 9.600 Punkte Halt, darunter das alte Allzeithoch von Anfang Dezember bei 9.424/9.400 Zählern.“ Auch ein Abtauchen bis zur darunter liegenden Unterstützungsregion bei etwa 9.200 Punkte wäre nicht dramatisch, selbst weitere 200 Zähler abwärts würden für die mittelfristige Perspektive noch keine Gefahren heraufbeschwören.

Kurze Rast vor neuen Gipfeln

Freie Fahrt nach oben sei aber auch nicht angesagt. „Die zuletzt markierten Hochs mündeten im Bereich der oberen Aufwärtstrendlinie, die sich seit Oktober entwickelt und im Moment ein weiteres Vorankommen zu behindern scheint.“ Indikatoren zeigten ebenfalls eine überkaufte Lage an. „Dementsprechend erwarte ich einige Verschnauftage, bis sich der Index zu neuen Hochs aufmacht.“ Die intakte Langfristhausse sei aber erst gefährdet, wenn die „grundsolide“ Unterstützungszone zwischen 8.600 und um 8.450 Punkte signifikant nach unten durchbrochen werde.

Zur Beantwortung der Frage, wann die psychologische Marke erreicht werde, könne die Historie herangezogen werden. „Als es beispielsweise im März 1998 um die damals nicht unspektakuläre 5.000er-Bastion ging, hatte der DAX bereits einen fünfmonatigen Anstieg um 37 Prozent hinter sich.“ Derzeit seien es „nur“ rund 27 Prozent in den vergangenen sieben Monaten. „Nach dem Überwinden der 5.000 Zähler ging es damals um muntere 8 Prozent weiter gen Norden, bis eine Korrektur den Index zurück an das Ausbruchsniveau drückte.“ Danach habe es keine drei Monate gedauert, bis die 6.000er-Marke geknackt worden sei.

Investorenlaune sinkt

Anleger sind allerdings deutlich skeptischer geworden, wie die aktuelle Umfrage der Börse Frankfurt zeigt – und zwar sowohl die institutionellen als auch die privaten. Der Bull/Bear-Index für Profis sackt von 64,4 auf 50 Punkte ab. 13 Prozent der Befragten wechseln ins Bullenlager, ebenfalls 13 Prozent sind short gegangen, mit jeweils 39 Prozent liegen beide Lager nun gleichauf.

Die Laune der Privatanleger hat sich ebenfalls verschlechtert, wenn auch nicht ganz so stark: Der Bull/Bear-Index fällt von 61,1 auf 57,9 Punkte. Mit 50 Prozent Optimisten sind die Privaten immer noch zuversichtlicher als die Institutionellen.

Der Index misst den absoluten Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

von Anna-Maria Borse, Deutsch Börse AG
© 22. Januar 2014